Lauda oder Lufthansa: Heute wird um Air Berlin gepokert

 Air Berlin steht vor der Zerschlagung
Air Berlin steht vor der Zerschlagung APA/dpa/Marcel Kusch
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Von der deutschen AUA-Mutter Lufthansa bis zu Niki Lauda: Das Feld der Bieter für die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin, zu der auch die österreichische Niki gehört, ist groß. Heute, Donnerstag, beugen sich die Gläubiger über die Angebote.

Bei der Air Berlin könnte heute eine Vorentscheidung über den Verkauf an Investoren fallen. Die drei Gläubigerausschüsse des Dachkonzerns, der deutschen Gesellschaft und der Techniksparte kommen nach Informationen aus Branchenkreisen zu entsprechenden Beratungen zusammenkommen. Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft nach der Lufthansa hatte Mitte August Insolvenz angemeldet.

Am vorigen Freitag war die Bieterfrist abgelaufen. Eine endgültige Entscheidung über den Zuschlag dürfte der Air-Berlin-Aufsichtsrat wohl zwar erst am Montag (25. September) treffen. Für den formalen Beschluss könnten nun aber schon die Weichen gestellt werden, hieß es. Wo und wann die Gläubiger tagen, war zunächst nicht bekannt.

Ein Gesamtverkauf der Airline an eine andere Fluggesellschaft gilt wegen der dann hohen Marktmacht des neuen Eigentümers als eher unwahrscheinlich. Mehrere einzelne Bieter hoffen daher auf Teile von Air Berlin. Kandidaten sind etwa die Lufthansa-Tochter Eurowings, die British-Airways- und Iberia-Mutter IAG, Easyjet sowie ein Bündnis aus Condor und Niki Lauda, dem Gründer der Air-Berlin-Tochter Niki.

Lufthansa will die halbe Air-Berlin-Flotte

Die deutsche AUA-Mutter Lufthansa rechnet sich trotz ihres hohen Marktanteils in Deutschland gute Chancen für eine Übernahme von bis zu 80 der insgesamt 144 Flugzeuge der insolventen Air Berlin aus, zu der auch die österreichische Airline Niki gehört. "Viel mehr werden wir kartellrechtlich gar nicht machen können", sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Mittwochabend in Frankfurt.

Einschließlich aller Umsteigflüge habe die Lufthansa-Gruppe in Deutschland einen Marktanteil von 34 Prozent. Dieser Wert werde auch für die Kartellbehörden entscheidend sein. "Deshalb sind wir optimistisch, dass das, was wir uns vorstellen, genehmigungsfähig ist", sagte Spohr. Eine Entscheidung darüber, ob die Lufthansa bei der erwarteten Aufteilung von Air Berlin in diesem Umfang zum Zug kommt, sei nach der wichtigen Sitzung des Gläubigerausschusses am Donnerstag dann am Montag zu erwarten.

Neben der Lufthansa gehören auch Easyjet, Condor, die British-Airways-Mutter IAG sowie die Luftfahrtunternehmer Hans Rudolf Wöhrl und Niki Lauda zum Bieterkreis. Die Lufthansa hatte als erstes ihr Konzept für einen Teilkauf der Mitte August insolvent gegangenen Air Berlin vorgelegt, was der Erzrivale Ryanair als abgekartetes Spiel mit der deutschen Bundesregierung kritisiert hatte. Nach einer Fristverlängerung hat noch der chinesische Betreiber des Flughafens Parchim, Jonathan Pang, ein Angebot abgegeben. Rechtsanwalt Helmut Naujoks als Vertreter des chinesischen Logistik-Unternehmens LinkGlobal in Deutschland bestätigte dies. Der Anwalt hatte Pangs Bitte damit begründet, dass es längere Zeit dauere, um die Vertragsunterlagen ins Chinesische zu übersetzen. Zu Details des Angebots äußerte sich Naujoks nicht. Dem Vernehmen nach soll Pang 600 Mio. Euro für Air Berlin bieten. Er wolle zudem alle rund 8.000 Mitarbeiter übernehmen.

Spohr nannte erstmals offiziell Details seines Angebot: Priorität habe für die Lufthansa, sich die 38 Maschinen von Air Berlin zu sichern, die schon für die Lufthansa-Tochter Eurowings geleast wurden. Dazu sollten 20 bis 40 weitere Maschinen für Kurz- und Mittelstrecken kommen.

"Wir glauben, durch die Entwicklung in Berlin voraussichtlich bis zu 3.000 neue Mitarbeiter begrüßen zu dürfen", sagte Spohr. Das sei angesichts der Belegschaft von derzeit rund 130.000 bei Lufthansa eine riesige Zahl.

Für die mittlerweile schon größtenteils stillstehenden Langstreckenmaschinen der Air Berlin habe er nicht geboten, ergänzte Spohr. Die Langstrecke bei Eurowings solle in Düsseldorf und Berlin aus eigener Kraft wachsen. In den vergangenen zwölf Monaten seien im Konzern bereits 40 neue Flugzeuge angeschafft worden. Auch in den kommenden Jahren solle fast jede Woche eine Neuanschaffung zum Ausbau oder Ersatz alter Maschinen hinzukommen.

Der DAX-Konzern hat sich Spohr zufolge sowohl auf ein Gelingen als auch auf ein Scheitern des Air-Berlin-Verkaufs vorbereitet. "Diese 20 bis 40 werden wir sowieso darstellen", sagte Spohr. "Wir werden unseren Marktanteil erweitern." Der Lufthansa-Chef bekräftigte, dass es in der "am stärksten zersplitterten Branche" eine Konsolidierung geben müsse. Dabei wolle die Lufthansa eine aktive Rolle spielen. Das Selbstbewusstsein des deutschen Marktführers ist nach zwei Jahren mit Rekordgewinnen gewachsen. Spohr ist auch für 2017 nach eigenen Worten zuversichtlich. An seiner guten Laune sei zu erkennen, "dass natürlich dieses Jahr noch deutlich besser läuft als schon die letzten beiden Rekordjahre."

Air Berlin: Vom Wachstum zu Absturz

Die insolventen deutsche Fluggesellschaft und Niki-Mutter Air Berlin ist bisher die zweitgrößte Airline Deutschlands nach der Lufthansa - nun könnte das Unternehmen zerschlagen werden. Die 1978 gegründete Airline begann mit Verbindungen von Berlin nach Mallorca, 1998 folgte der Einstieg ins Liniengeschäft.

Air Berlin kaufte sich groß, übernahm die Fluggesellschaft Niki und dba sowie den Ferienflieger LTU. Aus heutiger Sicht meinen Kritiker, die Expansion in den guten Jahren sei zu forsch gewesen - mit zu großen Kapazitäten begann die Krise.

Mit einer Ausnahme schreibt Air Berlin seit 2008 rote Zahlen. 2016 betrug der Verlust fast 782 Millionen Euro, noch einmal über 300 Millionen Euro mehr als im Jahr davor. Der Schuldenberg wuchs auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Gleichzeitig ging der Jahresumsatz von knapp 4,1 auf zuletzt 3,8 Milliarden Euro zurück. Ende 2016 hatte Air Berlin 8.481 Mitarbeiter und meldete insgesamt 28,9 Millionen Passagiere.

Lange hielt der arabische Großaktionär Etihad die Airline, deren Dachgesellschaft nach britischem Recht (PLC) organisiert ist, mit Finanzspritzen in der Luft. Doch im August zogen die Eigentümer die Reißleine, kurz darauf folgte der Insolvenzantrag. Wer den Zuschlag zumindest für Teile der Flotte von derzeit 144 Maschinen erhält und was mit den Beschäftigten passiert, entscheiden nun die Gläubiger.

Airlines scheffeln Milliarden mit Nebenleistungen

(APA/dpa/Reuters)

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