Höhenflug: Walzerkönig André Rieu geigt auf

(c) EPA (KOEN VAN WEEL)
  • Drucken

Stargeiger André Rieu hat sich von Krankheit und Schulden erholt. 2011 lag er auf Platz 15 der musikalischen Spitzenverdiener – weltweit. 2012 will Rieu die Glückssträhne fortsetzen.

Wenn er zu seiner Stradivari greift, jubelt das Publikum. Auch tanzen ist bei den Konzerten mit leichtem Hang zum Kitsch erlaubt. „Alles Walzer“ wird hier wörtlich genommen. Mit seinen Konzerten ist der niederländische Walzerkönig André Rieu weltweit ein gern gesehener und gehörter Entertainer und ein Botschafter des Walzers und Wiens dazu. Das rechnet sich. Denn im vergangenen Jahr spielte der 62-jährige Stargeiger mit seinen Konzerten sage und schreibe 63,5 Mio. Dollar ein. Rieu und sein 100-köpfiges Orchester traten 97-mal in 74 verschiedenen Städten auf.

Der in Maastricht geborene Rieu war damit nicht nur einer der fleißigsten Künstler der Musikwelt, sondern auch einer der bestverdienenden. Er rangiert hinter Superbands wie U2 – die mit Einnahmen von 231,9 Mio. Euro die Rangliste der am meisten verdienenden Musikanten anführen – auf Platz 15 der Spitzenverdiener im Showgeschäft. Das geht aus einer von der amerikanischen Musikfachzeitschrift „Pollstar“ veröffentlichen Rangliste hervor.

International liegen Größen wie Take That (224 Mio. Dollar), Bon Jovi (148 Mio. Dollar), die Countrysängerin Taylor Swift (104 Mio. Dollar) und Pink-Floyd-Sänger Roger Waters (103 Mio. Dollar) vor dem Stargeiger. Bei den niederländischen Musikern ist Rieu aber der mit Abstand am meisten Geld einspielende Musiker.

Ausgerechnet während man 2011 weltweit unter den Folgen der Schulden- und Eurokrise litt, klingelten bei André Rieu die Kassen so laut wie noch nie. Er kann die hohen Einnahmen, von denen die ebenfalls hohen Personal- und Reisekosten noch abgezogen werden müssen, aber gut gebrauchen.


Denn noch 2009/2010 stand Rieu finanziell am Abgrund. Damals litt Rieu an einer seltenen Virusinfektion – die für ihn besonders fatale Auswirkungen hatte. Das Gleichgewichtsorgan in seinen Ohren war gestört, er konnte monatelang nicht spielen. Zahlreiche Konzerte in Australien, Großbritannien, Irland und Neuseeland mussten abgesagt werden.

Die Kosten stiegen wegen der ausgefallenen Konzerte ins Astronomische. Denn seine Megabühne, der Originalnachbau des Wiener Schlosses Schönborn, war damals bereits für die Tournee durch Australien und durch Neuseeland nach Down Under in fast 100 Seecontainern verschifft worden. Die mussten auch wieder zurück nach Rotterdam, da Rieu in Australien und Neuseeland nicht auftreten konnte.

Auch die Personalkosten für die Musiker seines Johann-Strauß-Orchesters fielen weiter an. Die niederländische Rabobank half dem Star damals mit einem Millionenkredit aus der Klemme. Aber dafür musste er sogar seine aus dem Jahr 1667 stammende geliebte Stradivari sowie die Bühnenausstattung von Schloss Schönborn an die Bank verpfänden. André Rieu tat dies schweren Herzens. Immerhin hätte er sonst keinen Kredit bekommen, den er 2010 brauchte, um finanziell überleben zu können. Die Rieu-Holding war zeitweise mit bis zu 36 Mio. Euro verschuldet.

Als er sich gesundheitlich erholte und im zurückliegenden Jahr wieder auftreten konnte, war für ihn der erste Schritt klar. Kaum war wieder Geld in der Kasse, wurde die Stradivari bei der Bank ausgelöst. Ein kluger Schritt, immerhin gehört sie ebenso zum Image des Musikers wie seine Frisur und die historischen Dekorationen.

Im neuen Jahr 2012 will André Rieu wieder auf Tournee gehen. Zuerst in Europa. Er beginnt mit Konzerten in Deutschland, um dann weiter in die Schweiz und nach Frankreich zu ziehen. Auch die Heimat des Walzers steht auf dem Spielplan. Graz (6. 5.), Salzburg (7. 5.), Wien (8. 5.) und Linz (9. 5.) werden von dem Stargeiger und seinem Johann-Strauß-Orchester beehrt. Danach geht es weiter nach São Paulo und Brasilien.

Will doch Rieu doch auch 2012 die (finanzielle) Glückssträhne fortsetzen.

Auf einen Blick

André Rieu ist nur knapp dem Ruin entgangen. 2009/2010 war eine schlechte Zeit für den Stargeiger. Eine Virusinfektion, die sein Gleichgewicht störte, hatte ihn monatelang außer Gefecht gesetzt. Seine Schulden häuften sich auf 36 Millionen Euro an. Im Vorjahr hat sich der Musiker erholt und konnte mit 97 Auftritten 63,5 Millionen Dollar einspielen. Unter den niederländischen Musikern ist Rieu der absolute Spitzenverdiener. Weltweit liegt er bei dem Ranking der bestverdienenden Musiker auf Platz 15.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.