Bawag fixiert Börsegang in Wien und verspricht Zukäufe

Bawag-Chef Anas Abuzaakouk: heuer an die Wiener Börse
Bawag-Chef Anas Abuzaakouk: heuer an die Wiener BörseHERBERT NEUBAUER / APA / picture
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Die einstige Gewerkschaftsbank Bawag beendet die lange Durststrecke an der Wiener Börse. Mit einem Volumen von rund einer Milliarde Euro ist das das größte Listing seit langem.

Die Würfel sind gefallen: Die Bawag geht noch heuer, möglicherweise schon im Oktober, in Wien an die Börse. Das Debüt an der Wiener Börse soll abhängig vom Marktumfeld im vierten Quartal erfolgen, teilte die mehrheitlich dem US-Finanzfonds Cerberus gehörende Bank am Mittwoch nach der Aufsichtsratssitzung mit. 

Angeboten werden bestehende Stammaktien der Bawag, wobei die beiden Groß-Eigentümer Cerberus und Golden Tree sowie "bestimmte Minderheitsaktionäre" Aktien abgeben wollen. Cerberus hält 54 Prozent, Golden Tree 40 Prozent der Anteile. Es gehe um ein öffentliches Angebot für Privatanleger und institutionelle Investoren in Österreich sowie Privatplatzierungen an institutionelle Investoren außerhalb Österreichs, auch in den USA, teilte die Bank am Mittwoch mit. Geplant ist auch eine sogenannte Greenshoe-Option, also eine Mehrzuteilung für den Fall, dass die Nachfrage sehrgroße ist. Davon könne man ausgehen, sagen Beobachter.

Insidern zufolge will die viertgrößte Bank Österreichs einen Anteil von 20 bis 30 Prozent auf den Markt werfen. Das Geldhaus könnte dabei mit bis zu fünf Milliarden Euro bewertet werden. Den künftigen Aktionären wird eine 50prozentige Ausschüttungsquote in Aussicht gestellt.

"Die Bawag ist eine der größten und am besten kapitalisierten Banken des Landes. Deshalb ist auch Wien unser Börsenplatz, das Listing ist für uns und unsere Aktionäre ein Meilenstein", sagte Bank-Chef Anas Abuzaakouk.

Die Bawag zählt mehr als 2,2 Millionen Kunden und hat eine Bilanzsumme von 40 Milliarden Euro. In den vergangenen fünf Jahren stieg der Umsatz um 19 Prozent, gleichzeitig wurden die Kosten um 32 Prozent reduziert. In der Profitabilität rangiert die Bawag unter den top fünf Prozent der europäischen Banken. Von den heimischen Instituten hat die Bawag das beste Ranking, Moody's stuft die Bank mit "A2" ein.

Zuletzt hatte sich die Bank mit einer Einkaufstour und einem Gewinnanstieg herausgeputzt. Im ersten Halbjahr stieg das Ergebnis vor Steuern dank niedrigerer Refinanzierungskosten und Zukäufen um 2,5 Prozent auf 251 Millionen Euro. Der größte Deal war die Übernahme der Stuttgarter Südwestbank.

"Robuste Pipeline"

Bawag-Chef Anas Abuzaakouk wollte sich am Mittwoch nicht dazu äußern, welche weiteren Zukäufe in Planung sind. Er sprach nur von einer "robusten Pipeline" an Projekten in Deutschland und Österreich. Wachstum ist jedenfalls vor allem in Österreich sowie in Deutschland und der Schweiz (DACH) geplant. Unter anderem will die Bank mit ihrer Direktbanktochter easybank expandieren, wobei in Deutschland nach Brancheninformationen als Markennamen "Qlick" angedacht ist. Das Angebot soll auf mobile Nutzung zugeschnitten sein.

Die Bawag sei eine der größten und kapitalstärksten Banken Österreichs, "als solche ist unser Platz an der Wiener Börse", so Abuzaakouk. Die Einnahmen der Bank seien zwischen 2012 und 2016 um 19 Prozent gewachsen, während die Kosten um ein Drittel zurückgegangen seien. Zugleich seien 470.000 neue Kunden dazugewonnen worden. Der Anteil der Kosten an den Einnahmen (Cost-IncomeRatio) liege bei 41,7 Prozent. Nur 1,9 Prozent der Kredite fallen aus. Das Eigenkapital (CET1 fully loaded) betrage 15,5 Prozent. Nach Maßstäben der Profitabilität und der Effizienz gehöre die Bawag zu den besten fünf Prozent in Europa.

Der Börsengang soll keine Auswirkung für den Kooperationsvertrag zwischen Bawag und Post haben, sagte Abazaakouk am Mittwoch. Zuletzt hatte es Gerüchte gegeben, dass die Bawag mit dem Deal nicht mehr zufrieden sei. "Alle Gespräche mit der Post sind vertraulich" so Abazakouk. Man werde weiter Veränderungen von Kundenwünschen berücksichtigen und sich auf Beratung konzentrieren. Formal hat die BAWAG bis Jahresende die Chance, den Vertrag mit der Post zu kündigen. Falls es zu einer Kündigung kommt, würde sie Ende 2020 wirksam werden.

An die Börse gebracht wird die Bawag Group, Holdinggesellschaft der Bawag P.S.K. Sie gehört zu hundert Prozent der Promontoria Sacher Holding B.V. An dieser sind Cerberus mit 54 Prozent und Golden Tree mit 40 Prozent beteiligt. Die restlichen 6 Prozent gehören österreichischen und nicht-österreichischen Minderheitsaktionären. Zu den österreichischen Minderheitsaktionären gehört die österreichische Post. Über die nächsten Schritte wollte sich Abuzaakouk ausdrücklich nicht äußern. Üblicherweise dauert es rund vier Wochen von der ersten Ankündigung des Börsengangs bis zum tatsächlichen Börsenhandel.

Wechselhafte Geschichte

Die Bawag wurde 1922 als "Arbeiterbank" durch den damaligen Staatskanzler Karl Renner gegründet.  Sie verwaltete die Gelder der Gewerkschaften und Konsumgenossenschaften. Im Ständestaat wird die Arbeiterbank zwangsliquidiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte  die Neugründung durch den Gewerkschaftsbund ÖGB.

In den 90er-Jahren kommt die Bawag wegen umstrittener Karibikgeschäfte in die Schlagzeilen. Sie mussauf Behörden-Druck die Geschäfte stoppen. Der neue Generaldirektor Helmut Elsner nimmt die riskanten "Karibikgeschäfte" jedoch wieder auf. Die Bank ist auch Hauptfinancier des bankrotten Konsum.

1996 steigt die Bayerische Landesbank ein und übernimmt das "Konsum"-Paket.  Zwei Jahre später geht die Bank ein Joint Venture mit dem US-Broker Refco ein. Wieder zwei Jahre später, im jahr 2000, kauft die  Bawag die P.S.K. für 1,28 Milliarden Euro.

Wolfgang Flöttl, Sohn des früheren Bawag-Chefs, verspekuliert viele hundert Millionen Euro. Die Bank kann nur dank ÖGB-Garantie bilanzieren. Der ÖGB kauft dann den Bawag-Anteil von der BayernLB zurück. Der Ausstieg aus Refco erfolgt.

Die Spätfolgen der Koooperation mit Refco lösen jedoch ein Erdbeben aus: Am 10.10. 2005 überweist die Bawag einen Blitz-Kredit an Refco/Phillip Bennett. Bennett wird entlassen, sogar vorübergehend verhaftet. Refco stoppt drei Tage später die Geschäfte wegen Liquiditätsmangels. Die Bawag droht den 425 Millionen Euro schweren Kredit an Refco/Bennett zu verlieren.  Die New Yorker Börse streicht Refco vom Kurszettel, die Refco-Gruppe ist insolvent.

2006 wird Ewald Nowotny Bawag-Chef

Offshore-Firmen und Karibik-Spekulationen werden bekannt, die Bank gesteht hohe Verluste aus dem Jahr 2000 ein. Vier Vorstände und ÖGB-Chef Verzetnitsch müssen zurücktreten. Der ÖGB beschließt den Verkauf. Refco-Gläubiger stellen Milliardenforderungen an die Bank, Bawag-Konten in den USA werden eingefroren, es kommt zu massiven Geldabflüssen aus der Bank.  Bund, Banken und Versicherungen fangen die Bawag mit Bundesgarantie und Zusage für Kapitalspritze auf. Ein milliardenschwerer Vergleich mit Refco-Opfern bringt der Bank Rechtssicherheit. Im Dezember 2006 erhält der US-Fonds Cerberus den Zuschlag für den Kauf. Gemeinsam mit drei anderen Investoren werden 3,2 Milliarden Euro bezahlt.

Ein Börsengang der Bawag wird schon seit mehreren Jahren erwartet. Mit den Erlösen aus dem Börsengang will die Bawag ihre Expansion finanzieren. Im Gegensatz zu anderen österreichischen Geldhäusern wie der Erste Group oder Raiffeisen Bank International hat die Bawag ihren Geschäftsschwerpunkt in Österreich und nicht in Osteuropa. Auch künftig will sich die Bank vor allem in Westeuropa nach Zukäufen umsehen.

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