Steiermark: Holocaust-Gedenkzentrum in Graz

Ruth Kaufmann, Präsidentin des Israelitischen Kulturvereines Graz.
Ruth Kaufmann, Präsidentin des Israelitischen Kulturvereines Graz.(c) APA/ANNEMARIE HAPPE (ANNEMARIE HAPPE)
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In der Grazer Synagoge wurde am Montag das „Haus der Namen“ eröffnet. Es soll die Geschichte des Holocaust vor allem für Jugendliche aufbereiten.

Graz. Das Haus der Namen ist das erste Holocaust- und Toleranzzentrum Österreichs. Es soll einerseits über die Gräuel des Nationalsozialismus aufklären und an die Opfer der Shoah erinnern. Andererseits will man dort Toleranz und interkulturelle Kommunikation fördern.

Gestern, Montag, wurde das Zentrum in Graz offiziell eröffnet. Initiiert wurde es vom Israelitischen Kulturverein. Seine Eckpunkte sind eine Ausstellung sowie die laufende Forschung zu österreichischen Opfergeschichten.

Untergebracht ist es in der Grazer Synagoge, die vor 77 Jahren, am 9. November 1938, im Zuge der Reichspogromnacht zerstört worden war. Est im Jahr 2000 wurde sie wieder errichtet. Seither ist die Synagoge das Zentrum jüdischer Kultur in der Steiermark, Kärnten und dem Burgenland – allerdings ist die Gemeinde klein: Sie zählt nur rund 80 Mitglieder. Vor der Nazizeit umfasste die jüdische Gemeinde allein in Graz an die 2500 Mitglieder. Sie wurde nahezu ausgelöscht und erholte sich nie mehr. Bereits 1940 erklärte sich die „Stadt der Volkserhebung“ der Nazis als „judenrein“, sagt Ruth Kaufmann, die Präsidentin des Israelitischen Kulturvereines Graz.

Bert und Adele

Die Ausstellung wurde vor allem für Schüler und Jugendliche konzipiert. Im Zentrum stehen zwei Jugendliche, die im Jahr 1938 13 bzw. 14 Jahre alt waren: Bert Kaufmann, der heute 90-jährige Vater Ruth Kaufmanns, den seine Emigration durch drei Kontinente führt. Er hat den Holocaust überlebt. Die zweite historische Figur ist Adele Kurzweil. Ihr Traum, in Amerika Modezeichnerin zu werden, sollte sich hingegen nicht erfüllen. Sie wurde 1942 im KZ Auschwitz ermordet.

Die Erzählungen dieser beiden jungen Menschen führen den Besucher durch die wichtigsten Ereignisse – vom Anschluss über die Pogromnacht bis hin zur Migration bzw. dem Massenmord in Konzentrationslagern. Gestaltet wurde die Ausstellung mit eher schlichten Mitteln: viele Fotos, schriftliche Dokumente.

Im „Toleranz-Teil“ des Zentrums wird das Gesehene dann mit den Jugendlichen nachbereitet – „sie können ihre Gedanken in Worten und Bildern festhalten, und wir knüpfen im Gespräch an das an, was Ideologie und Ausgrenzung anrichten kann“, sagt Kaufmann. Schulen können sich zum kostenlosen Besuch und zur Führung anmelden.

An Subventionen wurden dem Projekt 100.000 Euro von der Stadt Graz und dem Land Steiermark, sowie 41.00 Euro von Zukunftsfonds, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und Nationalbank zur Verfügung gestellt. (APA/KAP)

www.ikv-graz.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2015)

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