Amazon lockt die Shoppingmuffel

Amazon will offenbar alles vermeiden, was beim Onlineshoppen nervt.
Amazon will offenbar alles vermeiden, was beim Onlineshoppen nervt.REUTERS
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Der Start des neuen Amazon-Modeshops steht offenbar kurz bevor. Der Internetriese will es so komfortabel wie möglich machen, Kleidung online einzukaufen. Bezahlt wird erst eine Woche nach der Lieferung.

Wien/Seattle. Amazon breitet sich aus: Lebensmittel, Kleinkredite, Autos – kein Bereich, in dem sich der Onlinehändler nicht gute Chancen ausrechnet. Dass Amazon groß ins Bekleidungsgeschäft einsteigen will, ist bekannt – bislang war das Angebot aber nur als Testversion für einige Mitglieder in den USA verfügbar. Jetzt mehren sich die Anzeichen, dass der offizielle Start kurz bevorsteht.

Erstens wurde Amazon Prime Wardrobe zuletzt für mehr Mitglieder geöffnet. Zweitens setzten Amazon-Mitarbeiter Twitter-Meldungen ab, laut denen das Bekleidungsgeschäft soeben gestartet sei. Das stimmt zwar nicht, und der Tweet wurde gelöscht – Branchenmedien werten ihn aber als Indiz für einen baldigen Start.

Warum ist das interessant? Da Einkaufen im Internet mit Amazon deutlich komfortabler werden könnte, als man es gewöhnt ist. Das Konzept ist einfach: Man bestellt zwischen drei und 15 Kleidungsstücke und Accessoires, probiert sie an und schickt alles, was nicht gefällt, im vorfrankierten Paket zurück oder lässt es von zu Hause abholen. Dafür hat man sieben Tage Zeit – erst dann wird das Bankkonto oder die Kreditkarte belastet. Gratislieferung und Rücksendung verstehen sich von selbst, wer viel bestellt, bekommt große Rabatte. Amazon will offenbar alles vermeiden, was beim Onlineshoppen nervt.

„Wir haben das einfache Ziel, bei den Kunden zur beliebtesten Adresse für Modekäufe zu werden“, teilte Amazon schon vor einigen Monaten mit. Laut Wells Fargo hat Amazon in den USA bei Kleidungs- und Schuhverkäufen in den USA bereits alle außer Wal-Mart hinter sich gelassen.

Zehn bis 20 Euro pro Retoure

Das neue Konzept erinnert auch vom Design her stark an jenes des deutschen Konkurrenten Zalando. Amazons Vorteil ist, dass der Konzern die Vorlieben von 300 Millionen Kundenkonten auswerten kann, Zalando nur von 22. Eine andere Frage ist, wie Amazon damit Geld verdienen will. Die hohe Retourenquote macht es Onlinehändlern schwer – etwa jedes zweite Kleidungsstück geht zurück. Studien zufolge müssen die Firmen zwischen zehn und 20 Euro pro Retoure kalkulieren. Zalando schaffte 2014, sechs Jahre nach der Gründung, erstmals einen Gewinn. Zuletzt lag er bei 200 Millionen Euro, das Unternehmen teilte aber mit, künftig wieder mehr auf Wachstum statt auf Erträge zu setzen.

Mit dieser Strategie wurde auch das Imperium von Jeff Bezos groß, und so wird es der Multimilliardär wohl auch im Modegeschäft halten. Amazon schrieb neun Jahre nach der Gründung zum ersten Mal schwarze Zahlen.

Kunden außerhalb der USA müssen sich übrigens noch gedulden, ein Starttermin für Amazon Prime Wardrobe wurde noch nicht genannt. Auch die Testversion gibt es derzeit nur in den USA. Die Amazon-Aktie lag am Freitagnachmittag leicht im Minus. (bin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2018)

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