Wettbewerbshüter: Rewe verhält sich bei Razzia „aggressiv“

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Wettbewerbsbehörde erhebt schwere Vorwürfe gegen die Billa-Mutter. Aus Sicht der Behörde behindert der mächtige Handelsriese die Ermittlungen. Rewe weist das vorgeworfene "aggressive Verhalten" dezidiert zurück.

Wien/juk. Die Ermittlungen der Wettbewerbshüter in der Zentrale des Lebensmittelhändlers Rewe (unter anderem Billa, Merkur, Adeg) nehmen kein Ende. 15 Mitarbeiter der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) kämpften sich auch gestern, Montag, durch Unterlagen und Computer. Am ersten Wochentag wurde damit den siebenten Tag ermittelt; normalerweise dauern derartige Hausdurchsuchungen nur ein bis zwei Tage, betont die Behörde. Die Wettbewerbshüter verdächtigen Rewe, mit Herstellern und womöglich auch Konkurrenten Preise festgesetzt zu haben.

Seine Mitarbeiter haben beschlagnahmte Unterlagen noch nicht analysiert, erklärte Theodor Thanner, Chef der Wettbewerbsbehörde vor Journalisten. Auf Antrag von Rewe seien die Dokumente versiegelt beim Kartellgericht hinterlegt worden. Nun sei es am Gericht, die Unterlagen freizugeben.

„Alle Produktgruppen betroffen“

Die Ermittlungen im Fall Rewe würden in zwei Richtungen laufen, sagte Stefan Keznickl, bei der BWB für den Fall verantwortlich. So gelte der Verdacht „bilateraler“ Absprachen (Händler mit Hersteller) für sämtliche Produktgruppen. In einzelnen Produktkategorien werde zusätzlich in Richtung „trilateraler“ Absprachen ermittelt – es könnten weitere Händler oder Hersteller involviert sein. Aus Insiderkreisen hieß es zuletzt, die Untersuchungen würden auf vermutete Absprachen bei Kaffee und Bier zielen.

„Wir haben die Hausdurchsuchung auch am Samstag fortgesetzt“, so Keznickl. Ein Ende der Ermittlungen sei noch nicht absehbar. Warum das so ist, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Aus Sicht der Behörde behindert der mächtige Handelsriese (Rewe ist Marktführer im Lebensmittel- sowie im Drogeriefachhandel) die Ermittlungen. Einsatzleiter Keznickl beschreibt das „Klima“ als „äußerst aggressiv“. Behördenmitarbeitern würden Notebooks aus den Händen gerissen, außerdem würden sie bei ihrer Arbeit von Rewe-Anwälten umzingelt und „während der Amtshandlung“ fotografiert.

„Belege mehrmals gesichtet“

„Die Länge des Verfahrens ist in anderen Ursachen zu suchen“, sagt Rewe-Sprecherin Corinna Tinkler zu den Vorwürfen der BWB. „Leider ist die Behörde von Anfang an nicht besonders koordiniert vorgegangen und musste deshalb Belege und Ordner mehrmals sichten.“ Das „kolportierte aggressive Verhalten“ weise die Rewe International AG „dezidiert zurück.“

Rewe stößt sich jedoch an den öffentlichen Äußerungen der BWB zu dem Fall. So verlas Thanner ein E-Mail eines Rewe-Rechtsanwalts, das ihn auf mögliche Rechtsverstöße durch öffentliche Äußerungen während eines laufenden Verfahrens hinwies. „Ich lasse mich aber nicht mundtot machen“, so der Chef der BWB.

Der Vorwurf, er werfe sich angesichts der bevorstehenden Neuausschreibung seines Jobs medial besonders ins Zeug, ist für Thanner „nicht nachvollziehbar“. Die Behörde ermittle seit dem Sommer des Vorjahres „intensiv“ bei Billa und Adeg.

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