Privatinsolvenzen dürften sich 2018 verdoppeln

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Kreditschützer erwarten, dass sich die Zahl der Privatinsolvenzverfahren im nächsten Jahr auf 15.000 verdoppeln könnte. Der Grund dafür ist das neue Privatinsolvenzrecht, das am 1. November in Kraft tritt.

Wien. Die Zahl der Privatinsolvenzverfahren könnte sich 2018 auf 15.000 verdoppeln, erwarten Experten. Grund ist das Zuwarten auf die neuen Privatinsolvenzrechtsregeln, die am 1. November in Kraft treten. Zuletzt gab es einen regelrechten Einbruch bei der Zahl der eröffneten Privatinsolvenzverfahren. Auch die Firmenpleiten sind in den ersten neun Monaten 2017 im Zehnjahrestief.

Laut Insolvenzstatistik des Gläubigerschutzverbandes Creditreform gab es bei den Firmeninsolvenzverfahren einen Rückgang um sechs Prozent auf 3924 Fälle. Die Zahl der eröffneten Verfahren ist um 7,1 Prozent auf 2327 gesunken. Das entspricht dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren. In 1597 Fällen wurden die Insolvenzanträge mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Die Höhe der Insolvenzverbindlichkeiten beläuft sich auf rund eine Mrd. Euro. Rund 12.000 Arbeitsplätze waren betroffen. Die Insolvenzursachen liegen hauptsächlich in kaufmännischen Fehlern der Geschäftsführung, im verstärkten Konkurrenzkampf, der sich in sinkenden Preisen und Margen niederschlägt.

Arbeitslosigkeit als Hauptursache

Ein noch größeres Minus gab es bei den Privatinsolvenzen. Laut Creditreform ist die Anzahl der Insolvenzen von Privatpersonen um rund 20 Prozent auf 5653 Verfahren zurückgegangen. Weniger Insolvenzen gab es nur im Jahr 2006. Die Anzahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren ist hierbei um 22,6 Prozent auf 4796 Verfahren gesunken. Die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzanträge haben sich auf 857 Verfahren eingependelt.

Hauptursachen sind Arbeitslosigkeit, gescheiterte Selbstständigkeit und der falsche Umgang mit Geld. Die Durchschnittsverschuldung liegt laut Schuldnerberatern bei rund 70.000 Euro. „Alle warten auf den 1. November“, kommentierte Creditreform-Geschäftsführer Gerhard Weinhofer den bisherigen Rückgang der Privatpleiten. Dann tritt das neue Privatinsolvenzrecht in Kraft.

Seit Bekanntwerden des neuen Gesetzes, das die Entschuldung etwas erleichtern soll, seien die Insolvenzeröffnungsanträge seit dem Frühjahr kontinuierlich zurückgegangen. „Die wahrscheinlich ab dem vierten Quartal stark zunehmenden Insolvenzanträge werden erst im kommenden Jahr wieder zu mehr Privatinsolvenzverfahren führen“, so Weinhofer. „Es ist durchaus vorstellbar, dass sich dann die Zahl der Insolvenzen auf 15.000 Verfahren verdoppelt.“

Mit 1. November wird die Entschuldung für Private insofern potenziell leichter, da das Abschöpfungsverfahren von sieben auf fünf Jahre verkürzt wird und auch die bisherige Zehn-Prozent-Quote fällt. Ein Zahlungsplan bleibt zwar ein Muss, eine verpflichtende Quote gibt es aber nicht mehr. Der Schuldner muss nachweisen, dass er sich um eine Arbeitsstelle bemüht, wenn er keine hat. Redliche und unverschuldet in die Pleite geschlitterte Menschen sollen von jenen unterschieden werden, die grob fahrlässig oder selbst verschuldet ihre Schulden angehäuft haben.

Als Übergangsregel dürften Betroffene auch in derzeit schon laufenden Fällen einen Antrag auf Restschuldbefreiung ohne Mindestquote stellen. Damit müssen sie nicht mehr die Quote aus dem Existenzminimum bedienen. „Für betroffene Menschen bedeutet das eine große Erleichterung, die schon jetzt in den Schuldenberatungen bemerkbar ist“, sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen. Damit könne die Schuldenberatung Menschen eine Perspektive anbieten, „egal wie hoch die Schulden sind und auch wenn nur ein geringes Einkommen vorliegt“.

Stärkster Rückgang in Oberösterreich

Ein Bundesländervergleich zeigt bei den Privatinsolvenzen den stärksten Rückgang in Oberösterreich (minus 24,7 Prozent), in Vorarlberg (minus 22,8 Prozent) und im Burgenland (minus 21,3 Prozent). 38 Prozent aller Privatinsolvenzen finden in Wien statt. Die Bundeshauptstadt ist auch Spitzenreiter bei der absoluten Zahl an Insolvenzen (2155 Fälle), ebenso bei der relativen Insolvenzbetroffenheit: Mit fast 16 von 10.000 erwachsenen Wienern ist die Insolvenzgefährdung der Einwohner der Bundeshauptstadt doppelt so hoch wie für den Durchschnittsösterreicher. Österreichweit wurden zuletzt acht von 10.000 Erwachsenen zahlungsunfähig. Bei den Firmeninsolvenzen wurde der stärkste Rückgang in Vorarlberg (minus 21,0 Prozent), Burgenland (minus 17,3 Prozent) und Steiermark (minus 15,7 Prozent) verzeichnet. Gegen den Trend stiegen die Insolvenzen nur in Niederösterreich (plus 11,8 Prozent). (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2017)

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