Verbrecherischer „Kaufinteressent“: Makler haftet nicht

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Symbolbild. (c) imago/Future Image (Christoph Hardt)
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Hausverkäufer fielen auf „Rip Deal“ herein. Selber schuld, fand der OGH.

Wien. Es klingt fast zu abenteuerlich, um wahr zu sein. Und doch ist es passiert.

Ein Ehepaar wollte eine wertvolle Liegenschaft verkaufen. Zunächst suchten die beiden – erfolglos – selber nach einem Käufer, dann wandten sie sich an einen Immobilienmakler. Dieser fand schließlich einen Interessenten, der jedoch recht eigenwillige Ideen für die Geschäftsabwicklung äußerte: Er schlug ein Treffen in Italien vor. Einen Teil des Kaufpreises wolle er dort bar in Schweizer Franken zahlen.

Zu dem Termin erschien dann jemand anderer, der sich dem Makler gegenüber nicht ausweisen wollte – und auch gleich erklärte, er werde nur mit den Eigentümern weiterverhandeln. In das weitere Geschehen mischte sich der Makler daraufhin nicht mehr übermäßig ein. Er riet dem Paar jedoch, den Verkauf jedenfalls über einen österreichischen Notar abzuwickeln.

Der angebliche Kaufinteressent schlug den beiden indes ein anderes Geschäft vor: einen Umtausch von Goldmünzen im Wert von mehr als 160.000 Euro in Schweizer Franken. Man traf sich also wieder in Italien, diesmal ohne Makler. Dafür erschien der „Kaufinteressent“ mit einem Begleiter, der gleich zur Sache kam: Er riss den Verkaufswilligen die Tasche mit den Goldmünzen aus der Hand. Und hinterließ ihnen eine Tasche mit Falschgeld.

„Rip Deal“ nennt man das. Der Treffpunkt in Italien ist typisch, das Drumherum kann variieren. Meist schlagen die Täter ihren Opfern ein Devisentauschgeschäft vor, manchmal wickeln sie ein erstes Geschäft mit einem niedrigeren Betrag sogar korrekt ab, um das Vertrauen ihres Gegenübers zu gewinnen, und schlagen erst beim zweiten Deal zu. Im Endeffekt läuft es aber immer aufs Gleiche hinaus: Das Opfer steht mit einer Tasche voll Falschgeld da. Oder mit Papierschnitzeln, getarnt mit ein paar obenauf liegenden Geldscheinen.

Bekannt ist das Problem seit Jahren, beispielsweise weisen die deutschen Vertretungen in Italien auf ihrer Website darauf hin (www.italien.diplo.de/Vertretung/italien/de/03-mailand/03-rk/Betrug?Rip?Deal.html). Die geprellten Liegenschaftsverkäufer kreideten es denn auch dem Makler an, sie nicht gewarnt zu haben. Und verklagten ihn auf Schadenersatz für die gestohlenen Münzen.

Kein Hinweis auf Raubabsicht

Damit blitzten sie jedoch ab – bei den Unterinstanzen wie auch beim OGH. Ein Makler sei zwar verpflichtet, die Interessen seines Auftraggebers redlich und sorgfältig zu wahren, so das Höchstgericht. Es hänge jedoch von den besonderen Umständen des Falles ab, was er dafür konkret tun muss (1Ob35/17d). Weder daraus, dass jemand anderer als der ursprüngliche Interessent zum ersten Treffen erschienen war, noch aus dessen Verhalten habe der Makler auf eine Betrugs- oder Raubabsicht schließen müssen, auch nicht aus dem Wunsch des Interessenten, den Kaufpreis zum Teil in Schweizer Franken zu zahlen. Das deute „am ehesten auf das Bestreben nach Verheimlichung dieses Geldes vor offiziellen Stellen hin“. Der Rat des Maklers, jedenfalls einen österreichischen Notar beizuziehen, sei in Anbetracht der ungewöhnlichen Umstände angemessen gewesen. Von der Sache mit den Münzen habe der Makler nichts gewusst, mit etwas Derartigem habe er auch nicht rechnen müssen.

Auch das Argument der geprellten Verkäufer, sie hätten erwartet, dass der Makler die Seriosität und Bonität des Interessenten geprüft hätte, überzeugte die Richter nicht: Zwar gab es auf der Homepage des Maklers einen Hinweis auf die Durchführung von „Bonitätschecks“. Seine Auftraggeber hatten aber gar nicht behauptet, diesen Hinweis vor Vertragsabschluss überhaupt wahrgenommen zu haben. Noch dazu sei ja eine dem Makler unbekannte Person zum ersten Termin erschienen. Dass der Makler deren Bonität nicht geprüft haben konnte, musste ihnen somit klar sein, fand der OGH. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2017)

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