Wenn Staaten EU-Beschlüsse blockieren

Der Versuch, die Interessen aller EU-Staaten unter einen Hut zu bringen, hat die Gemeinschaft schon öfter vor Probleme gestellt. Einige Beispiele.

Tschechien vs. Lissabon-Vertrag: Als letzter Staatschef aller 27 EU-Länder unterschreibt Präsident und EU-Skeptiker Vaclav Klaus im November 2009 nach langem Zögern das Ratifizierungsgesetz für den Lissabon-Vertrag. Trotz einer parteiübergreifenden, soliden Mehrheit in beiden Abgeordnetenkammern hatte der selbst ernannte "EU-Dissident" bis zuletzt versucht, das Inkrafttreten des Vertrages zu verhindern. Das Abkommen bedeute eine "fatale Einschränkung der tschechischen Souveränität", argumentierte Klaus. Seine Klagen wies das tschechische Verfassungsgericht zurück.

Polen vs. Russland: Nach monatelanger Blockade macht Polen im Frühjahr 2007 den Weg für Verhandlungen der Europäischen Union mit Russland über ein neues Partnerschaftsabkommen frei. Warschau hatte die Gespräche blockiert, da Russland zeitweise kein polnisches Fleisch ins Land gelassen hatte. Als Grund wurden unzureichende Hygienestandards genannt. Diplomaten vermuteten jedoch politische Ursachen. Nach zwei Jahren legen Polen und Russland ihren Streit im Dezember 2007 bei.

Griechenland vs. Mazedonien: Die frühere jugoslawische Republik Mazedonien ist seit Dezember 2005 Kandidatenland für den Beitritt zur EU. Ein bilateraler Streit mit Griechenland aber steht seit Jahren im Weg. Denn Athen will nicht, dass das Land den Namen Mazedonien nutzt. Dies dürfe aus historischen Gründen nur die entsprechende nordgriechische Provinz. Die EU verlangt von allen Beitrittskandidaten, dass sie spätestens bei der Aufnahme in die Europäische Union Konflikte mit ihren Nachbarn beigelegt haben.

Großbritannien vs. Frankreich/Deutschland: Vor der Wahl eines neuen Präsidenten für die EU-Kommission will Großbritannien im Juni 1994 Stärke demonstrieren: Premierminister John Major blockiert die Wahl des belgischen Ministerpräsidenten Jean-Luc Dehaene, weil Frankreich und Deutschland den Willens Londons bei der Vorauswahl zu wenig berücksichtigt habe. Ein guter Europäer zu sein, bedeute nicht, "alles zu unterschreiben, was unsere Partner uns vorsetzen", sagt Major im Parlament. Neuer Präsident der EU-Kommission wird Luxemburgs Regierungschef Jacques Santer.

(APA)

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