Neue Welle von Bankenverstaatlichungen

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Frankreich und Belgien retten die Dexia-Bank, die in Österreich 100.000 Privatkunden hat. Deutsche Bank schreibt ihre Griechenland-Anleihen freiwillig zum Marktpreis ab und setzt die Finanzbranche unter Druck.

Wien. Die Denizbank geht in Österreich mit hohen Zinsen auf Kundenfang. Wer sein Geld ein Jahr binden lässt, bekommt 2,75Prozent gutgeschrieben. Laut dem Bankenrechner der Arbeiterkammer gehört das Institut damit zu den besten Anbietern. Per Ende 2010 sammelte die Denizbank mit Sitz in Wien Spareinlagen von 758 Mio. Euro ein und betreute 100.000 Kunden. Auch wenn der Mutterkonzern, die belgisch-französische Dexia-Bank, erneut in eine Schieflage geraten ist, können Sparer in Österreich aufatmen: Über die Einlagensicherung sind pro Person 100.000Euro abgesichert.

Die Probleme bei Dexia sorgten am Dienstag an den Börsen für Turbulenzen. Die Aktien vieler europäischer Großbanken verloren zeitweise mehr als fünf Prozent, wobei Dexia um mehr als 25Prozent im Minus lag. Zu Mittag veröffentlichten die Regierungen in Brüssel und Paris eine Erklärung, dass sie das Institut notfalls mit einer Staatsgarantie absichern werden. Dexia ist wie andere französische Finanzkonzerne besonders stark in den hoch verschuldeten europäischen Ländern engagiert. Allein das Volumen der Griechenland-Papiere macht 3,8Mrd. Euro aus.

Dexia ist der weltweit größte Kommunalfinanzierer. Schon 2008 schossen Frankreich, Belgien und Luxemburg sechs Mrd. Dollar zu. Die Finanzaufsicht dürfte die jetzigen Probleme nicht erkannt haben. Noch im Sommer hat Dexia den europäischen Bankenstresstest mit Bravour bestanden. In Österreich war das Probleminstitut einst an der Kommunalkredit beteiligt. Diese musste ebenfalls vom Staat aufgefangen werden.

Im Zuge der Verschärfung der Schuldenkrise zeichnet sich nun eine weitere Welle von Verstaatlichungen im Finanzsektor ab. Bereits in der Vorwoche übernahm die spanische Zentralbank die Kontrolle über drei kapitalschwache Sparkassen. Hinzu kommt, dass die Banken einander kaum noch über den Weg trauen. Am Dienstag kletterten die eintägigen Einlagen der Geschäftsbanken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) über die Marke von 200Mrd. Euro. Das ist der höchste Wert seit über einem Jahr. Zugleich verteuerten sich die sogenannten „Credit Default Swaps“ (CDS), mit denen sich Investoren gegen einen Zahlungsausfall von Frankreich und Belgien absichern. Auch die Kreditwürdigkeit Deutschlands wird von Anlegern zusehends kritisch gesehen, da die deutschen Institute viele Anleihen südeuropäischer Länder halten.

Deutsche Bank prescht vor

Einen bemerkenswerten Schritt setzt nun die Deutsche Bank. Sie hat ihre Griechenland-Papiere freiwillig zum Marktpreis abgewertet, was Kosten von 250Mio. Euro verursacht. Wegen dieser und anderer Maßnahmen revidierte die Deutsche Bank ihr ursprüngliches Ziel, heuer einen Vorsteuergewinn von zehn Mrd. Euro zu erzielen. Demnächst sollen 500Mitarbeiter abgebaut werden. Das Vorgehen der Deutschen bei den Griechenland-Papieren setzt die Finanzbranche unter Druck. Bislang gaben sich Wirtschaftsprüfer mit einer Abwertung der Hellas-Bonds von 21Prozent in der Bilanz zufrieden. Dies entspricht dem derzeitigen Anteil der europäischen Banken am griechischen Hilfspaket.

Tatsächlich werden Athener Anleihen an der Börse jedoch mit einem Abschlag von 35 bis 45Prozent gehandelt.

Folgen nun weitere Institute dem Vorbild der Deutschen Bank, könnte eine marktkonforme Bewertung der Athener-Papiere zum Standard werden. Dies würde eine zur Diskussion stehende Teilentschuldung Griechenlands um 50 Prozent deutlich erleichtern. Allerdings müssten dann weitere europäische Banken, die viele Anleihen halten, voraussichtlich von den Staaten aufgefangen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2011)

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