Durch die Insolvenz könne die Drogeriekette teure Tarifverträge kündigen - und profitiere somit, meint ein Experte. Denn die lukrativen Geschäfte bleiben erhalten.
Die Insolvenz der deutschen Drogeriekette Schlecker kann einem Rechtsexperten zufolge auch dazu dienen, die teuren Tarifverträge mit der Gewerkschaft ver.di kündigen zu können. "Der größte Vorteil ist, dass Schlecker nicht zerschlagen wird. Das Unternehmen bleibt als Rechtsträger erhalten und kann sich von allen nicht lukrativen Geschäften trennen, die lukrativen aber kann es behalten", sagte der Bremer Insolvenzanwalt Klaus Klöker dem Nachrichtenmagazin "Spiegel".
Der Insolvenzverwalter kann dem Bericht zufolge helfen, im Planverfahren das Unternehmen von allen langfristigen Verträgen durch Sonderkündigungsrechte zu entlasten. Dazu gehörten neben Miet-, Pacht-, Leasing- und Lieferverträgen insbesondere auch die Arbeits- und Tarifverträge. "Gerade hier liegen die Vorteile gegenüber eine außergerichtlichen Unternehmenssanierung", wird Klöker zitiert. Schlecker wäre sonst bis Juni an einen Beschäftigungssicherungs-Tarifvertrag gebunden gewesen, der Entlassungen unmöglich mache.
Will großen Teil der Filialen behalten
Deutschlands größte Drogeriekette hatte am Freitag angekündigt, wegen Zahlungsunfähigkeit in Planinsolvenz zu gehen. Das entspricht in etwa dem in Österreich 2010 eingeführtem Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung. Schlecker will einen "großen Teil" des Filialnetze "und damit auch der Arbeitsplätze" erhalten, wie die Kette versichert hatte.
Das Unternehmen beschäftigt insgesamt rund 47.000 Personen, davon über 30.000 in Deutschland und rund 3000 in Österreich. Hierzulande unterhält das Unternehmen 970 Filialen. Experten zufolge könnte eine Insolvenz in Deutschland auch die Österreich-Tochter mit in den Abgrund reißen.
Ungedeckte Rechnungen als Grund
Der Zeitpunkt der Insolvenz hat laut "Spiegel" wohl auch mit ungedeckten Rechnungen zu tun. Wie andere Handelsunternehmen wickle Schlecker seine Zahlungen über das Verrechnungskontor Markant ab, das als eine Art Zwischenhändler zwischen Hersteller und Handel fungiert. Von Schlecker sollen dort zu viele unbezahlte Rechnungen aufgelaufen sein, am Freitag soll eine letzte Zahlungsfrist abgelaufen sein. Es habe dramatische Telefonate mit der Bitte um Zahlungsaufschub gegeben. Anscheinend hatten die Finanzleute bei Schlecker mit mehr Kulanz gerechnet, schreibt das Magazin.
Wettbewerber zeigten sich indes wenig überrascht von der Schlecker-Insolvenz. Andere Drogerieketten hätten sich frühzeitig modernisiert. "Alle hatten einfach immer die besseren Konzepte, waren schöner, größer, haben die Mitarbeiter hinter sich gehabt", sagte Dirk Roßmann, Gründer der gleichnamigen Kette, dem Magazin.
(Ag.)