Schiff der 1845 verschollenen Franklin-Expedition gefunden

EIn Ultraschallbild von Parks Canada zeigt eines der beiden verschollenen Franklin-Schiffe.
EIn Ultraschallbild von Parks Canada zeigt eines der beiden verschollenen Franklin-Schiffe.(c) REUTERS (HANDOUT)
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Die Expedition des britischen Entdeckers John Franklin in die Nordwest-Passage vor 170 Jahren endete in einer Katastrophe – das „Mysterium der Arktis“ wurde nun teilweise gelöst: Eines der Franklin-Schiffe wurde entdeckt.

Eines der großen Rätsel der Arktiserforschung ist weitgehend gelöst: Kanadische Wissenschaftler entdeckten in den eisigen Gewässern der Nordwest-Passage Nord-Kanadas eines der beiden Schiffe des britischen Seefahrers und Forschers Sir John Franklin, die seit fast 170 Jahren verschollen sind. Franklin war bei dem Versuch, die legendäre Schiffsroute durch die Inselwelt des heutigen Kanadas vom Atlantik in den Pazifik zu finden, zusammen mit seiner rund 130 Mann zählenden Crew ums Leben gekommen. Nach dem zweiten Schiff soll weiter gesucht werden.

Die Frage, wo die Franklin-Schiffe geblieben sind, bewegt seit dem Verschwinden der Expedition bald nach 1845 in Kanadas Arktis Generationen von Arktisforschern und Historikern. Strahlend gab Kanadas Premierminister Stephen Harper, der persönlich großes Interesse an der Suche nach den Franklin-Schiffen gezeigt hat, den Fund  am Dienstagmorgen einem Labor in Ottawa bekannt. „Wir haben eines der beiden Franklin-Schiffe gefunden“, sagte er zum Applaus der Mitarbeiter des Forschungsinstituts der Nationalparkbehörde Parks Canada. Eines der größten Mysterien Kanadas sei gelöst.

"Erebus" und "Terror"

Die Regierung Harper hat seit 2008 sechs Expeditionen in die Arktis geschickt, um die Schiffe zu suchen. Ob es sich bei dem auf dem Meeresboden entdeckten Schiff um die HMS (Her Majesty´s Ship) Erebus oder die HMS Terror handelt, mit denen Franklin 1845 England auf der Suche nach dem Seeweg von Europa nach Asien verlassen hatte, ist noch nicht bekannt.

Kanadas Premierminister Stephen Harper präsentierte gemeinsam mit Unterwasser-Archäologe Ryan Harris von Parks Canada den sensationellen Fund.
Kanadas Premierminister Stephen Harper präsentierte gemeinsam mit Unterwasser-Archäologe Ryan Harris von Parks Canada den sensationellen Fund.(c) REUTERS (CHRIS WATTIE)

Bei der Bekanntgabe des Fundes wurden Bilder vom Schiffskörper gezeigt, die von einem ferngesteuerten Unterwasserfahrzeug mit Sonar (also Schall) gemacht wurden. Die Fundstelle liegt im Bereich der Victoria-Straße zwischen der Victoria- und der King William-Insel in etwa elf Meter Tiefe. Dieses Gebiet der Nordwest-Passage gilt seit vielen Jahren als wahrscheinliche Untergangsstelle der Schiffe. „Dies ist ein historisches Ereignis“, sagte Harper. Die Entdeckung sei ein wichtiger Tag, bei der „Aufzeichnung der Geschichte unseres Landes“.

Grußbotschaft der Queen

1992 hatte Kanada die noch unentdeckten Wracks zu „nationalen historischen Orten“ erklärt. Obwohl die Schiffe britisches Eigentum sind, gab Großbritannien Kanada das Recht, die Schiffen zu suchen und zu bergen. Die britische Königin Elizabeth II., sie ist das Staatsoberhaupt Kanadas, ließ eine Grußbotschaft an Kanadas Regierung übermitteln und bekräftigte die "historische Bedeutung" des Fundes. 

Eine weitere Bodenaufnahme des Schiffsfund.
Eine weitere Bodenaufnahme des Schiffsfund.(c) APA/EPA/PARKS CANADA / HANDOUT (PARKS CANADA / HANDOUT)

Die Suche nach den Franklin-Schiffen wurde oft mit der Suche nach dem Wrack der Titanic verglichen. Marc-Andre Bernier, Unterwasser-Archäologe von Parks Canada, bezeichnete die Franklin-Schiffe als „Heiligen Gral der Wracks in kanadischen Gewässern“. William Barr, Historiker am Arctic Institute in Calgary, meinte, das Verschwinden der Schiffe sei „einer der kanadischen Mythen“. Auf jeden Fall spielen sie in der Geschichte Kanadas und der Nordwest-Passage eine wichtige Rolle. Die Suche nach den Franklin-Schiffen ist auch Teil der Arktispolitik Harpers, mit der die Regierung die kanadische Souveränität über Land und Wasser der Arktis stärken will. Da die Nordwest-Passage in Zukunft stärker von der internationalen Schifffahrt genutzt wird und dort die Souveränitätsrechte umstritten sind, ist es für Kanada zumindest symbolisch wichtig, durch die Entdeckung der Schiffe seine enge Beziehung zur Nordwest-Passage zu unterstreichen und seine Hoheitsrechte zu untermauern.

Karte der wahrscheinlichsten Route, die Franklins Expedition genommen haben könnte.
Karte der wahrscheinlichsten Route, die Franklins Expedition genommen haben könnte.(c) Wikipedia/OppositeLock

Der britische Kapitän Si John Franklin (*1786), er war zeitweise Gouverneur von Tasmanien, hatte im Mai 1845 mit HMS Erebus und der Terror sowie knapp 130 Mann Besatzung England verlassen. Sein Ziel: die Nordwest-Passage zu finden, die den Seeweg zwischen Europa und Asien deutlich verkürzen würde. Wie andere vor ihm scheiterte er, aber seine Expedition endete nicht nur erfolglos, sondern in einer Katastrophe. Die Schiffe blieben im Eis stecken und die Besatzung musste dreimal im arktischen Eis überwintern. Auf der King William-Insel wurde später eine unter einem Steinhaufen zurückgelassene Botschaft gefunden, wonach Franklin am 11. Juni 1847 starb und bereits zuvor 23 Besatzungsmitglieder gestorben waren.

Todesmarsch in der Eiswelt

Zu Fuß versuchten die Überlebenden 1848, einen Posten der Handelsgesellschaft Hudson Bay Company etwa 350 Kilometer weiter im Süden zu erreichen, aber sie kamen nie an. Die noch etwa 105 Männer verschwanden in der Eiswüste bzw. Tundra, später gab es Berichte von Inuit, die von umherirrenden Weißen erzählten, von Kannibalismus ist die Rede. Später wurden einige Skelette gefunden, zudem drei Gräber auf einer Insel von zuvor verstorbenen Seeleuten der Expedition; diese Gräber auf Beechey Island sind noch heute erhalten

Die zwei Schiffe blieben verschollen. Aufgrund der Funde entlang des Wegs der Franklin-Expedition und Erzählungen der Inuit wurden die Erebus und Terror im Queen Maud-Golf, in der Victoria Strait oder angrenzenden Abschnitten der Nordwest-Passage vermutet. Viele Expeditionen wurden in die kanadische Arktis geschickt, um die Schiffe Franklins zu finden und zu ermitteln, wie weit sie kamen. Vor allem zwischen 1847 und 1850 suchten zahlreiche britische und amerikanische Schiffe und Überlandexpeditionen nach den Vermissten, es war die bis damals größe Suchaktion der Geschichte. Man hoffte, dadurch auch mehr über das Schicksal derer zu erfahren, die den nahezu aussichtslosen Versuch unternahmen, eine Siedlung zu erreichen.

Der exakte Fundort eines der Schiffe der verschollenen Expedition wurde vorerst nicht publik gemacht. Er liegt jedenfalls dicht vor der Küste der King-William-Insel (siehe GoogleMap) in der kanadischen Arktis, vermutlich südlich der Insel.

Sir John Franklin
Sir John Franklin(c) Wikipedia/Kekator

Bereits am Montag hatte sich angedeutet, dass die Entdeckung der Schiffe nur noch eine Frage der Zeit sein werde. Auf einer Insel in der Victoria Strait in Kanadas Arktis hatten Archäologen zwei Ausrüstungsgegenstände gefunden, die offenbar von den Schiffen Erebus und Terror stammen.

Verräterische neue Fundstücke

Die beiden Fundstücke stammten „sicherlich“ von den Franklin-Schiffswracks und die Fundstelle bestätige die mündlichen Überlieferungen der Inuit aus dem 19. Jahrhundert über Schiffswracks am Süden der King William-Insel, erklärte die Regierung des kanadischen Arktisterritoriums Nunavut. Ihre Archäologen gehören zu dem Team, das nach den Schiffen sucht. Der Fund stelle „ein wichtiges Stück in der Geschichte unseres Territoriums dar“, sagte Nunavut-Premier Peter Taptuna.

Die Gräber auf Beechey Island mit den Seeleuten John Torrington, William Braine und John Hartnell.
Die Gräber auf Beechey Island mit den Seeleuten John Torrington, William Braine und John Hartnell.(c) Wikipedia/Ansgar Walk

Gefunden wurden eine eiserne Klammer, die als Teil eines Bootskrans identifiziert wurde, mit dem Rettungsschiffe zu Wasser gelassen werden. Gravuren auf dem sogenannten Fitting belegen nach Einschätzung der Archäologen und Historiker, dass das Teil von einem Franklin-Schiffswrack, jedenfalls von einem damaligen Schiff der Royal Navy, stammt. Gefunden wurde auch ein Holzstück, das vermutlich als Pfropfen für eine „Klüse“ diente, durch die Ketten etwa für den Anker durch die Schiffswand oder das Schiffsdeck geführt werden.

Die beiden Schiffe der Franklin-Expedition
Die beiden Schiffe der Franklin-Expedition "Erebus" and "Terror".(c) Wikipedia/Kekator

Die Suche nach den Schiffen hat nicht nur historischen Wert. Bei den Expeditionen wird der weitgehend unkartografierte arktische Meeresboden vermessen. Bisher wurden mehr als 1200 Quadratkilometer Meeresboden kartografiert. Angesichts der zunehmenden Schifffahrt in der Arktis ist diese Vermessung von großer Bedeutung für die Sicherheit von Kreuzfahrtschiffen und Frachtern, die durch die Nordwest-Passage fahren.

Die Vermessung einer neuen Welt

„Wir erstellen eine neue Generation von Schifffahrtskarten“, erläuterte dieser Tage der Unterwasser-Archäologe Ryan Harris in einem Telefongespräch mit der "Presse" von Bord eines der Suchschiffe. Ziel ist es, sichere Wege zwischen den Inseln zu finden. „Wenn wir Routen finden, die die Ankunft von Rettungsmannschaften an einem Unglücksort um mehrere Stunden verkürzen können, dann kann dies entscheidend für das Überleben von Betroffenen sein“, meint Harris.

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