KZ-Geldfälscher Adolf Burger ist gestorben

Adolf Burger mit einer Fälschung des britischen Pfund.
Adolf Burger mit einer Fälschung des britischen Pfund.APA/AFP/MICHAL CIZEK
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Der 99-Jährige war einer der letzten Überlebenden der Nazi-Geldfälscherwerkstatt in Sachsenhausen. Auf seinen Erinnerungen beruhte der Oscar-Gewinner "Die Fälscher".

Als Adolf Burger zum ersten Mal die Geldfälscherwerkstatt im Konzentrationslager Sachsenhausen betreten musste, war ihm klar: "Von hier kommst du nie lebendig raus." Die Nationalsozialisten zwangen dort im Zweiten Weltkrieg rund 140 jüdische KZ-Häftlinge, Millionen britischer Pfundnoten zu drucken. Nun ist Burger, einer der letzten überlebenden Häftlinge der Werkstatt, 99-jährig in Prag gestorben.

Auch US-Dollarscheine wurden in Oranienburg nördlich von Berlin unter Aufsicht der SS nachgeahmt, um die Währungssysteme der deutschen Kriegsgegner zu zerrütten. "Eine vom Nazi-Staat errichtete Geldfälscherwerkstatt bedeutet ein Staatsgeheimnis, dessen Zeugen nur der Tod erwartet", erkannte Burger. Doch der gelernte Buchdrucker aus einer slowakisch-jüdischen Familie überlebte. US-Soldaten befreiten ihn wenige Tage vor Kriegsende. Da war die wohl größte Geldfälscherwerkstatt der Geschichte noch in Hitlers imaginäre "Alpenfestung" verlegt worden.

"Ich war ein gewöhnlicher Buchdrucker, aber man hat einen Fälscher aus mir gemacht, als ich das Tor des KZ Sachsenhausen durchschritt", berichtete Burger später. Doch nach Kriegsende wollte ihm niemand so recht glauben schenken. Der Beweis kam erst 1959, als Taucher auf dem Grund des Toplitzsees im Salzkammergut Kisten mit Pfundnoten und Fälscherwerkzeugen fanden. Im Juli 2000 kehrte der US-Fernsehsender CBC an die Stelle zurück. Burger war diesmal bei der Bergungsaktion dabei: "Plötzlich zerriss eines der Pakete und 1000 Stück Pfundnoten schwammen im Wasser umher."

"Ich entschied mich für das Leben"

Burger, der ehemalige Häftling Nr. 64401, widmete sein Leben der Aufklärung über die Schrecken des Holocaust. Er besuchte Tausende Schulklassen, war Präsidiumsmitglied des Internationalen Sachsenhausen-Komitees. Sein Erlebnisbericht erschien als "Des Teufels Werkstatt" auf Deutsch. Seine Erinnerungen dienten als Vorlage für "Die Fälscher": Der Film des österreichischen Regisseurs Stefan Ruzowitzky gewann 2008 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film.

"Nur durch das Erzählen glaubte er, eine Wiederholung der Geschichte verhindern zu können", sagte Christoph Heubner vom Internationalen Auschwitz-Komitee zum Tod des Zeitzeugen, der am 12. August 1917 im heute slowakischen Velka Lomnica zur Welt gekommen war. Wie kaum ein anderer Häftling habe Burger in der Fälscherwerkstatt des KZ Sachsenhausen auch die kriminelle Energie der NS-Täter und ihre Gier nach Geld und Gold kennengelernt.

Was ihn antrieb, beschrieb Burger einmal einem tschechischen Zeitzeugenprojekt: "Nach dem Tod meiner Frau in Auschwitz hatte ich zwei Möglichkeiten: Mich in den Hochspannungsdraht des Lagerzauns zu werfen und tot zu sein. Ich habe mich aber für das Leben entschieden, um darüber zu schreiben, wozu diese Nazis fähig waren." Burgers Frau Gisela wurde im Alter von 22 Jahren in den Gaskammern ermordet.

Nazis untergruben Vertrauen in Pfund

Welchen Schaden das Geldfälschungsprojekt der Nationalsozialisten bei den Alliierten anrichtete, unterstreicht ein Bericht des britischen Geheimdienstes MI5 aus dem Jahr 1945. "Grundsätzlich haben die Deutschen ihr Ziel erreicht, das Vertrauen in die Bank von England im Ausland zu untergraben", hieß es. Die Nazis produzierten schätzungsweise 134 Millionen Pfund - das entsprach dem Wert von 10 Prozent aller Sterling-Noten im Umlauf. Nach dem Krieg mussten die Briten die meisten ihrer Scheine zurückrufen.

Einen Trick kannte Burger indes, um die echten von den falschen Scheinen zu unterscheiden. Die KZ-Häftlinge mussten Löcher in die Scheine stechen, um sie gebraucht aussehen zu lassen. Denn viele Briten trugen die Banknoten mit Sicherheitsnadeln zusammengeheftet in der Hosentasche. Um den Plänen der Nazis einen Strich durch die Rechnung zu machen, stachen die Häftlinge mit der Nadel durch das Wappen - etwas, was ein patriotischer Brite nie tun würde.

(APA/dpa/Michael Heitmann)

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