EU: Briten stimmten schon einmal über Verbleib ab

Symbolbild: Großbritannien
Symbolbild: Großbritannien(c) REUTERS (PETER NICHOLLS)
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Bis 2017 will Großbritannien über seinen Verbleib in der EU abstimmen. Neu ist das nicht: Schon am 5. Juni 1975 wurden die „eigenwilligen Briten“ befragt.

„Denken Sie, dass das Vereinigte Königreich in der Europäischen Gemeinschaft (dem gemeinsamen Markt) bleiben soll?“ Am 5. Juni 1975 wurden den Briten Stimmzettel mit dieser Frage vorgelegt. Nun, 40 Jahre später, steht eine solche Abstimmung erneut bevor. Premierminister David Cameron will die Briten via Referendum bis 2017 befragen, ob das Land Mitglied der Europäischen Union bleiben soll.

Der Ausblick auf eine wirtschaftliche Gemeinschaft aller europäischer Staaten sorgt in Großbritannien in den 1950ern für Unbehagen. Doch ein eher stockender Wirtschaftsaufschwung in den Folgejahren lässt die Briten ihre Position nochmal überdenken. Sie formulieren einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EWG, bringen ihn 1961 ein – und scheitern doppelt. Denn gleich zwei Mal, 1963 und 1967, lehnt der französische Präsident Charles de Gaulle das Begehren ab. Seine Begründung: Die Briten würden eine „tiefsitzende Feindschaft“ gegenüber einem gemeinsamen Europa aufweisen, ihre Wirtschaft entspräche nicht den Anforderungen und überhaupt habe das Königreich „in all seinem Tun sehr eigenwillige Gewohnheiten und Traditionen“.

Ohne "Boom", mit Skepsis

Als de Gaulle 1969 zurücktritt, versuchen es die Briten erneut – diesmal mit Erfolg. 1973 werden sie, gemeinsam mit Dänemark und Irland, Teil der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Als jedoch der erhoffte Wirtschaftsboom ausbleibt, kocht die Skepsis neuerlich hoch: Harold Wilson von der Labour Party liefert sich mit dem europafreundlichen Premierminister Edward Heath einen hitzigen Wahlkampf. Wilson propagiert, die Beitrittsbedingungen in Brüssel nachverhandeln zu wollen und eine Volksabstimmung abzuhalten. Der Coup macht den Amts-Vorgänger von Heath auch zu dessen Nachfolger und beschert der Insel am 5. Juni 1975 ein Referendum.

Die gestellte Frage, ob das Königreich in der Europäischen Gemeinschaft bleiben soll, beantworten – überraschend – 67,2 Prozent mit „Yes“. Das Abstimmungsergebnis „stellt die Unsicherheit hinter uns“, kommentiert Roy Jenkins, Staatsminister im Innenministerium. „Es bindet Großbritannien an Europa.“

Allzu eng wird die Bindung aber nie: Nirgendwo in Europa sind die Sympathien für die Union so niedrig wie in Großbritannien, wie „Eurobarometer“-Umfragen belegen. Vor allem die Milliardenzahlungen an Brüssel sind vielen – insbesondere Boulevard-Medien – ein Dorn im Auge. Zwar gibt es seit den 1980er-Jahren den „Briten-Rabatt“, doch zählt das Land nach wie vor zu den größten Nettozahlern.

45 Prozent für Verbleib in EU

Trotz vorhandener Skepsis überwiegt – zumindest derzeit – aber die Zahl an EU-Befürwortern im Vereinigten Königreich. Laut einer Umfrage des internationalen Markt- und Meinungsforschungsinstituts „YouGov“ würden aktuell 45 Prozent der Briten für den Verbleib in der Europäischen Union stimmen, 35 Prozent dagegen.

Austritt aus der EU

Ein freiwilliger Austritt eines Mitgliedsstaates aus der Europäischen Union (EU) ist in Art. 50 des EU-Vertrags geregelt. Darin heißt es:

(1) Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten.

(2) Ein Mitgliedstaat, der auszutreten beschließt, teilt dem Europäischen Rat seine Absicht mit. Auf der Grundlage der Leitlinien des Europäischen Rates handelt die Union mit diesem Staat ein Abkommen über die Einzelheiten des Austritts aus und schließt das Abkommen, wobei der Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union berücksichtigt wird. Das Abkommen wird nach Artikel 218 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ausgehandelt. Es wird vom Rat im Namen der Union geschlossen; der Rat beschließt mit qualifizierter Mehrheit nach Zustimmung des Europäischen Parlaments.

(3) Die Verträge finden auf den betroffenen Staat ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens oder andernfalls zwei Jahre nach der in Absatz 2 genannten Mitteilung keine Anwendung mehr, es sei denn, der Europäische Rat beschließt im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat einstimmig, diese Frist zu verlängern.

(4) Für die Zwecke der Absätze 2 und 3 nimmt das Mitglied des Europäischen Rates und des Rates, das den austretenden Mitgliedstaat vertritt, weder an den diesen Mitgliedstaat betreffenden Beratungen noch an der entsprechenden Beschlussfassung des Europäischen Rates oder des Rates teil. Die qualifizierte Mehrheit bestimmt sich nach Artikel 238 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

(5) Ein Staat, der aus der Union ausgetreten ist und erneut Mitglied werden möchte, muss dies nach dem Verfahren des Artikels 49 beantragen.

(hell)

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