Experte rät zu EU-Umweltsteuerpolitik

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Harmonisierung: WU-Professor Pasquale Pistone tritt für differenziertes Vorgehen ein.

Wien/kom. Die Steuerpolitik gehört zu jenen Gebieten, auf denen die EU-Staaten ihre Souveränität weitgehend behalten wollen. Doch es gibt Bereiche, in denen nationale Alleingänge keinen Sinn haben. Die Umweltsteuerpolitik ist so einer, davon ist Pasquale Pistone überzeugt. In seiner Antrittsvorlesung an der WU Wien als europaweit erster Inhaber eines „Jean Monnet ad personam Chair“ im Steuerrecht plädierte Pistone vorige Woche für eine EU-Umweltsteuerpolitik. Pistone (42) stammt aus Italien und zählt zu den weltweit führenden Experten des internationalen Steuerrechts.

„Die Umweltbesteuerung kann man nicht auf nationaler Ebene machen“, sagt Pistone zur „Presse“: In dem Moment, in dem ein Staat Umweltbelastungen durch Unternehmen stärker besteuert, verlagern diese ihre Tätigkeit in einen anderen. Ein weltweit koordiniertes Vorgehen ist wohl nicht realisierbar, eines auf EU-Ebene schon eher. Der Union auf diesem Gebiet Steuersouveränität zu geben würde ihr eigene Einnahmen ermöglichen – und eine europäische Umweltpolitik, argumentiert Pistone. Das Ziel findet sich auch auf einer Liste von 50 Vorschlägen zur Verbesserung der Situation im Binnenmarkt, die kürzlich von der EU-Kommission vorgelegt wurde.

Pistone plädiert für ein differenziertes Vorgehen zur Steuerharmonisierung: Dort etwa, wo die Mitgliedstaaten nicht bereit sind, die EU per Einstimmigkeitsbeschluss auf Dauer zu ermächtigen, könnten sie noch immer von Fall zu Fall koordiniert vorgehen. Das würde ihnen leichter fallen als ein dauernder Verzicht auf Souveränität.

Harmonisierungsbedarf sieht Pistone auch bei der Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer, um den Unternehmen unnötigen administrativen Aufwand zu ersparen, und bei der Einhebung der Umsatzsteuer. Nicht aber bei deren Höhe: Angesichts des aktuellen Trends, USt-Sätze zu erhöhen, hält Pistone es für wichtig, dass die Staaten sehen: Die Steuer zu erhöhen schadet ihrer Wettbewerbsfähigkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2010)

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