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Neymar und Ronaldo? Nyilasi und Panenka waren meine Helden!

Das Panini-Sammelheft aus dem Jahr 1983.
Das Panini-Sammelheft aus dem Jahr 1983.(c) Peter Huber
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Serie In der Saison 1984/85 spielten zum letzten Mal fünf Wiener Vereine in der obersten heimischen Fußballliga. Über eine - nur scheinbar - heile Fußballwelt.

Heute scheint das unglaublich: In der Saison 1984/85 spielten fünf Wiener Fußballvereine in der "1. Divison" der Bundesliga: Austria, Rapid, Sportclub, FavAC und Vienna. Die Fußballwelt war aus der Sicht eines zehnjährigen Wiener Buben damals noch schwer in Ordnung.

Mein altes, abgegriffenes Fußball-Sammelalbum aus der Saison 1982/83 beweist, dass die Wiener Omnipräsenz üblich war: bloß statt dem FavAC fand sich darin Simmering (unter Trainer Ernst Dokupil). Für die Austria liefen unter anderem Robert Sara, Karl Daxbacher, Ernst Baumeister und Toni Polster auf - im Tor sorgte Friedl Koncilia für Sicherheit. Rapid wurde von Otto Baric trainiert, Herbert "Funki" Feurer konnte auf seine Vordermänner Hans Krankl, Antonin Panenka, Bernd Krauss und Heribert Weber vertrauen. Franz Hasil trainierte die Vienna und Peter Pacult schoss damals noch Tore für den Sportklub.

Überhaupt gab es zwischen 1978 bis 1988 nur zwei Vereine, die österreichischer Fußballmeister wurden: Austria (sieben Mal) und Rapid (vier Mal). Heute können die Violetten und Grünen davon nur mehr träumen: Von den letzten elf ausgespielten Meisterschaften gingen nur zwei Titel (einmal Austria, einmal Rapid) nach Wien, dafür acht nach Salzburg.

Heile Wiener Fußballwelt bröckelte bereits damals

Naja, genau genommen begann die "heile" Wiener Fußballwelt natürlich schon 1985 zu bröckeln: Denn bereits in dieser Saison mussten mit dem Sportklub, dem FavAC und der Vienna gleich drei Wiener Vereine absteigen. Sportklub und die Vienna schafften bis Anfang der 1990er Jahre zwar immer wieder den Aufstieg, danach gab es aber niemals mehr als zwei Wiener Vereine in der obersten Liga.

Wie auch immer. Mitte der 1980er Jahre war die Zeit, als neben Hans Krankl und Toni Polster vor allem zwei für Wiener Vereine spielende Legionäre dem österreichischen Fußball ihren Stempel aufdrückten: Der für die Austria spielende ungarische Goalgetter Tibor Nyilasi und der für Rapid agierende Tscheche Antonin Panenka (der die Tschechoslowakei 1976 mit dem sogenannten "Panenka-Heber" gegen Deutschland zum EM-Titel geschossen hatte). Panenkas Freistoß-Tore lassen in meiner Erinnerung Ronaldo ziemlich alt aussehen. Gefühlt war jeder Freistoß ein Treffer. Aber das Gefühl kann trügen.

Überhaupt: Meine Idole spielten alle in der österreichischen Bundesliga. Man hielt zu den lokalen Mannschaften. Tja, dadurch stand man schon damals nicht immer nur auf der Siegerseite. Mit österreichischen Vereinen lernte man rasch, was es heißt zu verlieren. Fan zu sein hieß vor allem leidensfähig zu sein.

Man war nicht Bayern- oder Real-Fan

Damals waren Kinder nicht Bayern- (das kam ohnehin erst mit Alaba, davor waren die Bayern eher beliebtes Feindbild) oder Real-Fans. Ich entschied mich irgendwann anhand der internationalen Fußball-Tabellen in der Zeitung für zwei Vereine, für die ich ab sofort die Daumen drücken wollte. Ich wählte die, die ich gutklingend fand. Aus heutiger Sicht eine schwere Fehlentscheidung: Beide Vereine sind nicht mehr erstklassig. Sowohl Kaiserslautern als auch Wolverhampton spielen momentan in der jeweiligen zweiten Liga.

Die 1980er Jahre waren aber auch die Zeit des Wiener Stadthallen-Turniers. Da ging ich furchtbar nervös auf Autogramm-Jagd und bin bis heute ein bisschen stolz, Herbert Prohaskas Unterschrift ergattert zu haben. Den kleinen, quadratischen Zettel habe ich noch irgendwo. Bei aller Nostalgie sind mir allerdings auch noch die gehässigen Fan-Gesänge im Ohr: "FC Jugo" grölten Austria-Fans in Richtung der grünen Spieler, die violetten Kicker wurden wiederum als "Juden-Schweine" tituliert. Dennoch, unten am Parkett gab es wahren Bandenzauber, Fersler, Doppelpässe und viel Spielwitz. Von dem ist nichts geblieben. Das Turnier gibt es nicht mehr - im professionellen Fußball von heute ist dafür kein Platz mehr.

Heute ist die Fußballwelt eine andere. Die Kinder sprechen von Ronaldo, Neymar, Messi - und natürlich Alaba. Wer bei den heimischen Vereinen spielt, weiß kaum jemand. Dennoch oder vielleicht gerade deshalb zieht es mich gerade in letzter Zeit (nach fast zwei Jahrzehnten Abstinenz) wieder vermehrt auf den Fußballplatz. Es mag nicht immer schön sein, was dort geboten wird. Aber es fühlt sich irgendwie echter an, als die durchgestylten Stars, hochstilisiert zu Helden, im Fernsehen zu beobachten. Es ist zumindest ein wenig wie damals in der Kindheit: Da ging es einfach nur um Fußball - oder können diese Frisuren lügen?

Panini-Bilder: Austria, im Jahr 1983.
Panini-Bilder: Austria, im Jahr 1983.(c) Peter Huber

Ach ja, für alle, die es interessiert: Torschützenkönig wurde 1984/85 ein gewisser Toni Polster (Austria, 24 Tore) vor Zlatko Kranjcar (Rapid, 17 Tore) und Tibor Nylasi (Austria, 17 Tore).

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