Analyse: Bernankes lockere Geldpolitik war wirkungslos

Federal Reserve Board Chairman Bernanke testifies before the Joint Economic Committee in Washington
Federal Reserve Board Chairman Bernanke testifies before the Joint Economic Committee in WashingtonReuters
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Was hat die quantitative Lockerung der US-Notenbank (QE3) letztendlich gebracht? Wenig, schreibt Ökonom Georg Erber.

Wenn es noch eines Beweises für die Wirkungslosigkeit der Politik Ben Bernankes, mittels QE3 die Zinsen senken zu wollen, bedurft hätte, dann zeigt die aktuelle Entwicklung dies auf. QE3, d.h. das Quantative Easing seit 2012, hat kontraproduktiv gewirkt. Seitdem nun die monatlichen Ankäufe der Fed von Staatsschuldverschreibungen und Asset Backed Securities (ABS) auf dem Hypothekenmarkt schrittweise von zunächst 85 Mrd. US-Dollar monatlich auf 65 Mrd. US-Dollar vollzogen worden sind, sinken die Zinsen in den USA entlang der Zinstrukturkurve, d.h. die Reduzierung des QE3-Programm der US-Notenbank bewirkt genau das, was durch die massive Ausweitung von QE3 zuvor erfolglos bewirkt werden sollte. Man kann berechtigterweise hier von einem QE-Paradox sprechen.

Seit Anfang Januar 1014 ist der Verlauf der Zinsentwicklung entlang der US-Zinsstrukturkurve bis zum 26. Februar 2014 rückläufig gewesen (siehe Abbildung 1). Es bleibt jetzt abzuwarten, ob sich diese Entwicklung auch in den kommenden Monaten fortsetzen wird. Gleichzeitig ist - nimmt man den S&P 500-Aktienindex als Indikator - festzustellen, dass der Kursanstieg am Aktienmarkt ins Stocken geraten ist. Mithin könnte dies ein erster Beleg dafür sein, dass die Politik der quantitativen Lockerung im Wesentlichen die Aktien- und Immobilienmärkte befeuert hat.

Abbildung 1: Zinsstrukturkurven am 2. Januar und 26. Februar 2014 in den USA



Für den Immobilienmarkt könnte als Indikator der Case-Stiller-Index der zwanzig größten US-Städte herangezogen werden (siehe Abbildung 2). Mit dem massiven Aufkauf von Hypothekendarlehen in Form von ABS durch die US-Notenbank wurden die Immobilienpreise in diesen Metropolregionen um rund 24 Prozentpunkte nach oben getrieben. Allerdings liegen jetzt diese Risiken in der Bilanz der US-Notenbank verborgen.

Abbildung 2: S&P Case-Shiller Index für 20 US-Städte, 2000 - 2013



Allerdings hat sich dieser Preisanstieg recht unterschiedlich auch in den zwanzig US-Metropolen vollzogen (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: S&P Case-Shiller Index für Teilregionen der 20 US-Städte, 2000 - 2013



Insbesondere US-Städte wie Las Vegas, Phoenix, Miami, San Diego, Los Angeles und Tampa haben einen deutlich stärkeren Anstieg der Immobilienpreise zu verzeichnen. Andere Städte wie Cleveland, Dallas, Atlanta, Detroit und Charlotte liegen deutlich hinter dieser Entwicklung. Die Erholung des US-Immobilienmarktes hat durchaus deutlich unterschiedliche regionale Ausprägungen auszuweisen.
Dabei zeigen die Verschuldungsquoten der Finanzierung in den einzelnen Regionen, dass die höheren Immobilienpreise zu einem erheblichen Teil in den Boomregionen auf Pump finanziert worden sind (siehe Abbildung 4). Insbesondere Kalifornien und Florida liegen an der Spitze der Pro-Kopf-Verschuldung, gefolgt von Texas und Arizona. Nur im Fall des Bundesstaates Nevada zeigt sich ein kontinuierlicher Rückgang der Pro-Kopf-Verschuldungsquoten seit dem Platzen der Immobilienblase im Jahr 2008.

Abbildung 4: Pro-Kopf-Verschuldung je Einwohner in einzelnen US-Bundesstaaten



Dabei hat die US-Notenbank zusammen mit anderen staatlichen Institutionen wie Fannie Mac und Freddie Mac seit Ausbruch der US-Immobilienkrise für rund 6 Billionen US-Dollar Immobiliendarlehen sozialisiert, d.h. durch den massiven Ankauf oder Staatshaftungsgarantien die US-Immobilienpreise gestützt (siehe Abbildung 5).

Abbildung 5: Bestand an US-Hypothekendarlehen nach Art der Darlehensgeber



Damit ist der Staat in den USA zum größten Hypothekenfinanzierer im Vergleich zu anderen privaten Geldgebern wie Banken, Versicherungen, Kreditgenossenschaften, Finanzierungsgesellschaften oder privaten Finanztrusts aufgestiegen. Die Bonität des US-Staates hängt damit entscheidend von der Zahlungsfähigkeit der entsprechenden Hypothekendarlehensnehmer und der Werthaltigkeit der als Sicherheit dienenden Immobilien ab. Würde es zu einem erneuten Ausbruch einer Immobilienkrise in den USA kommen, dann würde diese unmittelbar auf die Finanzstabilität des US-Staates durchschlagen. Eine höchstgefährliche Abhängigkeit, die es zuvor in diesem Ausmaß nicht gegeben hat. Das ist eine der dunklen Seiten der unorthodoxen Geldpolitik von Ben Bernanke und der Fed, die zur „Rettung" der US-Wirtschaft ergriffen wurde.

Qui Bono?

Offenbar haben institutionelle Investoren die günstige Gelegenheit ergriffen und in großem Stil Immobilien in den US-Ballungszentren von Banken und in Schwierigkeiten geratenen Immobilienbesitzern aufgekauft. Die von ihnen dabei eingegangene Wette ist, dass man große Gewinne durch den frühzeitigen Ankauf dieser Immobilien durch den danach einsetzenden Preisanstieg realisieren konnte.
Durch den Ankauf der Immobilien und deren Vermietung wurden nicht die in Schwierigkeiten geratenen ehemaligen Immobilienbesitzer durch den Staat gerettet, sondern diejenigen, die durch den Zugang zum billigen Geld der Fed an den Finanzmärkten und ihre Kreditwürdigkeit sich solchen Kauf von großen Immobilienständen auf Pump leisten konnten.

Nicht die Mainstreet, sondern gewissermaßen die Wall Street profitierte durch das Ankaufprogramm von Immobiliendarlehen in Form von ABS der Fed. Die Eigentümerquote hat sich seit Ausbruch der Immobilienkrise deutlich gesenkt. Dagegen ist die Leerstandsquote vergleichsweise stabil geblieben. Trotzdem liegt die Eigentümerquote an Wohnimmobilien immer noch deutlich über dem Stand der 1990er Jahre, bevor die Babyboomer verstärkt in Wohnimmobilien zu investieren begannen (siehe Abbildung 6).

Abbildung 6: Eigentümerquote und Leerstandquote von Immobilien in den USA



Betrachtet man die Erholung der Immobilienpreise in den wichtigsten US-Metropolen, dann zeigt sich, dass die „Erholung" der Immobilienpreise weitgehend abgeschlossen ist. Die Immobilienpreise sind nahe zu so hoch wie zum Zeitpunkt des Platzens der Immobilienblase (Abbildung 7). Wenn es also das Ziel der Politik der US-Notenbank war, die Immobilienpreise wieder auf das Vorkriseniveau anzuheben, dann ist zu konstatieren: „Mission accomplished." Allerdings liegen jetzt die finanziellen Risiken nicht mehr überwiegend bei privaten Investoren, sondern beim Staat einschließlich der Fed.

Abbildung 7: Entwicklung der Immobilienpreise vor und nach der Krise in den zwanzig US-Metropolregionen



Was kommt jetzt, da die Geldpolitik der Fed die Immobilien- und Finanzmarktkrise dadurch überwunden hat, dass sie die Aktien- und Immobilienpreise insbesondere im Bereich der Wohnimmobilien wieder auf das Vorkrisenniveau des Jahres 2008 angehoben hat?
Im Laufe dieses Jahres wird sich zeigen müssen, ob die Bewertungen auch mit der Beendigung der Ankaufprogramme der US-Notenbank durch QE bestand haben können, oder, ob sich der Boom-und-Bust-Zyklus wiederholt. Janet Yellen und die anderen Mitglieder des US-Zentralbankrates werden sich darüber den Kopf zerbrechen müssen. Die Politik des QE ist nicht nachhaltig fortzusetzen, aber kann man die US-Wirtschaft mit einer Rückführung zurück auf einen stabilen Wachstumspfad führen? Zweifel sind angebracht.

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Der Autor

Wie ist das QE-Paradox zu deuten? Offensichtlich lässt seit Beginn dieses Jahres die Kreditnachfrage zum Kauf von Aktien und Immobilien deutlich nach. Der Rückgang der Kreditnachfrage, insbesondere der institutionellen Anleger, überkompensiert das rückläufige Kreditangebot der Fed. Die Party an den Aktien- und Immobilienmärkten der USA ist vorüber. Dieser Artikel wurde für "Ökonomenstimme", die Internetplattform für Ökonomen im deutschsprachigen Raum, erstellt. Die Presse ist exklusiver Medienpartner der Ökonomenstimme.Georg Erber Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin war Georg Erber dort wissenschaftlicher Assistent am Institut für Versicherungsmathematik und Statistik mit dem Schwerpunkt Ökonometrie und Statistik. Er wurde dort zum Dr. rer. pol. in Volkswirtschaftslehre promoviert. Seitdem arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

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