Besteuerung von Privatstiftungen: Keine Mausefalle mehr

Mausefalle,
Mausefalle,(c) (Fabry Clemens)
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Schenkungen an Stiftungen sind steuerpflichtig, Entnahmen dafür steuerfrei - auch, wenn es sich um Substanz und nicht nur Gewinne handelt. Damit ähneln Stiftungen den Kapitalgesellschaften.

Die österreichische Privatstiftung gab immer wieder Anlass zu Kontroversen. Seit 1. August gilt eine Neuregelung der Stiftungsbesteuerung, die neuerlich für Diskussionen sorgt. Anders als Schenkungen sind Zuwendungen an Stiftungen weiterhin nicht steuerfrei.

Eine Ungleichstellung?

„Die Stiftungseingangssteuer ist eine echte Eintrittsgebühr“, sagt Rechtsanwalt Maximilian Eiselsberg. „Genauso, wie man eine Eintrittskarte lösen muss, um ins Theater gehen zu können.“ Werner Doralt, Professor am Institut für Finanzrecht der Universität Wien, sieht darin jedoch keine Benachteiligung: „Privatstiftungen genießen massive Steuerbegünstigungen. Da ist es nur recht und billig, eine Eingangssteuer einzuheben.“

Ende der Mausefalle

Noch viel größere Auswirkungen könnte eine weitere Änderung haben: Der sogenannte Mausefalleneffekt wurde massiv entschärft. Bislang war es nur unter großen steuerlichen Nachteilen möglich, Vermögen aus einer Privatstiftung zu entnehmen – auch bei ihrer Auflösung. Während bei Kapitalgesellschaften nur der Zugewinn der Körperschaftssteuer unterliegt, wurde bei der Privatstiftung auch entnommene Substanz steuerpflichtig – die Mausefalle schnappte zu. „Auch diese Regelung ging auf die Erbschafts- und Schenkungssteuer zurück“, erläutert Eiselsberg. Man ging davon aus, dass während des Bestandes der Stiftung einige Generationswechsel stattfinden würden, und sah die Substanzbesteuerung quasi als Ausgleich für die entgangene Erbschaftssteuer.

Annäherung an Kapitalgesellschaft

Seit August ist entnommene Substanz auch bei Privatstiftungen steuerfrei. „Allerdings nur nach Ausschüttung des gesamten Bilanzgewinns und wenn es sich um Vermögen handelt, das der Stiftung nach dem 31. Juli 2008 gewidmet wurde“, so Sibylle Novak, Rechtsanwältin bei CMS Reich-Rohrwig Hainz. Für Doralt stellt das eine „fundamentale Änderung des Wesens der Privatstiftungen“ dar. „Sie wurden einer Kapitalgesellschaft, etwa einer Aktiengesellschaft, stark angenähert.“ Wird es in Zukunft Stiftungen geben, die nicht auf 99, sondern nur auf zehn oder 20 Jahre angelegt sind? Und könnten Kapitalgesellschaften vermehrt in Privatstiftungen umgewandelt werden, um steuerliche Begünstigungen zu lukrieren? „Ja“, sagt Doralt, „zum Beispiel, wenn ein Unternehmen daran denkt, große Immobilienwerte zu veräußern. In diesem Fall muss jede Kapitalgesellschaft 25 Prozent Körperschaftssteuer zahlen, für eine Privatstiftung ist die Veräußerung nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist steuerfrei.“

Billiger Wertpapierverkauf

Auch bei der Veräußerung von Beteiligungen und beim Kauf von Wertpapieren gibt es massive Unterschiede. Verkauft ein privater Investor nach Ablauf der Spekulationsfrist eine zumindest einprozentige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, gilt für den Veräußerungsgewinn der halbe Durchschnittssteuersatz von etwa 21 Prozent. Eine Privatstiftung zahlt dafür nur die Zwischensteuer von 12,5 Prozent, die noch dazu auf die Kapitalertragsteuer anrechenbar ist, die bei Zuwendungen an die Begünstigten anfällt. „Werden im selben Jahr oder später solche Zuwendungen getätigt, kann der Verkauf der Beteiligung durch diese Anrechnungsmöglichkeit – wirtschaftlich betrachtet – als steuerfrei angesehen werden“, so Steuerrechtsexpertin Novak. Auch für Kapitalerträge aus Veranlagungen zahlen Stiftungen statt der KESt nur die 12,5-prozentige Zwischensteuer. Eiselsberg glaubt trotzdem nicht, dass künftig Privatstiftungen nur aus steuerlichen Gründen ins Leben gerufen werden. „Immerhin gibt der Stifter damit sein Eigentum am Vermögen auf.“

Opfer der Finanzkrise

Viele bestehende Stiftungen plagen im Moment andere Sorgen. So manches Stiftungsvermögen ist aufgrund der Finanzkrise erheblich geschrumpft, was die Stiftungsvorstände in Bedrängnis bringt. Wurde ihnen in Boomzeiten oft vorgehalten, zu risikoscheu zu sein, sehen sie sich jetzt gegenteiligen Zweifeln ausgesetzt. Die Veranlagung in Staatsanleihen entsprach dem Stiftungszweck – waren damit aber wirklich auch isländische gemeint? Und stand der Kauf riskanter Derivate im Einklang mit der Stiftungsurkunde? „Man muss hier strikt zwischen unternehmerischer Fortune und Verletzung der Sorgfaltspflicht unterscheiden“, so Eiselsberg. „Wird eine Immobilie weniger wert, weil die Preise fallen, so ist das Marktgeschehen.“ Dagegen wären hochriskante Spekulationen, obwohl die Stiftungsurkunde eine konservative Veranlagung vorschreibt, wohl dem Vorstand vorwerfbar.

(Die Presse, Printausgabe, 10.11.2008)

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