Zwangsversteigerungen: Mauscheln unter Bietern wird strafbar

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„Gib mir 500 Euro, dann steigere ich nicht mit“: Für Absprachen wie diese drohen künftig bis zu zwei Jahre Haft.

Wien. Es soll Leute geben, die daraus eine Art „Geschäftsmodell“ gemacht haben, gerüchteweise hat der eine oder andere sogar sein Studium so finanziert: regelmäßig Zwangsversteigerungen besuchen, sich als Interessent ausgeben – und dann von ernsthaft interessierten Bietern Geld dafür kassieren, dass man aufs Mitsteigern verzichtet.

Oder, eine andere Variante desselben Spiels: Mehrere Interessenten, etwa Makler, vereinbaren vorher, wem bei welcher Versteigerung jeweils der Vortritt gelassen werden soll, teilen sich auf diese Weise den Markt faktisch auf und liefern einander an Ort und Stelle nur noch Scheingefechte.

Solche Praktiken sind zwar schwer nachzuweisen, aber offenbar gängig und dürften erhebliche Probleme schaffen. Anders ist es nicht zu erklären, dass man dafür nun einen eigenen Straftatbestand geschaffen hat: Ab 2016, mit Inkrafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes, drohen für „unzulässige Bieterabsprachen in exekutiven Versteigerungsverfahren“ bis zu zwei Jahre Haft.

Nicht alle Absprachen strafbar

Bisher konnte der Richter in solchen Fällen lediglich Ordnungsstrafen von bis zu 10.000 Euro verhängen und Personen, die sich an Absprachen beteiligt hatten, vom Bieten ausschließen. Beides steht seit Oktober 2014 in der Exekutionsordnung. Außerdem ist festgeschrieben, dass solche Vereinbarungen ungültig sind. Das reichte aber offenbar nicht, um die Mauscheleien abzustellen: „Erste Erfahrungen (...) haben gezeigt, dass mit den Mitteln des Ordnungsstrafrechts nicht das Auslangen gefunden werden kann, um derartige Malversationen (...) wirksam hintanhalten zu können“, heißt es in den Erläuterungen zu der neuen Bestimmung, die ins Strafgesetzbuch (StGB) aufgenommen wird.

Und diese hat es durchaus in sich: Es ist nämlich ausschließlich Haft und keine Geldstrafe vorgesehen. Das sei „sehr rigoros“, sagt Konstantin Köck, Rechtsanwalt bei KWR. Zwar gibt es die Möglichkeit eines bedingten Strafnachlasses, „aber auch in diesem Fall ist man zu einer Haftstrafe verurteilt“, das wiege trotz allem schwer.

In den Erläuterungen steht allerdings auch, dass der neue Straftatbestand lediglich die Ultima
Ratio darstellen soll: Nicht sämtliche Absprachen sollen gerichtlich strafbar sein, „sondern nur jene, bei denen Geld oder andere Vorteile fließen“.

Strafbar macht sich künftig, „wer für sich oder einen Dritten für die Zusage, im Zuge einer Versteigerung in einem Exekutionsverfahren als Mitbieter nicht zu erscheinen oder nur bis zu einem bestimmten Preis oder sonst nur nach einem gegebenen Maßstab oder gar nicht mitzubieten, einen Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt“. Und ebenso, wer „einem Mitbieter ohne dessen Andringen“ für eine solche Zusage einen Vorteil für ihn oder einen Dritten „anbietet, verspricht oder gewährt“ (§292c StGB).

Geld nehmen wiegt schwerer

Was hier auffällt: Von Mitbietern Geld anzunehmen hält der Gesetzgeber offenbar für verwerflicher, als wenn man sich den Rückzug eines Konkurrenten erkauft. Denn wer sich für sein Stillhalten bei einer Versteigerung bezahlen lässt, macht sich jedenfalls strafbar – egal, ob die Initiative von ihm selbst ausgegangen ist oder nicht. Es kommt in diesem Fall nicht darauf an, ob man anderen Bietern aktiv angeboten hat, dass man gegen Geld aufs Mitsteigern verzichtet, oder ob man bloß ein entsprechendes Angebot einer anderen Person angenommen hat.

Bei dem, der zahlt, ist das anders: Bietet er aktiv Geld an, macht er sich strafbar – aber nicht, wenn die Initiative für das zweifelhafte Geschäft vom anderen Beteiligten ausgeht („Andringen“). Was nicht heißt, dass ihm gar keine Sanktionen drohen: Das, was die Exekutionsordnung vorsieht – Ordnungsstrafe und Ausschluss vom Bieten –, bleibt weiterhin in Kraft. „Ebenso gilt weiterhin, dass solche Vereinbarungen ungültig sind“, sagt Köck. Theoretisch könnte man bezahlte Geldbeträge sogar zurückverlangen – allerdings riskiert man dann, dass die eigene Beteiligung an der Sache offensichtlich wird.

Wie ist das nun aber mit Marktaufteilungen, bei denen gar kein Geld fließt? Laut den Erläuterungen soll die Strafbestimmung auch für solche Fälle gelten. So etwas fiele wohl unter die im Gesetz genannten „anderen Vorteile“.

Das Problem gibt es übrigens seit Jahrhunderten: Die Regelung in der Exekutionsordnung fußt auf einer Bestimmung, die noch unter dem Titel „Hofkanzleidekret“ lief und aus dem Jahr 1838 stammte. Im Vergleich zu damaligen Zeiten ist der heutige Versteigerungsmarkt sehr transparent – allein schon durch die Informationen, die man zu jeder einzelnen Zwangsversteigerung im Internet in der Ediktsdatei einsehen kann. Damit hat jeder Interessent auch faktisch Zugang zum Markt. Das belebt die Konkurrenz und tut der Sache sichtlich gut: „Für interessante Objekte werden hohe Preise erzielt“, sagt Köck. „Mitunter sogar höhere als sonst auf dem Markt.“

AUF EINEN BLICK

Verbotene Absprachen. Für Absprachen zwischen Bietern bei Zwangsversteigerungen, wonach jemand verspricht, gegen Geld oder einen anderen Vorteil gar nicht oder nur bis zu einem gewissen Betrag – oder sonst „nach einem gegebenen Maßstab“ – mitzubieten, droht künftig eine Haftstrafe bis zu zwei Jahren. Die Neuregelung ist Teil des Strafrechtsänderungsgesetzes und tritt am 1.Jänner 2016 in Kraft. Zusätzlich gelten auch die bisherigen Sanktionen laut Exekutionsordnung weiter: Ordnungsstrafen und Ausschluss vom Bieten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2015)

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