Spielberg: Niederlage für Anrainer

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Anrainer gingen gegen Formel-1-Rennen vor - und blitzten ab. Brisant daran ist aber, dass unklar ist, ob die heimische Rechtslage dem EU-Recht entspricht.

Wien.Das war knapp – oder perfektes Timing: Am 22. Juni kehrte die Formel 1 nach Spielberg zurück, mit Datum 17. Juni entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), dass sie das ohne neue Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durfte.

Anrainer hatten die behördliche Feststellung verlangt, dass die Durchführung des Formel-1-Rennens UVP-pflichtig ist. Ursprünglich genehmigt worden sei nur ein nicht Formel-1-taugliches, reduziertes Projekt, nachträglich sei nach dem neuen Steiermärkischen Veranstaltungsgesetz die Betriebsgenehmigung erweitert und dann auch das Rennen bewilligt worden. Auf diese Weise habe man die neuerliche UVP-Pflicht umgangen und Nachbarrechte ausgeschlossen.

Kein Antragsrecht für Anrainer

Mit diesem Vorbringen blitzten sie nun ab – laut BVwG aus rein formalen Gründen. Denn laut UVP-Gesetz könne einen Antrag auf Feststellung, ob ein Vorhaben UVP-pflichtig ist, nur der Projektwerber, die mitwirkende Behörde und der Umweltanwalt stellen, Anrainer aber nicht. Deshalb wies die Steiermärkische Landesregierung die Anträge zurück. Zu Recht, wie das BVwG nun bestätigte.

Brisant daran ist aber, dass unklar ist, ob die heimische Rechtslage dem EU-Recht entspricht. Gegen Österreich ist wegen möglicher Rechtsschutzdefizite ein Vertragsverletzungsverfahren anhängig. Dazu äußerte das BVwG nun Verblüffendes: Diese Problematik lasse sich im nationalen Recht auch so lösen, „dass Nachbarn in den materienrechtlichen Genehmigungsverfahren ihre Einwendungen vorbringen können und somit eine De-facto-UVP erreichen“. Damit verlagere das BVwG die Thematik auf kleine Gemeinden als Baubehörden oder auf Bezirkshauptmannschaften, anstatt sich selbst mit der UVP-Frage auseinanderzusetzen, kritisiert Umweltrechtsexperte Wolfram Schachinger. Was ihn daran besonders stört: „Dass diese Aussage von einer Behörde kommt, die erst jüngst zur Überprüfung der UVP-Pflicht eingerichtet wurde.“

Der Projektwerber habe damit „null Rechtssicherheit“, weil die Materienbehörde, selbst wenn es schon einen Feststellungsbescheid oder UVP-Bescheid gibt, immer sagen könne, das eingereichte Projekt sei nicht exakt dasselbe. Offen bleibe auch, was passiert, wenn die Materienbehörde feststellt, dass keine UVP-Pflicht gegeben ist: „Laut BVwG muss das gerichtlich überprüft werden können. Die Frage ist nur, von wem.“ In den meisten Materienverfahren ist zur Überprüfung der Bescheide nämlich nicht das für die UVP zuständige Bundesverwaltungsgericht, sondern das Landesverwaltungsgericht zuständig.

Dass den Anrainern keine Parteistellung zuerkannt wurde, findet Schachinger dagegen „richtig, es ist ja nach geltendem österreichischen Recht so“. Und an dieses soll sich das BVwG halten, solange die Sache auf EU-Ebene nicht geklärt sei.

Aus seiner Sicht hätte eine Parteistellung der Anrainer übrigens am Ergebnis nichts geändert: Selbst wenn die Art, wie Spielberg jetzt betrieben werden soll, bescheidwidrig sei (weil eine Auflage nicht eingehalten werde), löse das keine neue UVP-Pflicht aus. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2014)


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