Ikea will im Neuland wachsen

Blaues Haus
Blaues HausDie Presse (Clemens Fabry)
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Die Schweden wollen in die Innenstädte und auf die Computer ihrer Kunden. Mit Pionierarbeit im digitalen und urbanen Raum soll das Wachstum am schwierigen österreichischen Markt gesichert werden.

Das Rekord-Umsatzplus des vergangenes Geschäftsjahres von 7,3 Prozent auf 674 Mio. Euro will und kann der Ikea-Konzern in Österreich heuer nicht erreichen. Das machte Österreich-Chefin Viera Juzova am Montagabend im Stammhaus in der SCS Vösendorf vor Journalisten und Schaulustigen klar. Sie erwartet nach Abschluss des laufenden Geschäftsjahrs Ende August ein Plus von mindestens zwei Prozent - ohne neue Standorte.

Denn zu den sieben traditionellen Möbelhäusern, die Ikea in Österreich betreibt, sollen sich in den kommenden Jahren zwei neue dazu gesellen. So alles nach Plan geht. Und das muss es nicht, betonte Juzova ebenfalls. Sowohl in Lustenau in Vorarlberg als auch am dritten Wiener Standort - dem Blauen Haus am Westbahnhof, das Ikea im Dezember den ÖBB abkaufte - laufen noch eine ganze Weile interne wie externe Prüfverfahren. Die Eröffnungen seien frühestens 2020 geplant. In Vorarlberg, das bisher neben dem Burgenland als einziges Bundesland noch kein blau-gelbes Möbelhaus beherbergt, beschloss man nach zähem Ringen in der Gemeindevertretung einen "Kaufvertrag mit aufschiebender Wirkung". Alles steht und fällt mit dem dort geplanten Autobahnanschluss, sonst ist den Lustenauern der erwartete Verkehr im Ort zu groß.

Pionierarbeit mit ungewissem Ausgang

In Wien wiederum arbeiten die Ikea-Architekten unter Sonderbedingungen: So ein autofreies, innerstädtisches Möbelhaus, bei dem nur Einrichtungsstücke mitgenommen werden können, die man mit der U-Bahn oder dem Rad transportieren kann, gibt es in keiner einzigen der etwa 350 anderen Ikea-Filialen auf der Welt. In einigen anderen Städten würde man aber gerade an ähnlichen Ideen tüfteln, sagt Juzova. Die Begründung, warum man gerade in Wien und nicht etwa in Stockholm die Pionierarbeit leiste, ist simpel: Mehr als 60 Prozent der Stadtbewohner hätten kein Auto und das öffentliche Verkehrsnetz sei hervorragend. "Wenn die Kunden nicht zu uns kommen können, müssen wir näher zu den Kunden." Dafür, dass man weder aus Schweden noch von den österreichischen Behörden das endgültige Signal für den Neubau hat, sind die Pläne relativ konkret: Juzova schwebt anstelle des Blauen Hauses ein Gebäude vor, das mit Grünflächen, Terrassen und einem auch außerhalb der Öffnungszeiten geöffneten Restaurant zum Nachbarschaftstreffpunkt wird.

Die Zukäufe in Vorarlberg und am Westbahnhof sowie im 21. Bezirk, wo zurzeit Pläne für ein neues Logistikzentrum evaluiert werden, sowie andere Umbauarbeiten werden bei Ikea Österreich heuer mit 71 Mio. Euro nach Investitionen von 40 Mio. Euro im Vorjahr zu Buche schlagen. Das dürfte die Prognose gedämpft haben. Das erwartete Plus von gut zwei Prozent sei dennoch "einzigartig auf einem umkämpften Markt", heißt es unter Verweis auf aktuelle Marktstudien in der Presseaussendung. Institute wie Regiodata weisen nur bei Österreich drittgrößtem Möbelhändler Ikea zurzeit Marktanteilsgewinne aus. Bei Lutz und Kika/Leiner, die das Feld anführen, stagnieren oder fielen die Umsätze 2016.

Der Onlineanteil ist - noch - klein

Der Onlineshop macht bei Ikea Österreich aktuell rund vier Prozent der Umsätze aus. Das sei verglichen mit dem Gesamtkonzern wenig, gibt Juzova zu. Aber das Geschäft wuchs mit einem Plus von 22 Prozent 2016 und 12 Prozent heuer - getrieben durch das neue Angebot Click&Collect (Online-Bestellung mit Vor-Ort-Abholung) und den digitalen Katalog samt Einrichtungs-App für das Handy - deutlich dynamischer als die traditionellen Ausgaben nach Probeliegen und Fleischbällchen. Die Verkaufskanäle werden immer mehr verschwimmen, prognostiziert die Österreich-Chefin. Daran will man sich genauso anpassen wie an die Tatsache, dass 68 Prozent der Österreicher heute in Ballungszentren leben.

Dass mit 1. September - just an den Tag, an dem Ikea sein 40-jähriges Bestehen in der SCS feiert - mit Jesper Brodin ein Neuer in der Chefetage einzieht, werde nichts an der nationalen oder internationalen Strategie ändern, betont Juzova. Das ginge auch gar nicht, da alle vier, fünf Jahre ein neuer Konzernchef antrete. Am weltweiten Umsatzziel von 50 Mrd. Euro im Jahr 2020 hält Ikea fest. Ebenso an potenziellen Wachstumsmärkten wie China und Indien oder dem Vorsatz, 2020 so viel Energie zu produzieren wie zu verbrauchen. Zuletzt lag der Gesamtumsatz bei 34,2 Mrd. Euro, der globale Gewinn stieg 2015/16 von 3,5 auf 4,2 Mrd. Euro.

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