Der erste Opernball – nach dem Bürgerkrieg

Wiener Staatsoper
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1935. Das Eröffnungskomitee „aus den ersten Wiener Familien“ – so schwärmte die „Neue Freie Presse“.

Es war wie ein Who's who des österreichischen Ständestaats – das Jungdamen- und Herrenkomitee: Doblhoff und Ender, Gerngroß und Lovrek, Miklas und Piatnik, Riedl-Riedenstein, Schmitz, Schoenfeld, Verdroß, Angeli, Eiselsberg, Mitscha-Mörheim, Walterskirchen, Pereira-Arnstein, Redlich, Schaukal, Spitzy. . .

Die jungen Damen und Herren eröffneten am 26. Jänner 1935 den ersten Ball in der Wiener Staatsoper – ein fulminantes Spektakel, ein Fest für alle Sinne in einer trüben Zeit. Der Bürgerkrieg zwischen Schwarz und Rot war noch nicht einmal ein Jahr her, die Ermordung des christlichsozialen Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß durch junge Nazis vor einem halben Jahr stand noch in trauriger Erinnerung vor Augen.

Gerade deshalb bestand der Nachfolger, der strenge und spröde Kanzler Kurt von Schuschnigg, auf diesem heiteren Staatsball. Gab es vorher nur Opernredouten, so sollten diesmal und für alle weiteren Zeiten Pracht und Prunk entfaltet werden.

Schon die Auffahrt der Gäste war für die wahrlich nicht verwöhnten Gratiszuschauer ein Augenschmaus: „Ordenbänder, Frackmäntel, Uniformen, Pelzcapes, Toilettenandeutungen. . .“: Der uns unbekannte Reporter der „Neuen Freien Presse“ benötigte zwei Ausgaben, um alle teuren Roben schildern zu können. „Verblüffend, überwältigend der erste Eindruck des Riesenballsaales aus Zuschauerraum und Bühne“, schwärmte unser Kollege einst. „Ein schimmernder Traum von Lichtern, Pflanzen, Blumen und dekorativen Einfällen, daß man das würdig feierliche Opernhaus beinahe nicht erkennt.“

Und dann diese Opulenz an großen Abendkleidern, Stilkleidern, Pelzideen, Frisuren und Perücken, an Federn und Schmuck. Noch dazu vor den Augen der politischen Prominenz und der guten Wiener Gesellschaft. Versteht sich von selbst, dass die „achtzig Tanzpaare des Jugendkomitees aus den Töchtern und Söhnen erster Wiener Familien“ kamen.

Vielleicht aber war's doch ein Fräulein, von der Redaktion dorthin entsandt? Die detailverliebte Schilderung der Roben lässt uns dies vermuten. „Frau Bundespräsident Leopoldine Miklas in schlichtem, weich fließendem, schwarzem Crèpesatinkleid, Fräulein Hilde Miklas in blauem Velourschiffon mit rotem Vêtement, Frau Vizekanzler Fürstin Marilies Starhemberg in einem schleppenden rosa Silberspitzenkleid mit Blüten und Brillantendiadem. Frau Minister Malvine Fey in nachtblauem Velours-sans-peur-Kleid“ usw., usw. Es handelte sich natürlich nicht um weibliche Regierungsmitglieder, sondern um die jeweiligen Gemahlinnen der hohen Würdenträger.

Dazwischen schwindelt die Zeitung rasch eine entgeltliche Einschaltung: „Das strahlende Aussehen der schönsten Frauen am Opernball: Ein neuer Erfolg der Make-up-Methode von Elizabeth Arden.“

Bis einschließlich 1939 fand der Opernball statt, der letzte trotz aller Spannungen auf ausdrückliche Anordnung der deutschen Reichsregierung. Dann folgten Krieg und Zerstörung des Opernhauses. Am 9. Februar 1956 feierte der Ball im wieder hergestellten Haus am Ring seine allseits gefeierte Wiederauferstehung. (hws)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2015)

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