Biologie: Sechs Hirne denken mehr als zwei

Spatzen
Spatzen(c) EPA (Stephanie Pilick)
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Auch bei Spatzen steigt die Klugheit mit der Gruppengröße. Wie die Wölfe "jagen" sie im Verband, um voneinander zu lernen, wie man bestimmte Probleme löst.

Vögel haben keine Spatzenhirne, im Gegenteil: Raben gehören zu den klügsten Tieren. Dass auch Spatzen zu Unrecht zu ihrem Ruf gekommen sind, weiß jeder, dem sie im Gartencafé schon einmal das halbe Kipferl stibitzt haben. Meist sind sie nicht allein unterwegs, wie andere soziale Tiere auch, wie wir auch.

Aber warum tun Tiere sich zusammen, ist der Starke nicht am mächtigsten allein? Nein, viele jagen im Verband – Wölfe etwa –, und die Gejagten müssen abwägen: Ein einzelnes Tier fällt weniger auf, aber die Masse bietet auch Sicherheit, schon alleine durch ihre Zahl, das individuelle Risiko für jedes Mitglied verringert sich, deshalb die oft riesigen Schwärme von Fischen und Vögeln. Zudem sehen viele Augen mehr, sowohl Gefahren wie auch Futterquellen, und viele Hirne denken schärfer. So ist es zumindest beim Menschen: Schon kleine Gruppen sind beim Problemlösen besser als (selbst begabteste) Individuen.

Bei den Spatzen ist es nicht anders: András Liker (Veszprém) hat ihnen Futter angeboten, das in einem vertrauten Behälter war. Aber den vertrauten Zugang gab es nicht, stattdessen einen Öffnungstrick, die Tiere mussten ihn herausfinden. Das taten sie auch, wenn sie nur zu zweit unterwegs waren. Waren sie aber zu sechst, hatten sie viel größeren Erfolg, sie öffneten mehr Behälter und sie fanden den Trick elfmal so rasch.

Das kann viele Gründe haben: Im Schutz der Gruppe kann man sich leichter auf das Problem konzentrieren, umgekehrt sitzt einem die Konkurrenz im Nacken. Aber beides ist es nicht. Stattdessen bietet die Gruppe den Vorteil, dass irgendein Mitglied schon ähnliche Probleme gelöst hat und die anderen von ihm lernen. Noch etwas spielt mit, die Umgebung: Spatzen, die das Stadtleben gewohnt sind, sind rascher als Artgenossen vom Land, die Stadt hält ihr Gehirn plastisch: wach (Pnas, 27. 4.).

Fett hinterlässt Erinnerung

Aber es setzt sich auch etwas fest: die Erinnerung daran, wo es gutes Futter gibt. Das ist zumindest bei Säugetieren so (bei Vögeln ist es nicht getestet): Wenn genug fettreiche Nahrung im Darm ist, signalisiert der dem Gehirn, dass es genug ist: mit dem Botenstoff Oleoyl-Ethanolamid, der nimmt den Hunger. Und bereitet für den nächsten vor: Er stärkt die Erinnerung an die Quelle des feinen Futters. Daniela Piominelli (Genua) hat es bemerkt und erklärt etwa nächtliche Gänge zum Kühlschrank damit (Pnas, 27. 4.).s  jl

("Die Presse", Printausgabe, 28.04.2009)

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