Eiffelturm: Die "tragische Straßenlaterne" wird 125

eiffelturm in paris wahrzeichen vor blauem himmel im fr�hling architektur aussicht
eiffelturm in paris wahrzeichen vor blauem himmel im fr�hling architektur aussicht(c) imago/JuNiArt (imago stock&people)
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Als "Skelett von einem Glockenturm" wurde er beschimpft, sein Abriss wurde verlangt: Am 31. März 1889 wurde der Eiffelturm in Paris eröffnet.

„Das Empfinden der Bürger lässt sich in einem Satz zusammenfassen, den ich aus dem Munde eines braven Manns vernommen habe, nachdem er fünf Minuten lang mit offenen Munde vor dem Turm gestanden hatte: Europa kann einpacken!" Es ist der Eiffelturm in Paris, das bis dahin größte Gebäude der Welt, von dem in der französischen Presse am 31. März 1889 die Rede ist. An jenem Tag wurde der schmiedeeiserne Koloss eröffnet - als (verhasster) Höhepunkt der nahenden Weltausstellung.

Im Jahr 1884 beschließt Frankreichs Staatsoberhaupt Jules Grévy, ein Zeichen setzen zu wollen - und zwar zu Ehren des nahenden 100. Jahrestages der Französischen Revolution. Grévy beschließt, im Jubiläumsjahr 1889, eine Weltausstellung in der Hauptstadt abzuhalten. Höhepunkt derer soll - dem damaligen Zeitgeist entsprechend - ein Turm sein. Eine Ausschreibung wird angesetzt, den Zuschlag erhält Ingenieur Gustave Eiffel. Die Idee zum Turm stammt jedoch nicht von dem Unternehmer, sondern von den Ingenieuren Emile Nougier und Maurice Koechlin.

„Monströser Eiffelturm im Herzen unserer Hauptstadt"

Eiffel selbst ist zunächst skeptisch, überarbeitet die Pläne von Nougier und Koechlin mithilfe des Architekten Stephen Sauvestre. Zuletzt sichert er sich doch das Patent, erhält 1,5 Millionen Francs staatlichen Zuschuss (rund 20 Prozent der Baukosten; der Rest, rund 6.240.000 Francs,  wurde über eine Aktiengesellschaft aufgebracht) und lässt die Bauarbeiten am 26. Jänner 1887 beginnen - begleitet von einer Welle des Protests. So heißt es in der Zeitschrift „Le Temps" vom 14. Februar 1887: „Wir, Schriftsteller, Maler, Bildhauer, Architekten und leidenschaftliche Liebhaber der bis jetzt noch intakten Schönheit von Paris, protestieren hiermit ... gegen die Errichtung des nutzlosen und monströsen Eiffelturms im Herzen unserer Hauptstadt..." Auch der Sprachphilosoph Léon Bloy kritisiert die „wirklich tragische Straßenlaterne", Lyriker Paul Verlaine ortet ein „Skelett von einem Glockenturm", Dramatiker François Coppée einen „Eisenmast mit starrer Takelage, unvollkommen, konfus und unförmig".

Eiffel lässt sich nicht beirren. „Glaubt man denn, weil wir Ingenieure sind, würde uns die Schönheit in unseren Konstruktionen nicht kümmern, und dass wir uns nicht anstrengen, etwas Elegantes zu schaffen, weil wir zugleich etwas Solides und Dauerhaftes bauen?", soll er sich gewundert haben.

Von der Meteorologie zum Treppenrennen

18.038 Bauteile werden für die Konstruktion verarbeitet, bis zu 250 Arbeiter sind beschäftigt, ein Mann verliert sein Leben. Zwei Jahre später, am 31. März 1889, ist der 300 Meter hohe, mit etwa 1700 Stufen versehene und rund 10.000 Tonnen schwere Turm fertig. Und die Kritik beginnt zu verstummen. Denn mit der Eröffnung der Weltausstellung in Paris am 6. Mai kommen die Touristen: Gleich in der ersten Woche besuchen 28.922 Personen den Eiffelturm, am Jahresende sind es fast zwei Millionen.

Um den Turm vor dem Abriss zu schützen - ursprünglich war vorgesehen, ihn nur 20 Jahre lang zu nutzen - sucht Eiffel einen Zweck für das Stahlkonstrukt. Er installiert eine meteorologische und astronomische Beobachtungsstation. 1903 erfolgen erste Funkversuche, 1905 findet ein Treppenrennen statt, in den 1920er-Jahren werden Radiosendungen ausgestrahlt, in den 1930ern Fernsehversuche gemacht. Die Fernsehantenne verlängert 1957 den Turm auf 320 Meter.

Heute zählt der Eiffelturm pro Jahr an die sieben Millionen Besucher - und gehört damit zu den meistbesuchten Wahrzeichen der Welt. Seit 1964 ist er denkmalgeschützt, seit 1986 findet er sich in der Liste der „Historischen Meilensteine der Ingenieurbaukunst". Für die Pariser selbst ist er zum „Freund" geworden, wie der Literaturwissenschaftler Roland Barthes in dem Buch „La Tour Eiffel" festhält. Denn das Bauwerk sei „so sehr Bestandteil des täglichen Lebens", dass den Franzosen kein Attribut mehr für ihn einfalle.

(hell)

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