Angriff auf Franken: Nationalbank gerät ins Schwitzen

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Internationale Hedgefonds starten eine weitere Attacke auf den Franken. Die Schweizer Nationalbank (SNB) in Zürich will die Franken-Grenze aber mit allen Mitteln verteidigen.

Wien/Höll. 250.000 Österreicher haben einen Fremdwährungskredit. Sie blicken gespannt auf den Kurs des Schweizer Franken, der gerade von Hedgefonds attackiert wird. Über das Osterwochenende durchbrach die Schweizer Währung zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage die von der Nationalbank in Zürich festgelegte Mindestgrenze von 1,20 Franken pro Euro. Laut Bloomberg-Daten erreichte der Euro kurzfristig einen Wert von 1,1996 Franken. Ähnliches passierte am vergangenen Donnerstag. Für wenige Minuten lag der Kurs bei 1,1991 Franken.

Damit erhöht sich der Druck auf die Schweizer Nationalbank (SNB). „Hat die Bank geschlafen?“, fragen Schweizer Boulevardzeitungen. Vergangenen September hatten die Währungshüter in Zürich versichert, den Euro nicht mehr unter die Marke von 1,20 Franken fallen zu lassen. Das Limit werde konsequent verteidigt. Der Kurs werde 24 Stunden lang an allen wichtigen Handelsplätzen weltweit überwacht, hatte es damals geheißen.

Wegen der Ereignisse der vergangenen Tage spekulieren nun Handelsteilnehmer, dass den Schweizer Währungshütern langsam die Luft ausgeht. Um weiterhin unbegrenzt Euro aufkaufen zu können, müsste verstärkt die Notenpresse angeworfen werden. Dies könnte mittelfristig zu hohen Inflationsraten führen. Schon jetzt hat die Schweizer Nationalbank riesige Eurobestände in ihren Büchern.

Euro verliert wegen Spanien an Kraft

Die Währungshüter in Zürich werden jeden Tag erneut auf die Probe gestellt, „weil der Euro an Kraft verliert“, heißt es in einer Analyse der französischen Großbank Société Générale. Schuld daran sind die Probleme in Spanien und in Italien. Laut Angaben des spanischen Ministerpräsidenten, Mariano Rajoy, sei die Wirtschaft seines Landes mit „extremen Schwierigkeiten“ konfrontiert.

In Italien und in Portugal kommen die Banken nur mit Finanzspritzen der Europäischen Zentralbank über die Runden. Die Zinsen für zehnjährige spanische Anleihen kletterten auf 5,7Prozent – bei italienischen Papieren sind es knapp 5,5Prozent.

Dem Vernehmen nach sollen sich nun mehrere Hedgefonds zusammengetan haben, um die Eidgenossen zu testen. Sie sollen gleichzeitig auf verschiedenen Handelsplätzen eine Attacke gestartet haben, daher konnten die Schweizer nicht überall gegensteuern.

Um den Kurs wieder auf die Marke von 1,20 Franken zu heben, musste die Nationalbank in Zürich nach Angaben von Händlern in den vergangenen Tagen Euro für mehrere Milliarden aufkaufen.

Verteidigung „ohne Wenn und Aber“

Das ins Schwitzen gekommene Nationalbank-Management ging am Dienstag in die Offensive. SNB-Interimschef Thomas Jordan nannte das Unterschreiten des Mindestkurses eine „Anomalie“, eine Abweichung von der Regel. Doch das Institut werde „ohne Wenn und Aber“ alles tun, um das Kursziel zu verteidigen. Die Bank sei nach wie vor bereit, unbegrenzt Devisen zu kaufen, damit die 1,20-Marke halten werde. Die Handelslimits der Nationalbank liegen täglich bei einigen hundert Milliarden Euro, sagte Jordan. Gerüchte, dass die Bank bereits an einem Alternativplan arbeitet und die Grenze auf 1,25 Franken oder 1,30 Franken anheben will, werden dementiert.

Tatsächlich steckt die Schweiz in einem Dilemma. Die Flucht in den Franken hält an. Analysten sehen den Anstieg der Immobilienpreise als eine der größten Gefahren für die Wirtschaft des Landes, sie warnen vor einer Blasenbildung. Die Schweizer Wirtschaft, vor allem die Exporteure, leiden unter dem starken Franken. Allerdings kann sich die Regierung in Bern zu günstigen Konditionen Geld von den Finanzmärkten holen. Die Zinsen für zehnjährige Schweizer Anleihen liegen bei 0,69Prozent pro Jahr. Zum Vergleich: Österreich muss seinen Investoren 2,8Prozent zahlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2012)

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