Handy-Kodex: AK fürchtet um Verbraucherschutz

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The Wider Image: Phones and the cityREUTERS
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Die Pläne der EU zur Vollharmonisierung der Telekom-Gesetze bedrohten gut funktionierende nationale Konsumentenrechte, warnt die Arbeiterkammer. Infrastrukturminister Leichtfried will in Brüssel kämpfen.

Wien. 2409 Streitschlichtungsverfahren registrierte der Telekom-Regulator (RTR) 2015 – um 37 Prozent weniger als im Jahr zuvor. RTR-Chef Johannes Gungl und auch die Arbeiterkammer führen dies auf die strengen Regeln, etwa zu kostenpflichtigen Mehrwertdiensten, zurück. Jetzt drohen die bestehenden Schutzmaßnahmen bei der Handy- und Internetnutzung massiv aufgeweicht zu werden, warnt Christoph Klein, Direktor der Arbeiterkammer (AK) Wien.

Den Grund liefert just die EU, die sämtliche nationalen Vorschriften im Telekombereich in einem Kodex harmonisieren will. Die Konsultationen im EU-Rat beginnen dazu im Jänner. Kommt der Kodex wie geplant 2018, würden die hohen nationalen Standards beim Konsumentenschutz ausgehebelt, fürchtet Klein.

Schützenhilfe bei seinem Anliegen, im Gleichschritt mit der RTR auf die EU entsprechend einzuwirken, erhält die AK von Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ). „Harmonisierung ja, aber nur dort, wo es sinnvoll ist“, betont der Minister. „Ich werde mich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass die hohen Schutzstandards in unserem Land erhalten bleiben.“ Mit RTR-Chef Gungl haben Leichtfried und Klein übrigens nicht nur einen Verbündeten, sondern einen Fuß direkt in Brüssel. Denn Gungl ist 2017 Vize und 2018 Chef der europäischen Telekom-Regulierungsbehörde (Berec).

Ein besonderer Dorn im Auge ist Klein der geplante Wegfall der 2012 eingeführten „Kostenbremse“, die exorbitanten Rechnungen einen Riegel vorschob. Handynutzer werden per SMS informiert, wenn sie Datenvolumen im Wert von 30 Euro verbraucht haben. Wird die Kostenobergrenze von 60 Euro erreicht, sperrt der Anbieter den Anschluss – außer der Konsument teilt ausdrücklich mit, dass er das Limit überschreiten möchte.

Handypreis „nachzahlen“?

Aber auch die Überprüfung der Geschäftsbedingungen durch die RTR, die widersprechen kann, wenn die Bedingungen gegen Telekom- oder Konsumentenschutzrecht verstoßen, soll wegfallen. Und auch bei der vorzeitigen Vertragskündigung könnte es Nachteile für die Verbraucher geben. Wer künftig seinen Vertrag rechtmäßig kündigt, soll nach dem EU-Vorschlag eine Abschlagszahlung für vergünstigte Handys oder andere Vorteile (zum Beispiel Handyguthaben) leisten müssen. Konsumenten müssen dann den Zeitwert verbilligter Handys oder anderer „Angebotsvorteile“ ersetzen, warnt Klein. Auch könnte die maximale Mindestvertragsdauer von 24 Monaten fallen.

Wie wichtig Konsumenteninformation und -schutz vor allem bei der Internetnutzung auf dem Smartphone ist, zeigt eine einzige Zahl: Österreicher haben heuer im zweiten Quartal 127.730 Terabyte Datenvolumen verbraucht. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es laut dem RTR-Telekom-Monitor erst 64.830 Terabyte. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2016)


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