"Das lässt uns dumm dastehen", sagt Bankchef Dimon. Er spricht von "ungeheuerlichen Fehlern" und warnt: "Es kann noch schlimmer werden". Die Börsianer reagieren geschockt - die Aktie bricht nachbörslich um fast sieben Prozent ein.
Die größte US-Bank JPMorgan Chase hat sich kräftig verspekuliert. Das Wall-Street-Institut hat seit Anfang April rund zwei Milliarden Dollar oder umgerechnet 1,5 Milliarden Euro bei riskanten Finanzwetten verloren. Bankchef Jamie Dimon sah sich am späten Donnerstag (Ortszeit) gezwungen, persönlich die Anleger zu informieren. Die Verluste seien selbst verschuldet, sagte er in einer eilig anberaumten Telefonkonferenz.
Er sprach von "ungeheuerlichen Fehlern", Schlampereien und falsche Entscheidungen. Derzeit werde untersucht, wie es genau dazu kommen konnte. "Das ist nicht die Art, wie wir unser Geschäft betreiben wollen", erklärte Dimon. Die Fehler seien umso peinlicher angesichts der Tatsache, dass sich das Management stets gegen eine strengere Regulierung der Banken im Rahmen der sogenannten "Volcker Rule" ausgesprochen habe, räumte Dimon ein. "Das lässt uns ziemlich dumm dastehen."
"Es kann noch schlimmer werden"
Konkret habe es im synthetischen Kreditportfolio im Bereich Chief Investments seit Ende März "signifikante Buchverluste" gegeben. Der Bereich ist nach Angaben von JPMorgan der Arm der Bank, der genutzt wird, um Wetten einzugehen, die Beteiligungen an individuellen Beständen absichern sollen, etwa Kredite an Firmen mit einer schlechten Bewertung bei einer Ratingagentur. "Wir werden das lösen", versicherte Dimon. Er lehnte es mehrfach ab, die Details der problematischen Finanzwetten offenzulegen. Der Bankchef musste aber einräumen: "Es kann noch schlimmer werden." Denn die Finanzwetten laufen weiter.
Die Bank will nicht überhastet aus den Geschäften aussteigen und damit noch größere Verluste riskieren. Für die verantwortliche Sparte der Bank sagte Dimon einen Verlust von 800 Millionen Dollar im laufenden Quartal voraus. Eigentlich hatte die Bank einen Gewinn von 200 Millionen Dollar erwartet. Derartige Fehlschläge sind die Börsianer von JPMorgan Chase nicht gewohnt. Die New Yorker Bank ist das bestverdienende Kreditinstitut der Vereinigten Staaten und war fast ohne Blessuren durch die Finanzkrise gesteuert. Im ersten Quartal lag der Reingewinn bei 5,4 Milliarden Dollar.
Ein riesiger Verlust ber der Schweizer Großbank UBS sorgte für Schlagzeilen. Durch verbotene Spekulationsgeschäfte des Händlers Kweku Adoboli gingen rund 2,3 Milliarden US-Dollar verloren ... REUTERS/Arnd Wiegmann/files
... Adoboli wurde Ende November 2012 deshalb wegen Betrugs für schuldig befunden und zu sieben Jahren Haft verurteilt. Wegen der Affäre trat Oswald Grübel kurzum als Konzernchef zurück und wurde von Sergio Ermotti abgelöst. EPA/ANDY RAIN
Vier Jahre nach dem mehr als 600 Millionen Euro teuren Desaster mit Aktien-Fehlspekulationen bei der WestLB erhob die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft Anklage gegen drei ehemalige Aktienhändler der WestLB und zwei externe Händler wegen Marktmanipulation, Untreue oder Beihilfe zur Untreue ... EPA/JULIAN STRATENSCHULTE
… Die Anklage geht von einem strafrechtlich relevanten Schaden von 48 Millionen Euro aus. Die verlockende Aussicht auf millionenschwere Bonus-Zahlungen soll die Banker dazu verleitet haben, vom Vorstand gesetzte Risikogrenzen zu ignorieren und dies mit Hilfe externer Händler zu verschleiern. Frank Augstein/dapd
Der ehemalige französische Börsenhändler Jerome Kerviel wird in Paris wegen Veruntreuung, Fälschung und betrügerischer Manipulation zu fünf Jahren Haft, davon zwei zur Bewährung, verurteilt ... EPA/YOAN VALAT
... Bei Börsengeschäften für die Großbank Societe Generale verzockte er bis Anfang 2008 rund 4,9 Milliarden Euro. Diese Summe muss er nach dem Urteil seinem ehemaligen Arbeitgeber zurückerstatten. EPA/MAYA VIDON
Die spanische Polizei hebt eine Betrügerbande aus, die an der Londoner Börse 450 Millionen Euro erschwindelt haben soll. Die Bande soll über fünf Jahre die Aktienkurse einer Scheinfirma mit komplizierten Transaktionen und gefälschten Papieren künstlich in die Höhe getrieben und dann mit großen Gewinnen verkauft haben. AP Photo/Sang Tan
Der britische Finanzjongleur Nick Leeson wird in Singapur wegen Betrugs zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Er hatte mit Fehlspekulationen in Höhe von 860 Millionen Pfund den Zusammenbruch der Barings-Bank ausgelöst. Bei der ältesten britischen Handelsbank war sogar die Queen Kundin. AP Photo/Dave Thomson
Wenn Finanzjongleure Milliarden verzocken
Aktie stürzt ab
Die Börsianer reagierten daher auch geschockt. Die JPMorgan-Aktie verlor nachbörslich fast 7 Prozent und zog auch andere Bankentitel mit in den Keller. Die Anteilsscheine von Citigroup tendierten im elektronischen Handel gut zwei Prozent schwächer, Bank of America gaben 1,7 Prozent nach.
JPMorgan galt bisher als Musterschüler - und als positives Gegenbeispiel zur Großbank Goldman Sachs, die immer wieder wegen Spekulation am Pranger steht. Derartige Fehlschläge sind die Börsianer von JPMorgan nicht gewohnt. Die New Yorker Bank ist das bestverdienende Kreditinstitut der Vereinigten Staaten und war fast ohne Blessuren durch die Finanzkrise gesteuert. Im ersten Quartal lag der Gewinn bei unterm Strich 5,4 Milliarden Dollar. Und Dimon war im Vorjahr mit 23 Millionen Dollar der bestbezahlte Bankchef an der Wall Street.
Der letzte große Zockerskandal drehte sich um die Schweizer Großbank UBS. Der Händler Kweku Adoboli soll 2,3 Milliarden Dollar verzockt haben und wartet derzeit in Untersuchungshaft auf seinen Prozess (mehr dazu ...).
Die Verluste der Institute hatten meist "systemische" Gründe. Allerdings stehen hinter diesen Verlusten auch Menschen. Und manche Wertpapierhändler haben sich als besonders ungeschickt erwiesen. Hier eine Rangliste von einzelnen Spekulanten, die riesige Vermögen vernichtet haben. (c) Reuters (Arko Datta)
Ein Händler der japanischen Investmentgesellschaft "Mizuho" wurde unter dem Synonym "fat-fingered" berühmt: Er sollte eine Aktie von J-Com um 610.000 Yen verkaufen. Er dürfte leicht legasthenisch sein oder nicht sonderlich geschickt mit seiner Tastatur umgehen können. Er verkaufte 610.000 Aktien um einen Yen. Der Verlust betrug umgerechnet rund 240 Millionen Euro. (c) Reuters (Toru Hanai)
Der Währungsspekulant stand in Diensten der Allied Irish Bank. Er verschätzte sich bei der Entwicklung des japanischen Yen zum US-Dollar und verlor so rund 490 Millionen Euro innerhalb von fünf Jahren. (c) Reuters (Joe Gizar)
Der Mann, der die Bank des Königs zerstörte: Die Barings PLC. Diese gehörte seit ihrer Gründung der britischen Königsfamilie. Leeson, einst gefeierter Star-Investor, setzte am 16. Jänner 1995 alles auf steigende Kurse in Tokio. In der Nacht suchte ein Erdbeben Kobe heim, die Kurse fielen - und Leeson hatte fast eine Milliarde Euro verloren. (c) Reuters (Kieran Doherty)
Rund 1,2 Milliarden Euro der Orange County Fonds verlor Robert Citron 1994. Er setzte darauf, dass die Leitzinsen der USA sinken würden. Leider stiegen sie und seine Derivate wurden wertlos. (c) Reuters (Eric Gaillard)
Der Fluch der Karibik lastet auf Wolfgang Flöttl und Helmut Elsner. Rund 1,3 Milliarden versanken durch risikoreiche Spekulationen im karibischen Ozean. Der Prozess läuft noch, wer wie woran Schuld ist wird sich hoffentlich zeigen. Aktuelles zum Prozess (c) APA (Robert Jäger)
Einst kontrollierte er fünf Prozent des weltweiten Kupferhandels. Er wurde zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem ihm Preismanipulationen nachgewiesen wurden. Er verlor rund 1,8 Milliarden Euro. (c) Reuters (Susumu Toshiyuki)
Die französische Credit Lyonnais bereut ihre Geschäfte mit Paretti: Gesamt rund zwei Milliarden Euro soll er in den 1990ern mit faulen Krediten verspekuliert haben. Der Öffentlichkeit wurde er duch den missglückten Kauf der Metro-Goldwyn-Mayer Filmstudios 1990 bekannt. (c) AP (Robert Ut)
Sein Fond, LTCM, schaffte einst über 40 Prozent Rendite im Jahr mit Anleihenspekulationen. Bis er sich an Staatsanleihen aus Süd-Ost-Asien und Russland die Finger verbrannte: Er verlor in einem Monat rund 3,2 Milliarden Euro. (c) EPA (Alexander Nemenov)
Der Brite von Amaranth verlor rund 3,9 Milliarden Euro, da er zur falschen Zeit in Erdgas investierte. (c) AP (Yushno Russkoye)
Nelson und William Hunt gingen schon 1988 in Konkurs. Sie hatten beim Crash des Silberpreises unglaubliche 4,4 Milliarden Euro verloren. (c) Reuters (John Gress)
4,9 Milliarden Verlust hat Kursmakler Jerome Kerviel seiner Bank Societe Generale bei eigenmächtigen Finanzgeschäften beschert. Er wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt, drei davon sind unbedingt. Außerdem muss er die 4,9 Milliarden Euro erstatten. (c) Reuters (HO)