Staatsanwalt ermittelt gegen VW-Aufsichtsratschef Pötsch

Gegen Hans Dieter Pötsch wird ermittelt
Gegen Hans Dieter Pötsch wird ermittelt APA/AFP/TOBIAS SCHWARZ
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Der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen zieht immer weitere Kreise.

In der Abgasaffäre bei Volkswagen hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig Ermittlungen wegen Marktmanipulation gegen Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch bestätigt. Der Anfangsverdacht habe sich bei den Ermittlungen ergeben, sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde am Montag.

Die Behörde geht bereits seit Sommer dem Verdacht nach, dass Volkswagen möglicherweise bewusst verspätet über die finanziellen Folgen millionenfacher Abgasmanipulation informierte. Nach einer Strafanzeige der Finanzaufsicht BaFin ermitteln die Strafverfolger bereits gegen VW-Markenchef Herbert Diess und den früheren VW-Chef Martin Winterkorn.

Damals hatte die Behörde noch ausdrücklich betont, dass Pötsch nicht im Visier sei. Die nun eingeleiteten Ermittlungen gegen den gebürtigen Österreicher Pötsch begründete Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe mit dem Ergebnis der Ermittlungen: "Das hat sich erst aktuell ergeben." Worauf sich der Verdacht gründet, sagte er nicht.

Pötsch steht schon seit längerem in der Kritik von Investoren, weil er Finanzvorstand war, als der Dieselskandal im September 2015 bekanntwurde. Im Oktober 2015 wechselte er dann an die Spitze des Aufsichtsrats.

Die Ausweitung der Ermittlungen ist Wasser auf die Mühlen von Investoren, die Volkswagen eine verspätete Information über den Dieselskandal vorwerfen. Sie verklagen den Konzern auf Milliardensummen, weil der Aktienkurs nach Bekanntwerden der Abgasmanipulationen im September des vergangenen Jahres abgestürzt war. Allein am Landgericht Braunschweig sind Schadenersatzklagen über mehr als acht Milliarden Euro anhängig.

Volkswagen erklärte, man sei weiterhin der Auffassung, dass der Vorstand seine kapitalmarktrechtliche Publizitätspflicht ordnungsgemäß erfüllt habe. Dabei stütze sich der Konzern auf die sorgfältige Prüfung durch interne und externe Rechtsexperten. Über die Mitteilung hinaus wollte Volkswagen sich nicht äußern.

Der Wolfsburger Konzern hatte am 20. September auf Druck der US-Umweltbehörden zugegeben, Abgaswerte durch eine illegale Software manipuliert zu haben. Nach dem Geständnis brach die VW-Aktie um 20 Prozent ein. Am 22. September gab das Unternehmen bekannt, dass weltweit rund elf Millionen Fahrzeuge von dem Betrug betroffen seien und der Konzern deswegen 6,5 Mrd. Euro zur Seite legen müsse. Die Rückstellungen wurden später auf mehr als 16 Mrd. Euro erhöht. Der Konzern wies deshalb im vergangenen Jahr den höchsten Verlust seiner Firmengeschichte aus.

Auch an einer zweiten Front droht dem Konzern neuer Ärger. Die "Bild am Sonntag" berichtete, die kalifornische Umweltbehörde Carb habe eine weitere illegale Softwarefunktion bei einem Audi mit V6-Motor entdeckt. Der Autobauer habe die Schummelsoftware auch für die Manipulation von CO2-Werten für Diesel- und Benzinmotoren in Europa verwendet. Dem Bericht zufolge können Audi-Modelle mit einem bestimmten Automatik-Getriebe erkennen, ob sie auf einem Rollenprüfstand sind oder auf der Straße fahren. Werde das Lenkrad nach dem Start nicht bewegt, aktiviere sich ein Schaltprogramm für das Getriebe, das besonders wenig CO2 produziere. Andernfalls laufe das Fahrzeug mit einem anderen Programm, das mehr Kraftstoff verbrauche und mehr CO2 ausstoße.

Das betroffene Getriebe verwende Audi bei Autos mit leistungsstarken Motoren und sei in mehreren 100.000 Fahrzeuge eingebaut worden, berichte das Blatt weiter. Audi habe den Einsatz der Software in den Getrieben im Mai 2016 gestoppt, kurz bevor Carb die Manipulation in einem älteren Modell entdeckte. Die VW-Tochter habe in dem Fall bereits mehrere verantwortliche Techniker suspendiert.

Audi hatte vergangenes Jahr zugegeben, eine nach US-Recht als illegal geltende Software bei Sechszylinder-Diesel-Motoren mit drei Litern Hubraum eingebaut zu haben. Noch vor wenigen Tagen hatte Bezirksrichter Charles Breyer erklärt, Audi habe bei den Verhandlungen mit den US-Behörden über eine Lösung für die 85.000 betroffenen Fahrzeuge wesentliche Fortschritte gemacht. Er sei optimistisch, dass bis Anfang Dezember eine Einigung erzielt werden könne. Audi hat in diesem Jahr schon 752 Mio. Euro zurückgelegt für die Reparaturen und den noch ausstehenden Vergleich.

(Reuters)

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