Moody's prügelt das Rating Italiens um drei Stufen nach unten

(c) Dapd (Margarethe Wichert)
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Das neue Sorgenkind verschärft die Lage der Banken. EU und IWF wollen einer Finanzkrise nun durch Hilfen zuvorkommen. Auf den Anleihe- und Aktienmärkten war die Rückstufung freilich schon eingepreist.

Wien/Gau/Wb/Go. Wenn schon, dann ordentlich, scheint die Devise von Moody's zu sein: Erstmals seit 1993 hat die Ratingagentur die Bonität Italiens zurückgestuft, dafür aber um gleich drei Stufen – von Aa2 auf A2, mit negativem Ausblick. Die Konkurrenz von Standard & Poor's sieht Italien schon seit Jahren kritischer und hat ihr Rating erst im September auf "A" verschlechtert. Damit sind sich die Agenturen nun trotz unterschiedlicher Symbole einig: Italiens Anleihen gelten ihnen als ausfallsicher, falls keine unvorhergesehenen Ereignisse die Entwicklung beeinträchtigen. Dieses Risiko wird aber von Moody's ausdrücklich betont: „Das unsichere Marktumfeld“ könnte den „Zugang zu den Anleihemärkten einschränken“ – und damit das Rating „wesentlich“ verschlechtern.

Auf den Anleihe- und Aktienmärkten war die Rückstufung freilich schon eingepreist. Zehnjährige italienische Bonds rentieren nun mit 5,5 Prozent. Das liegt zwar unter dem Rekordwert von 6,4 Prozent im August. Aber seitdem versucht die Europäische Zentralbank (EZB), mit Anleihekäufen den Kurs zu drücken, was ihr anfangs bis zu einem Niveau von 4,9 Prozent gelungen ist. Heute zahlt Italien höhere Zinsen als Spanien.

Schlechte Aussichten also für den drittgrößten Anleiheschuldner der Welt (nach den USA und Japan). Moody's hat auch wenig Vertrauen in den Sanierungspfad der Regierung Berlusconi. Schon 2013 will sie einen ausgeglichenen Haushalt schaffen. Aber mehr als die Hälfte der Konsolidierung soll aus steigenden Einnahmen kommen – und damit aus einem Wirtschaftswachstum, für das sich die Aussichten laufend verschlechtern. Damit werde es für Italien „herausfordernd“, seinen bisher größten Vorteil zu wahren: den positiven Primärsaldo, also einen Überschuss vor Zahlung der Zinsen.

Im letzten Jahrzehnt lag er im Schnitt bei zwei Prozent – fast eine Ausnahme unter den Industriestaaten. Nur dadurch konnte Rom seinen immens hohen Schuldenstand (aktuell 120 Prozent des BIPs, der zweithöchste Wert in der EU nach Griechenland) einigermaßen stabil halten. Aber nun stehen die Zeichen auf Rezession, auch angesichts der sinkenden Wettbewerbsfähigkeit, eines rigiden Arbeitsmarkts und mangelnden Wettbewerbs in vielen Sektoren. Das verschärft die Probleme der Banken, zumal für italienische wie die UniCredit, die den Löwenanteil an Staatspapieren halten. Aber auch französische Institute sind massiv in Italien engagiert: Bei 291 Milliarden Euro oder 15 Prozent des französischen BIPs lagen ihre Außenstände Ende 2010. Das Exposure von Österreich bei seinem zweitwichtigsten Handelspartner wirkt dagegen mit 17Milliarden Euro bescheiden. Bezogen auf die Wirtschaftsleistung ist es aber mit 5,8 Prozent höher als etwa in Deutschland.

Rettungspläne deuten auf Haircuts hin

Immer mehr Indikatoren deuten auf eine bevorstehende Bankenkrise hin. So ist der Preis für Kreditausfallsversicherungen im europäischen Bankensektor auf einen Rekordwert gestiegen. Er liegt nun deutlich höher als nach dem Lehman-Crash von 2008. Ähnlich wie damals, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, trauen sich die Banken immer weniger über den Weg. Statt sich auf dem Interbankenmarkt gegenseitig Geld zu leihen, parken sie Liquidität bei der EZB – 213 Milliarden Euro, der höchste Wert seit Juli 2010.

All das verstärkt die Nervosität in der Eurogruppe. Zwar soll der reformierte Rettungsschirm ESFS künftig auch Banken schützen, aber seine Fixierung durch die Parlamente verzögert sich. Deshalb planen nun die Finanzminister wieder nationale, aber koordinierte Hilfsaktionen. EU-Währungskommissar Olli Rehn gab die Tonart vor: „Die Kapitalausstattung der europäischen Banken muss verbessert werden.“ Die deutsche Kanzlerin Merkel blies ins gleiche Horn und fügte hinzu: „Die Zeit drängt.“ Damit reagiert die EU auf den Internationalen Währungsfonds (IWF), der seit Wochen vor einem gefährlichen Kapitalmangel der Institute warnt. Der IWF will den Euro-Rettungsschirm nun mit einem eigenen, neuen Vehikel unterstützen und ebenfalls Anleihen von Euro-Problemstaaten kaufen.

Die Pläne zur Rekapitalisierung der Banken deuten aber vor allem auf eines hin: dass die Euro-Granden damit rechnen, dass es in einem oder mehreren Ländern zu einem Schuldenschnitt kommen muss. Auch die Aussage eines Rehn-Sprechers lässt sich so interpretieren: Der Grund für die nötige Rekapitalisierung sei „das höhere Risiko nicht nur in Griechenland, sondern auch in anderen Ländern wie Italien“.

Grafik: Die Presse

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2011)

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