Standard & Poor's warnt Europa vor Vergreisung

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Symbolbild(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Die reichen Industrienationen, darunter viele EU-Länder, müssten schleunigst ihre Gesundheits- und Pensionssysteme reformieren. Ansonst drohen erst die Abstufung der Bonität und dann die Pleite, warnt S & P.

Wien/ag./hie. Solche Probleme kann man bekommen, wenn man sich als Staat nicht mit dem demografischen Wandel beschäftigt: Nach Einschätzung der US-Ratingagentur Standard & Poor's gefährdet die Überalterung ihrer Gesellschaften die Bonität führender Industrie- und Schwellenländer. Das Problem dabei sind die explodierenden Ausgaben für Gesundheit. Die höchsten Kosten dürften auf europäische Staaten sowie Japan und die USA zukommen, warnt S  &  P in einer aktuellen Studie.

Während vor allem hoch entwickelte Länder in Europa wenig Spielraum hätten, sehe es in den Schwellenländern noch besser aus: Bevölkerungsentwicklung und Wirtschaftswachstum seien dort günstiger. Falls die Regierungen der gefährdeten Länder bis 2015 nichts unternehmen, um die Kosten für ihre Gesundheitssysteme zu senken, müssen sie mit der Herabstufung ihrer Bonität rechnen, so S  &  P.

Daher könnte die Zahl der Länder, deren Zahlungsfähigkeit nur noch als „Ramsch“ bewertet wird, ab 2020 steigen. Einschnitte ins Pensionssystem allein seien nicht genug, um die Kosten der Alterung unter Kontrolle zu bringen. Neben der Tatsache, dass die Menschen immer älter würden und weniger junge Menschen nachkommen, würden auch neue Behandlungsmethoden wesentlich zur Verteuerung des Gesundheitswesens beitragen.

Bankrott durch Pensionen

Die Gesundheitsausgaben werden laut S  &  P der am schnellsten wachsende Budgetposten der reichen Industrienationen sein. Ohne Reformen würden sie in einer Reihe entwickelter Volkswirtschaften, wie etwa Deutschland, den USA und Großbritannien, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis 2050 um sechs Prozent wachsen. In einer typischen entwickelten Volkswirtschaft würden die Gesundheitsausgaben 2050 im Durchschnitt rund elf Prozent des BIPs betragen. 2010 waren es noch 6,3 Prozent. Frankreich werde 2050 bereits Gesundheitsausgaben von mehr als 14 Prozent der Wirtschaftsleistung zu tragen haben.

Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) steckte Österreich 2009 rund elf Prozent seines BIPs in den Gesundheitssektor. Aufgrund unterschiedlicher Berechnungsmethoden sind die Daten der OECD aber nur bedingt mit jenen von S  &  P vergleichbar.

S  &  P warnte bereits 2010, dass die Überalterung zum Kollaps vieler EU-Länder führen könnte: Demnach steuern 15 EU-Länder auf eine Staatsverschuldung von 300 Prozent im Jahr 2050 zu, wenn sie ihre Pensionssysteme nicht schleunigst reformieren. Das ist allerdings ein hypothetischer Wert: Der Staatsbankrott stünde für die meisten Länder schon deutlich früher bevor.

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