Machtspiel: Semperit-Chef geht

Sechs Jahre waren genug: Thomas Fahnemann verlässt Semperit.
Sechs Jahre waren genug: Thomas Fahnemann verlässt Semperit.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Just nach der Beilegung des Streits mit dem Joint-Venture-Partner in Thailand tritt Thomas Fahnemann ab. Hat der mächtige Arm des Aktionärs B&C eine Rolle gespielt?

Wien. Eigentlich wäre es ein Grund zum Feiern gewesen: Am Dienstag gaben die Gremien in Österreich und Thailand grünes Licht für den seit Monaten verhandelten Ausstieg des börsenotierten Gummi- und Kunststoffkonzerns Semperit aus dem langjährigen Joint Venture mit der thailändischen Sri-Trang-Gruppe. Statt dass die Champagnerkorken knallten – immerhin ist mit der Beilegung des Streits für Semperit eine Ausgleichszahlung in Höhe von 167,5 Mio. Dollar und zusätzlich 51 Mio. Dollar Dividende verbunden –, ist der Konzern paralysiert. Der Grund: Mittwochfrüh hat Semperit-Boss Thomas Fahnemann seinen Aufsichtsratspräsidenten Veit Sorger informiert, dass er das Unternehmen verlässt. Und zwar sofort – ohne seinen im Vorjahr bis Ende 2019 verlängerten Vertrag auszudienen.

Die Lösung des Joint Venture und der damit verbundenen Probleme sei ein Meilenstein und ermögliche dem Unternehmen nun, nach der Neuaufstellung, seine lange Erfolgsgeschichte fortzusetzen, ließ Fahnemann dazu wissen. Jetzt sei ein guter Zeitpunkt gekommen, „sich einer anderen beruflichen Herausforderung zu stellen“. So weit die offizielle Lesart.

Rote Zahlen zum Abschied

Die mag schon zutreffen, schließlich waren die Verhandlungen mit den Thais zäh und hart, und es dauerte viele Monate, bis das umfangreiche Vertragswerk zustande kam. Zudem bescherte die Bereinigung des Konflikts Semperit im Vorjahr rote Zahlen, was die Aktionäre in Form der gekürzten Dividende zu spüren bekommen. So eine Maßnahme setzt kein Konzernchef gern. „Kein anderer hätte sich über diese schwierige Materie getraut und sie so konsequent durchgezogen“, lauten freilich die durchwegs positiven Kommentare aus der heimischen Industrie zu Fahnemanns Vorgehen.

Wäre es daher nicht logisch, wenn er jetzt die Neuausrichtung der Semperit begleiten würde?

Dass er das nicht tut, mag überraschen. Wirft man freilich einen Blick auf die Eigentümerstruktur der Semperit, tun sich Aspekte auf, die Fahnemanns Abgang in einem neuen Licht erscheinen lassen. Zumal es Parallelen zu einem anderen erfolgreichen heimischen Industriekonzern gibt: dem Faserproduzenten Lenzing. Dort war der Deutsche Fahnemann nach langer Tätigkeit in den USA von 2003 bis 2009 Chef, bevor er für zwei Jahre den RHI-Vorsitz übernahm. Seit April 2011 ist er Semperit-Boss.

Semperit und Lenzing haben einen Kernaktionär: die B&C Industrieholding. Sie hält – direkt und über Zwischengesellschaften – die Mehrheit an den beiden Konzernen sowie am Aluminiumkonzern Amag. Über der Industrieholding steht die B&C Privatstiftung, deren Stifter Bank Austria und Creditanstalt sind. Die Privatstiftung – mit dem Rechtsanwalt Wolfgang Hofer, Ex-Bank-Austria-Chef Erich Hampel und dem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Georg Bauten im Vorstand – ist freilich nicht nur die Mutter der Industrieholding. Sie hat das Sagen – und agiert zunehmend als äußerst aktiver Aktionär, wie in Industriekreisen kolportiert wird. Dies löst naturgemäß in den Unternehmen und bei deren Führungscrews nicht nur helle Begeisterung aus. Vor allem, wenn sich Manager, deren fachliche Kompetenz als unbestritten gilt, in die Rolle des Befehlsempfängers gedrängt sehen.

Die Folge: Bei Lenzing hat in den vergangenen zwei Jahren der gesamte Vorstand gewechselt. Neben Konzernchef Peter Untersperger verließen Friedrich Weninger, Thomas Winkler und Thomas Riegler das Unternehmen. Bei Semperit wiederum gingen im Vorjahr Johannes Schmidt-Schultes und Declan Daly. Jetzt folgt Fahnemann. Auf die Halbwertszeit seines Nachfolgers werden schon Wetten angenommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2017)

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