"Das Vergaberecht schlägt zu"

bdquoDas Vergaberecht schlaegt zuldquo
bdquoDas Vergaberecht schlaegt zuldquo(c) EPA (ULI DECK)
  • Drucken

Was passiert mit Verträgen, die Bund und Land mit der Alpine Bau geschlossen haben? Man hofft auf rasche, einfache Lösungen. Und Hoffen ist ja immer erlaubt.

Wien. „Um zu einem Happy End zu kommen, brauchen wir auch das Verständnis von Bund, Land, der ÖBB und der Asfinag“, sagte Arnold Schiefer, der letzte Chef der Alpine Bau, am Sonntag in der ORF-Sendung „Im Zentrum“. Sie alle sollten bevorzugt die Nachfolgeunternehmen der Alpine die Bauaufträge „abarbeiten“ lassen. Ein wichtiges Signal an die Mitarbeiter, dass es nahtlos weitergehen kann. Für den Moderator der Sendung, Peter Pelinka, ist es ganz logisch, dass die Baustellen von den neuen Unternehmen übernommen werden: „Die Gürtelbrücke, das ist eine riesige Baustelle, die dauert ja sonst noch länger.“

Der Wunsch der Autofahrer, nicht länger als geplant im Stau zu stehen, ist verständlich. Viel mehr noch ist es jener der Mitarbeiter der Alpine: Lieber heute als morgen möchten sie wieder auf ihren Baustellen zum Einsatz kommen. Ganz so schnell wird das jedoch nicht immer möglich sein, jedenfalls nicht in rechtskonformer Weise.

Verzögerungen programmiert

Bei rund 400 Baustellen ist die Alpine im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft (Arge) als Partnerin aufgetreten. Hier ist die Rechtslage klar: Die anderen Bauunternehmen der Arbeitsgemeinschaft haften solidarisch für den Ausfall der Alpine Bau und müssen ohne sie den Auftrag zu Ende bringen. Ein Beispiel für diese Konstellation ist die Arge Hauptbahnhof Wien. In jenen Fällen, in denen die öffentliche Hand die Alpine Bau allein beauftragt hat, ist die Lage hingegen prekär. So etwa bei der Gürtelbrücke. Hier hat die Stadt Wien der Alpine Bau allein den Zuschlag erteilt.

Dieselbe Konstellation gibt es bei der Vollsanierung der Inntalautobahn zwischen Volders und Hall West. Auch diese Ausschreibung mit einem Auftragsvolumen von neun Millionen Euro gewann die Alpine im Alleingang. Bei solchen Projekten machte die Insolvenz dem Schaffen ein jähes Ende: „Letzte Woche hat Insolvenzverwalter Stephan Riel den Rücktritt von allen Verträgen mit der Asfinag erklärt“, sagt Gernot Brandtner, Geschäftsführer der Asfinag Baumanagement. „Nun geben wir so rasch wie möglich bauliche Zwischenlösungen in Auftrag, damit der Abschnitt provisorisch, aber sicher für den Reiseverkehr befahrbar gemacht wird. Dann können wir mit der Neuausschreibung beginnen.“ Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen, denn nachdem die Alpine Bau schon etwa ein Drittel des Auftrages abgewickelt hat, müssen die erbrachten Leistungen von der Asfinag abgenommen und auf Mängel überprüft werden. Der Gewinner der folgenden Vergabe will nämlich eines sicher nicht: für die Fehler des insolventen Vorgängers haften. „Gut drei Monate müssen wir für das neue Vergabeverfahren veranschlagen“, sagt Brandtner. „Realistisch betrachtet, werden wir vor April 2014 die Sanierung auf der A12 nicht fortsetzen können.“ Einfach dem Zweitbieter der ursprünglichen Ausschreibung den Zuschlag zu geben, so wie das letzte Woche Porr-Chef Karl-Heinz Strauss im Gespräch mit den „Salzburger Nachrichten“ vorgeschlagen hat, hält Brandtner für absurd: „Wir halten uns an die Regeln des Bundesvergabegesetzes.“ Sollte es regionale Auffanglösungen geben, sei man aber für Gespräche offen und werde einen möglichen Eintritt in die Verträge rechtlich prüfen.

„Keinen Illusionen hingeben“

Auch Brigitte Jilka, Wiens Stadtbaudirektorin, will die negativen Auswirkungen auf die Leute gering halten. Noch wartet man auf die offizielle Information des Insolvenzverwalters, ob er von den Verträgen mit der Stadt Wien zurücktritt oder nicht. Auch für die „Presse“ war Riel nie erreichbar. „Bei einem Projekt wie der Gürtelbrücke brauchen wir uns aber nicht über die Rechtslage hinwegturnen. Bei Aufträgen in dieser Höhe schlägt das Vergaberecht zu. Wenn wir nicht ausschreiben, laufen wir Gefahr, dass die Vergabe angefochten wird. Dann dauert alles noch länger“, so Jilka. Mit Mehrkosten aufgrund der Insolvenz der Alpine rechnet sie fix – und mit einer zeitlichen Verschiebung der Bauarbeiten aufgrund der Neuausschreibung natürlich auch.

Im Land Salzburg sind es fünf Alpine-Bauvorhaben, die Landesbaudirektor Christian Nagel Sorgen machen: „Die regionalen Auffanggesellschaften können ja nicht automatisch in den Auftrag einsteigen. Das stellen sich nur viele so vor. Wir prüfen die Voraussetzungen dafür. Im Zweifelsfall werden wir aber ausschreiben.“

Bei der ÖBB hat man schon Klarheit. Der Alpine-Masseverwalter hat ihr gegenüber bereits den Vertragsrücktritt erklärt. Das bestätigt Pressesprecher Michael Braun. „Jetzt wollen wir so schnell wie möglich die Bauarbeiten fortsetzen, sind aber an die strikten gesetzlichen Vorgaben gebunden.“ Daher arbeitet man jetzt schon intensiv an der neuen Ausschreibung der Verbindung von Flughafen und Hauptbahnhof Wien, für die der Auftrag an die Alpine vergeben wurde. Bei der ÖBB gibt man sich sehr optimistisch: Man plane, schon im Herbst die Bauarbeiten fortzusetzen. Die Inbetriebnahme der neuen Strecke soll termingerecht 2014 erfolgen.

Auf einen Blick

An das Bundesvergabegesetz ist die öffentliche Hand unter anderem dann gebunden, wenn sie Bauleistungen vergeben will. Je nach Auftragsvolumen sind Bund, Land und öffentliche Unternehmen an verschiedene Verfahrensformen gebunden. Bauvorhaben über fünf Millionen Euro müssen jedenfalls in einem offenen Verfahren europaweit ausgeschrieben werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.