Wiener Mahnmal für Deportationsopfer soll Mitte 2017 fertig sein

Wiener Mahnmal für Deportationsopfer soll Mitte 2017 fertig sein
Wiener Mahnmal für Deportationsopfer soll Mitte 2017 fertig sein(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Eine Jury hat entschieden, wie das Mahnmal am Aspangbahnhof in Wien-Landstraße aussehen wird.

Auf dem Areal des ehemaligen Aspangbahnhofs in Wien-Landstraße wird ein Denkmal für die Opfer von Deportationen errichtet. Die Nationalsozialisten führten hier zwischen 1939 und 1942 Abtransporte von rund 47.000 Menschen - fast ausschließlich Juden - in Ghettos und Konzentrationslager durch. Nun steht fest, wie das Mahnmal, das bis zum Sommer 2017 entstehen soll, aussehen wird.

Die von KÖR (Kunst im öffentlichen Raum) eingesetzte Jury unter Vorsitz von Architektin Marie Therese Harnoncourt wählte in einer Sitzung am gestrigen Montagabend den Entwurf von Prinzgau/Podgorschek zum Siegerprojekt, sagte KÖR-Chefin Martina Taig am Dienstag. Er sieht ein in Summe rund 30 Meter langes Mahnmal vor, das recht direkt auf die grauenhaften Ereignisse an diesem Ort hinweist.

Geplant sind am Boden verlaufende symbolische Schienenstränge aus Beton, die spitz zulaufen und in einem rund 1,2 Meter hohen und sieben Meter langen dunklen Betonblock - er kann auch als Grab gelesen werden - enden bzw. in diesem verschwinden. Die Einreichung stelle auf sehr direkte Weise die Reise ins Ungewisse bzw. in den Tod dar, begründete Harnoncourt  die Wahl der Jury, der auch Vertreter der Stadt, Künstler, Landschaftsplaner und die Zeitzeugin Milli Segal angehörten.

"Leise, subtile und umso eindringlichere Skulptur"

An den Seiten der Betonstränge werden auch die Zahl der Deportierten (47.035) und jene der Überlebenden (1.073) angebracht sein. Der jüdischen Tradition entsprechend können zum Gedenken der Toten kleine Steine auf die Gedenkstätte gelegt werden. Das Mahnmal wird hinter dem Platz der Opfer der Deportation realisiert. Es verläuft parallel zur Aspangstraße und bezieht den schon existierenden Gedenkstein mit ein.

Der Entwurf setze sich auf künstlerische Weise mit dem Grauen, das an diesem Ort stattgefunden habe, auseinander, betonte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ): "Es ist eine leise, subtile und umso eindringlichere Skulptur, deren Bedeutung sich auf den ersten Blick erschließt", lobte der Ressortchef das Siegermodell, das sich im Zuge eines geladenen Wettbewerbs gegen zwei weitere Entwürfe durchgesetzt hat. Fünf Einladungen zur Teilnahme wurden ausgesprochen, drei Künstler(teams) haben Konzepte eingereicht.

Die Stadt stellt für das Gesamtprojekt 330.000 Euro zur Verfügung. Nach Klärung der Details soll nach den Wintermonaten mit der Errichtung begonnen werden. Bis zum Sommer 2017 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.

Aspangbahnhof

Fast 100 Jahre lang hat der Aspangbahnhof in Wien-Landstraße überdauert, bevor er 1977 endgültig abgerissen wurde. 1881 eröffnet, diente die Verkehrsstation zu Monarchiezeiten als Ausgangspunkt für Züge Richtung Süden - bis nach Aspang im Wechselgebiet. Die Fahrt Wien-Aspang betrug drei Stunden und 20 Minuten. Ab Aspang wurde der Verkehr dann über den Wechsel Richtung Graz geführt.

Mit der NS-Machtübernahme spielte die Verkehrsstation dann eine wichtige Rolle in der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik. Ab 1939 wurde hier die Deportation von Juden abgewickelt. Bis 1942 gingen hier zahlreiche Züge ab, die die Menschen zuerst in die sogenannte Auffanglager von Rest-Polen, später nach Theresienstadt, und von diesen weiter u.a. in die Vernichtungslager Auschwitz, Treblinka oder Maly Trostinez transportierten. Dort fand die große Mehrheit der Opfer den Tod.

Von mehr als 47.000 Deportierten kamen nur rund 1.000 Menschen zurück. Angehörige der Volksgruppe der Roma wurden ebenfalls vom Aspangbahnhof in das Lager Litzmannstadt (Lodz) deportiert. Ab 1943 erfolgten die Deportationen vom Nordbahnhof.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Aspangbahnhof unter britischer Kontrolle. Danach verfiel die Strecke mangels Renovierungen zusehends. Mit der Eröffnung der S-Bahn-Haltestelle Rennweg in unmittelbarer Nähe verlor der Aspangbahnhof jede Funktion und wurde für den Personenverkehr gesperrt. Das Bahnhofsgebäude selbst wurde 1977 abgerissen, die Gleisanlagen entfernt bzw. verlegt und das Gebiet Anfang der 2000er-Jahre unter dem Namen "Eurogate" zum Stadtentwicklungsgebiet für Wohnungen, Büros und Grünflächen erklärt.

(APA)

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