Leder & Schuh nach harter Kur in Gewinnzone

Sanierer Werner Weber reduzierte das Imperium von Leder & Schuh auf die Marken Humanic und Shoe4You.
Sanierer Werner Weber reduzierte das Imperium von Leder & Schuh auf die Marken Humanic und Shoe4You.APA/HANS KLAUS TECHT
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Österreichs größter Schuhhändler schreibt erstmals seit 2010 wieder Gewinne. Der Schrumpfkurs forderte fünf Marken, 900 Arbeitsplätze und knapp 140 Filialen.

Wien. „Ich habe eine gewisse Affinität zu Restrukturierungen und schwierigen Situationen“, sagt Werner Weber. Der Mann untertreibt nicht. Nach Stationen bei den Problemfällen Libro und Niedermeyer – die eine bekanntlich mit gutem, die andere mit weniger gutem Ausgang – hatte er sich Mitte 2014 der Verarztung des Grazer Leder & Schuh-Konzerns (L&S) verschrieben.

Der Marktführer im österreichischen Schuhhandel war nach einer rasanten Expansion in Osteuropa in den Neunzigern und 2000er-Jahren und der Übernahme des Traditionshauses Stiefelkönig 2011 in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Als Werner Weber gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Stefan Weber vor zwei Jahren mit der Restrukturierung startete, konnte L&S einen Bauchladen von sieben Vertriebslinien in zehn Märkten und einen Schuldenberg von knapp achtzig Millionen Euro vorweisen.

Von allem etwas, von nichts genug

„Wer auf zu vielen Hochzeiten tanzt, hat das Problem, nichts besonders gut machen zu können“, diagnostiziert Weber. Heute tanzt man nur noch mit Humanic im höherpreisigen Schuhsegment und mit Shoe4You in der niedrigeren Preisklasse mit. Weber ist zufrieden: „Mit Ende 2016 ist der Restrukturierungsprozess wirklich abgeschlossen worden. Wir schreiben nach einer harten Durststrecke erstmals seit 2010 wieder Gewinne.“

Bei einem Gruppenumsatz von 413 Mio. Euro konnte das operative Ergebnis von sieben Mio. Euro 2015 um die Hälfte gesteigert und „ein deutlich positives Jahresergebnis“ erwirtschaftet werden, gab er im Gespräch mit der „Presse“ am Donnerstag bekannt. Die Nettoverschuldung konnte mithilfe eines siebenköpfigen Bankenkonsortiums von 80 auf zwölf Mio. Euro gesenkt werden.

Dass Weber sein im Sommer vollmundig abgegebenes Gewinnversprechen einhalten kann, ist auf eine Mischung aus Schließungen und Verkäufen der einst 349 Filialen zurückzuführen. Nach zwei Jahren sind 207 übrig, 118 davon in Österreich. Die Mitarbeiterzahl schrumpfte von 3300 auf 2400. Das Saniererduo folgte bei alldem einer darwinistischen Formel: Nur eine Marke mit Chance auf die Marktführerschaft darf bestehen bleiben.

Das traf weder auf die deutschen Töchter von Jello und Shoe4You noch auf die Humanic-Standorte in Polen zu. Bekannte Marken wie Dominici oder Jello sind gänzlich verkauft – oder Geschichte. Und die letzten acht in Österreich verbliebenen Stiefelkönig-Läden werden in absehbarer Zeit mit dem Humanic-Logo versehen. Das Konzerngerüst ist sehr übersichtlich geworden: Humanic gibt es weiterhin in neun Märkten. Shoe4You wird ihm nur in Österreich ergänzend zur Seite gestellt.

Harter Verdrängungswettbewerb

Wieso aber brauchte es überhaupt jemanden wie Weber, der L&S dieser Rosskur unterzog? Abgesehen von der Tatsache, dass das Konzernprofil zusehends verschwommen sei, habe man wie alle anderen unter der 2010 im Schuhhandel einsetzenden Stagnation gelitten, erklärt er. Auf 1,5 Mrd. Euro wird der jährliche Branchenumsatz in Österreich geschätzt. Die Zahl ist seit Jahren stabil – inflationsbereinigt büßt man also Jahr für Jahr ein wenig ein. „Dadurch sind wir automatisch von einem wachsenden in einen verdrängenden Markt gerutscht“, sagt Weber. Die fetten Jahre, in denen der Aufschwung im Osten L&S zusätzlich beflügelte, sind eindeutig vorbei.

Dazu kämen die gestiegenen Ansprüche der Kunden, die vom Textilhandel permanente Kollektionswechsel gewohnt sind, und der Druck von Onlinehändlern wie Zalando. Auch wenn Weber den von Marktforscher Regiodata erhobenen Onlineanteil am Schuhverkauf in Höhe von 21 Prozent als zu hoch bezeichnet, sei der Trend zu berücksichtigen. „Wir wollen nicht der bessere Zalando sein – und würden das auch nicht schaffen.“ Aber man müsse den eigenen, 2009 eröffneten Internetshop mit den traditionellen Läden so vernetzen, dass man in dem Spiel selbst den Ton angeben kann.

Nachdem der Gruppenumsatz von 2015 auf 2016 von 494 auf 413 Mio. Euro fiel, wird er sich 2017 laut Weber nach Wegfall von Jello aus der Bilanz bei etwa 370 Mio. Euro einpendeln. Von diesem Niveau aus will man nun wieder flächenbereinigt – und auch durch erneute behutsame Zukäufe – wachsen.

Weber hat seinen Plan, nach geglückter Genesung zu gehen, inzwischen aufgegeben. „Wir haben jetzt das Privileg, die Marktführerschaft in einem harten Wettbewerbsumfeld weiter auszubauen.“ Werner Weber mag, wie gesagt, schwierige Situationen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2017)

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