Der Sohn libanesischer Einwanderer, nun reichster Mann der Welt, will mit América Móvil Europa erobern.
Wien/Eid. Als Achtjähriger half er seinem Vater, einem Flüchtling aus dem Libanon, in dessen Gemischtwarenladen in Mexiko City. Jetzt besitzt der 73-jährige Carlos Slim ein Vermögen von 68Mrd. Dollar (53,9 Mrd. Euro) und ist laut „Forbes“ der reichste Mensch der Welt.
Nach dem Ingenieurstudium investierte Slim sein Erbe in verschiedene Handelsfirmen. Seine große Stunde schlug 1990, als sein Freund Carlos Salinas, der damals Staatspräsident war, die staatliche Telefongesellschaft Telmex privatisierte. Slim und sein Konsortium (mit SBC Communications und France Télécom) erhielten den Zuschlag. Dass er mit 1,8 Mrd. Dollar nur ein Zehntel des geschätzten Unternehmenswertes zahlte, führte zu heftiger Kritik. Telmex ist für Globalisierungskritiker das Paradebeispiel einer gescheiterten, zu einem privaten Monopol führenden Privatisierung, denn die Telefonpreise blieben in Mexiko hoch.
Heute besteht Slims Imperium aus zwei Säulen: der Handelsgruppe Carso und den Telekomaktivitäten, die in der Firma América Móvil gebündelt sind. Egal, ob man in Mexiko telefoniert, essen geht, einkauft oder ein Hotel bucht – Slim verdient mit. Weshalb er als „Besitzer von Mexiko“ tituliert wird.
Mit América Móvil, die auch an der Wall Street notiert, rollte Slim ganz Lateinamerika und den Süden der USA auf. América Móvil hat rund 250 Millionen Kunden in 18 Ländern und ist nach China Mobile der zweitgrößte Telekomkonzern der Welt. Der Druck der Wettbewerbsbehörden, die Preise zu senken, und der schwache Peso ließen im Vorjahr den Umsatz von 47 Mrd. auf 15 Mrd. Dollar und den Nettogewinn von 5,9 Mrd. auf 2,5 Mrd. Dollar sinken. Auch deshalb dürfte Slim, der die operative Führung an zwei seiner Söhne übergeben hat, sich nach neuen Märkten in Übersee umsehen.
Hierzulande noch so gut wie unbekannt, ist der Mann mit dem Schnurrbart in den USA eine Fixgröße in der Wirtschaftswelt. Slim investierte in den vergangenen Jahren unter anderem bei Philip Morris (heute Altria Group), OfficeMax und der Modekette Saks. Im September 2008 erwarb er 6,4 Prozent an der „New York Times“, bis 2015 könnte sein Anteil auf elf Prozent steigen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2012)