Wie das "Gulasch" Niederösterreich seinen "Saft" bekam

Niederösterreich sagte vor 30 Jahren
Niederösterreich sagte vor 30 Jahren "Ja" zu eigener Landeshauptstadt (c) imago stock&people (imago stock&people)
  • Drucken

Vor 30 Jahren stimmten die Niederösterreicher für St. Pölten als eigene Landeshauptstadt. Landeshauptmann Ludwig hatte das Votum mit seinem politischen Schicksal verknüpft.

Vor 30 Jahren sagte Niederösterreich "Ja" zu einer eigenen Landeshauptstadt. Bei einer Volksbefragung am 1. und 2. März 1986 stimmten 56 Prozent dafür. 44,6 Prozent sprachen sich - unter fünf kandidierenden Städten - für St. Pölten aus.

Am 10. Juli 1986 gaben ÖVP und SPÖ, die damals einzigen Parteien im Landtag, die Zustimmung zur Änderung der Landesverfassung. Damit wurde St. Pölten auch offiziell zur Landeshauptstadt.

Initiator der Volksbefragung war der damalige Landeshauptmann Siegfried Ludwig (ÖVP). Vorangegangen war eine jahrzehntelange Diskussion um das Thema NÖ Landeshauptstadt. 1984 hatte Ludwig beim 33. Landesparteitag der Volkspartei ein derartiges Projekt als "kühne, aber durchaus realistische Vision" bezeichnet. Mit dem Volksentscheid verknüpfte er in der Folge auch sein weiteres politisches Schicksal. Hätte sich die Bevölkerung gegen eine eigene Metropole ausgesprochen, wäre er noch 1986 zurückgetreten, ließ Ludwig fünf Jahre später wissen.

Auch andere Städte waren im Rennen

Fast 1,2 Millionen Menschen waren vor drei Jahrzehnten zur ersten landesweiten Volksbefragung in der Geschichte Niederösterreichs aufgerufen. Dabei ging es nicht nur um "Ja oder Nein?" zur Landeshauptstadt, sondern auch um die Bestimmung eines Standortes. Bewerber waren Baden, Krems, St. Pölten, Tulln und Wiener Neustadt. In einer Leerzeile auf dem Stimmzettel bestand außerdem die Möglichkeit zur Nennung einer weiteren niederösterreichischen Stadt nach eigener Wahl.

"Ein Land ohne Hauptstadt ist wie ein Gulasch ohne Saft" wird wohl ewig in Erinnerung bleiben. Es war "der" Slogan in der Kampagne vor der Volksbefragung. Letztlich habe es sich um die "wichtigste Entscheidung" seit der Trennung Wiens und Niederösterreichs gehandelt, hieß es später im Bundesland.

61, 4 Prozent nahmen schließlich an der Volksbefragung teil. 56 Prozent von ihnen sprachen sich für eine eigene Landeshauptstadt, 44 Prozent dagegen aus. Von den fünf Bewerberstädten erhielt St. Pölten mit 44,6 Prozent die meiste Zustimmung vor Krems (29,3 Prozent). Baden (8,2 Prozent), Tulln (5,3 Prozent) und Wiener Neustadt (4,1 Prozent) folgten abgeschlagen. Für eine sonstige Stadt votierten 0,4 Prozent. 8,2 Prozent sagten lediglich "Ja".

Der amtierende Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) gehörte zum Zeitpunkt des historischen Beschlusses bereits der Landesregierung an. Er war damals Finanzreferent und Stellvertreter von Siegfried Ludwig. Der "Vater" der Landeshauptstadt starb am 16. April 2013 im Alter von 87 Jahren.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.