Vergütung: Verdienen Aufsichtsräte zu wenig?

(c) BilderBox
  • Drucken

Österreichs Aufsichtsräte verdienen im europäischen Vergleich weit weniger als ihre Kollegen. Variable oder erfolgsorientierte Komponenten spielen bei ihrer Bezahlung keine Rolle.

Wien. Verdienen Vorstände und Aufsichtsräte, was sie verdienen? Mit dieser doppeldeutigen Frage beschäftigten sich vergangene Woche die Teilnehmer des „Forums Aufsichtsrat“, einer Veranstaltung, zu der die Unternehmensberatung Hay Group und das Unternehmen Board Search geladen hatten.

Wie es ihm denn bei dem Thema gehe, wollte der Moderator auch von Norbert Griesmayr wissen, dem Generaldirektor der VAV-Versicherung: „Mir geht es damit wunderbar, weil ich gerade feststellen konnte, dass der Bonus für 2014 auf meinem Konto gelandet ist. Alles ist perfekt“, sagt er augenzwinkernd. Bei der Antwort auf die oben zitierte Frage erscheine es ihm allerdings total sinnlos, dabei an Gerechtigkeitserwägungen zu denken, sagt er: „Ich weiß gar nicht, wie viele Verbrechen und Greueltaten im Namen der Gerechtigkeit schon verübt worden sind.“ Er wolle lieber eine persönliche Antwort versuchen: „Ob ich verdiene, was ich verdiene, stellt der Aufsichtsrat fest, der mich in meiner Funktion ja immer wieder wählt.“ Wenn Griesmayr sich selbst fragt, ob er dem Unternehmen das bringe, was er koste, kommt er schnell zu einem Ergebnis: „Der Unternehmenswert hat sich seit 2000 in extremer Weise vervielfacht. Ich habe ihm ein einzigartiges Geschäftsmodell für den österreichischen Markt gegeben. Alle Mitarbeiter stehen positiv unter Strom. Alle glauben an den Erfolg der VAV in der Zukunft. Wenn man das einem Vorstand oder einer Vorstandsgeneration zuschreiben kann, ist er oder sie jeden Cent wert!“

„Das ist an sich beschämend“

Als Vorstand ist Griesmayr mit seiner Entlohnung also zufrieden. „Unterdurchschnittlich, auch im Vergleich zum Markt“ sei hingegen die Honorierung, die er als Aufsichtsrat erhalte. „Das ist an sich beschämend.“ Griesmayr ist unter anderem Mitglied des Aufsichtsrates des börsenotierten Unternehmens EVN. Die Wurzel des Übels sieht er in den gesetzlichen Bestimmungen, die die Vergütung von Aufsichtsräten in Österreich festlegen. Das Aktiengesetz und das GmbH-Gesetz regeln sie gleichlautend: „Den Aufsichtsratsmitgliedern kann für ihre Tätigkeit eine mit ihren Aufgaben und mit der Lage der Gesellschaft in Einklang stehende Vergütung gewährt werden.“ So heißt es im § 98 AktG und § 31 GmbHG. Diese „Kann“-Bestimmung zeigt für Griesmayr, dass „die Funktion des Aufsichtsrates in Österreich einfach nicht anerkannt ist. Sie sagt schon alles über die Wertschätzung für Aufsichtsräte.“

Tatsächlich ist die mediane Vergütung der österreichischen Aufsichtsräte im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich (siehe Darstellung oben). Während der Aufsichtsratsvorsitzende in Österreich 70.000 Euro, ein einfaches Mitglied 39.000 Euro jährlich erhält, liegen die Zahlen in Deutschland bei 365.000 und 140.000 Euro. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass deutsche Unternehmen größer sind als österreichische. Nach Umsatzzahlen beträgt das Größenverhältnis 3,32 : 1, orientiert man sich am Marktwert 5,51 : 1 (Quelle: „Non-executive directors in Europe“, Hay Group).

Die Meinung, dass Aufsichtsräte in Österreich deutlich zu wenig verdienen, vertritt auch der Gesellschaftsrechtsexperte und Rechtsanwalt Stephan Frotz: „Ein Aufsichtsrat, der seine Aufgabe ernst nimmt und nicht nur alles abnickt, sondern sich mit der Kontrolle der Geschäftsführung und des Vorstands ernsthaft befasst, sich eine fundierte Meinung bildet und alle Fakten beschafft, um die vorgelegten Informationen zu verifizieren, verdient in Österreich nicht ausreichend.“ Bei der Tätigkeit handle es sich um keine, die im Handumdrehen erledigt sei, sie koste wirklich viel Zeit und zwar nicht nur vor den Aufsichtsratssitzungen. Und so gibt Frotz zu denken: „Die Aktionäre müssten ja großes Interesse daran haben, dass die Gesellschaft von jemandem kontrolliert wird, der auch wirklich Zeit dafür aufbringt.“

Besonders im Bereich der öffentlichen Hand scheint hier einiges im Argen zu liegen. Bei Unternehmen, die der öffentlichen Hand gehören oder an denen sie beteiligt ist, liege die Vergütung „vollkommen unter dem, was notwendig ist“, kritisiert Frotz: Im Durchschnitt ginge es um Beträge, die zwischen 7000 und 15.000 Euro jährlich liegen. Der Effekt: Wer schlecht bezahlt wird, hat wenig Motivation, sich auch wirklich voll und ganz einzubringen.

Keine Erfolgskomponenten

Die Vergütung der Aufsichtsräte enthält in der Regel verschiedene Elemente. Zum einen gibt es eine Basisvergütung als Fixgehalt, zum anderen Entgelte für die einzelnen Sitzungen. Die Einführung von variablen Komponenten, die sich am Erfolg des Unternehmens orientieren, werden zwar immer wieder diskutiert, durchgesetzt haben sie sich noch nicht. Dabei spreche aus rechtlicher Sicht nichts dagegen: „Der Gesetzgeber hat alles offengelassen. Es wäre durchaus möglich, die Vergütung differenzierter zu gestalten“, sagt Frotz. Etwa könnten die Aktionäre ihrem Kontrollgremium eine Dotierung für die Vorbereitung auf Aufsichtsratssitzungen oder eine Sondervergütung zugestehen, wenn der Aufsichtsrat aufgrund einer schwierigen Situation besonders gefordert war.

Apropos Gehälter: Über die der Vorstandsmitglieder hat nach § 78 AktG der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft zu bestimmen. Er hat dafür zu sorgen, dass ihre Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben und Leistungen des einzelnen Vorstandsmitglieds, zur Lage der Gesellschaft und zu der üblichen Vergütung stehen. An diese Bestimmung sollte der Aufsichtsrat sich auch immer wieder erinnern. Vor allem dann, wenn es um die Verlängerung von Vorstandsverträgen geht, sagt Frotz: „Bei solchen Verlängerungen hat der Aufsichtsrat zu überprüfen, ob der laufende Vertrag auch noch wirklich den aktuellen Verhältnissen der Gesellschaft entspricht. Dieser Aspekt fällt immer wieder unter den Tisch.“ Dabei ist es gar nicht unwahrscheinlich, dass sich die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens im Laufe einer Vorstandsperiode verändert. Frotz: „Befindet sich die Gesellschaft gerade in einer Krise, kann man den Vorstandsvertrag zwar auch verlängern.“ Nachsatz: „Wohl aber zu anderen Bedingungen als in der Periode zuvor.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.03.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Heimische Vorstandsbezüge seit 2002 mehr als verdoppelt

Dennoch gelten die Bezüge im internationalen Vergleich als nicht überhöht. Schlecht bezahlt werden hingegen die heimischen Aufsichtsräte.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.