Exxon vs. Chávez: Kampf um verstaatlichte Ölmilliarden

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Fünf Jahre nach der Enteignung nähert sich der Streit dem Ende. So sprach die internationale Handelskammer in New York Exxon Entschädigung in Höhe von 907,6 Mio. Dollar durch staatliche Ölgesellschaft PDVSA zu.

Wien/jaz/Bloomberg. Zum symbolträchtigen 1. Mai 2007 hatte Venezuelas autokratischer Präsident Hugo Chávez das wichtigste Projekt seiner sozialistischen Wirtschaftspolitik umgesetzt: die Verstaatlichung der Energie-, Telekommunikations- und Ölwirtschaft des Landes. Die privaten ausländischen Eigentümer der venezolanischen Ölfelder wurden damals gezwungen, die Mehrheit ihrer Anteile an die staatliche Ölgesellschaft PDVSA abzugeben. Wer sich weigerte, dem wurde mit der Besetzung des Unternehmens durch Chávez-Anhänger gedroht.

Während sich Ölkonzerne wie BP, Total oder Chevron zähneknirschend den neuen Regel unterwarfen, gaben die US-Multis Exxon und ConocoPhillips nicht klein bei. Die beiden Unternehmen haben sich in der Folge komplett aus Venezuela zurückgezogen und streiten mit dem Land und seiner staatlichen Ölgesellschaft seither um eine Entschädigung.

Venezuela als Gewinner?

Nach fast fünf Jahren gab es Anfang dieser Woche nun eine erste Entscheidung. So sprach die internationale Handelskammer (ICC) in New York Exxon eine Entschädigung in Höhe von 907,6 Mio. Dollar (696 Mio. Euro) durch PDVSA zu. Überweisen werden die Venezolaner jedoch nur 255 Mio. Dollar. Grund dafür sind eine Gegenklage von PDVSA über 161 Mio. Dollar und ausstehende Schulden von Exxon in Höhe von 191 Mio. Dollar. Zudem erhält Exxon als Teil der Zahlung Zugriff auf ein New Yorker Bankkonto von PDVSA mit einem Guthaben von rund 300 Mio. Dollar, das die Amerikaner 2007 vorsorglich einfrieren ließen.

Die effektive Überweisung von einer Viertelmilliarde Dollar entspricht lediglich zehn Prozent des Nettogewinns der staatlichen venezolanischen Ölgesellschaft. PDVSA sieht sich daher auch als „Gewinner“ des Verfahrens.

Ursprünglich hat Exxon nämlich zwölf Mrd. Dollar gefordert. „Auf den ersten Blick sieht das nach einer sehr geringen Summe aus, die den Wert, den Exxon damals verloren hat, nicht widerspiegelt“, sagt Lysle Brinker vom Energieanalysten IHS. „Allerdings ist das Ganze noch nicht vorbei.“

Denn die nun abgeschlossene Causa vor der ICC war nur das kleinere von zwei Verfahren, die Exxon gegen Venezuela eingebracht hat. Das – laut Angaben der Amerikaner wesentlich „größere“ – läuft vor dem internationalen Schiedsgericht der Weltbank in Washington ab. Und dort wird frühestens für kommenden Februar eine Entscheidung erwartet. Vom ICC erhielt Exxon nämlich nur eine Entschädigung für die in Venezuela getätigten Investitionen. Diese entsprachen ungefähr den zugesprochenen 900 Mio. Dollar. Das Schiedsgericht der Weltbank wird jedoch entscheiden müssen, ob der Ölkonzern auch eine Entschädigung für die entgangenen Gewinne erhält. Und diese betragen ein Vielfaches der Investitionssumme.

Marktwert von 38 Mrd. Dollar

So konnte Exxon 2006, dem letzten vollständigen Jahr seiner Aktivitäten, in Venezuela einen Umsatz von 758 Mio. Dollar und einen Gewinn von 362 Mio. Dollar erzielen. Die Gewinnmarge war viermal so hoch wie der konzerninterne Durchschnitt. Exxon verlor durch die Verstaatlichung 425 Mio. Fass gesicherte Reserven an Öl. Diese hatten damals einen Marktwert von 38 Mrd. Dollar. „Wir akzeptieren das Recht Venezuelas, Eigentum zu verstaatlichen, wenn es dafür eine faire marktübliche Entschädigung gibt“, heißt es bei Exxon.

Neben den beiden Causae der Ölgesellschaften gibt es 19 weitere anhängige Verfahren vor dem Weltbankschiedsgericht gegen Venezuela. Unter den Klägern befinden sich unter anderem der mexikanische Zementhersteller Cemex oder der Flughafen Zürich, der einst in Venezuela einen Flughafen betrieben hat.

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