Müller: Kontrollen „bis ins kleinste Seitenfach“

Logo und Schriftzug Mueller am Eingang zu einer Filiale in Muenchen Pasing Bayern Deutschland
Logo und Schriftzug Mueller am Eingang zu einer Filiale in Muenchen Pasing Bayern Deutschlandimago/Ralph Peters
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Bei einer Mitarbeiterbefragung der Gewerkschaft werden schwere Vorwürfe erhoben.

Wien. Drastische Vorwürfe wurden am Mittwoch von der heimischen Gewerkschaft GPA-djp gegen die Österreich-Tochter der deutschen Drogeriekette Müller erhoben. So soll es bei dem Unternehmen zu täglichen Taschenkontrollen der Mitarbeiter, Spindkontrollen in Abwesenheit, nicht korrekt bezahlten Überstunden und Problemen bei der Urlaubs- und Dienstplanung kommen. Basis dieser Aussagen sind mehr als 300 Fragebögen, die die Gewerkschaft – teils ergänzt um seitenlange persönliche Briefe – von den österreichischen Beschäftigten in den vergangenen Wochen zugeschickt bekam.
„Taschenkontrollen bis ins kleinste Seitenfach“, wie eine Mitarbeiterin in ihrem Brief anmerkt, teils vor Kunden, teils schon in der Mittagspause, sind offenbar in manchen Filialen die Regel. Sie sind in angemessenem Maß nur erlaubt, sofern es eine Betriebsvereinbarung oder die Zustimmung des Einzelnen gibt. Für Erstere bräuchte es aber einen Betriebsrat – und genau dessen Fehlen gab im Februar überhaupt den Anstoße für die GPA-Befragung der 2800 österreichischen Mitarbeiter.
Die Gewerkschaft erhob damals den Vorwurf, eine Wiener Verkäuferin sei wegen ihres Engagements bei der Gründung des bundesweit ersten Betriebsrats gekündigt worden. Ihr Fall liegt beim Arbeits- und Sozialgericht und soll ab Ende April verhandelt werden. Der deutsche Firmenchef, Erwin Müller, der für seinen patriarchalischen Führungsstil bekannt ist, hatte damals ausrichten lassen, dass ein Betriebsrat in seinem sieben Länder umspannenden Konzern ein No-go ist.

Beschwerden nur an den Chef

Nachdem die österreichischen Gewerkschafter angeboten hatten, ihm die anonymisierten Briefe für eine gemeinsame Verbesserung der Arbeitsverhältnisse zur Verfügung zu stellen, ging bei ihnen am Dienstag ein Fax ein. Darin betonte Müller, kein Interesse an einer Zusammenarbeit zu haben. Er werde seine „Mitarbeiter wie bisher selbst führen“. Sie könnten sich bei Problemen in roten Kuverts, die in den Aufenthaltsräumen aufliegen, direkt an ihn wenden. Barbara Teiber von der GPA will das so nicht stehen lassen. Zwar nicht überall, aber in den großen städtischen Filialen herrsche „ein Klima der Angst“. Der Wunsch nach dem Betriebsrat sei nach wie vor da, aber nach der Kündigung traue sich keiner mehr vor.
Im Fall der Taschen- und der Spindkontrollen in Abwesenheit der Mitarbeiter will sie das Arbeitsinspektorat einschalten. Zudem seien Fälle bekannt geworden, in denen geringfügig Beschäftigte fälschlicherweise niedriger entlohnte Arbeiter- statt Angestelltenverträge haben. Hier werde die Gebietskrankenkasse benachrichtigt.
Müller gab zu dem Fall auch auf Anfrage der „Presse“ keine Stellungnahme ab. Aber anscheinend reagierte die Kette bereits ansatzweise auf die Aktion in Österreich: Viele Beschäftige bekommen laut Teiber gerade neue Verträge, in denen etwa Überstunden geregelt seien – „nicht das Gelbe vom Ei, aber besser als die alten“. (loan)

(APA)

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