Seit wann gibt es uns überhaupt? Länger als bisher vermutet!

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Symbolbild(c) EPA (Barbara Walton)
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Unsere Ahnen haben sich von denen der Schimpansen vor mindestens sieben bis acht Millionen Jahren getrennt. Das zeigen Genetiker in einem ganz neuen Anlauf, in dem sie mit heutigen Genen bzw. Mutationen und Generationen rechnen.

Mit unserer ganz frühen Geschichte haben wir ein Problem: Wir wissen nicht, seit wann es uns gibt, wann unsere Ahnen sich von denen der Schimpansen getrennt haben. Woher sollen wir auch? Es gibt zwei Archive, das der Fossilien und das der Gene. Und die Auskünfte, die beide erteilen, weichen oft stark voneinander ab. Denn zum einen sind Fossilien rar und erbrachten schon die unterschiedlichsten Schätzungen. Funde in Pakistan (Ramapithecus) legten in den 1960er-Jahren gar nahe, die Menschen könnten 20 Millionen Jahre alt sein.

Durch diese Rechnung machten Molekularbiologen 1967 einen Strich. Damals verglichen Vincent Sarich und Alan Wilson Gene bzw. Proteine des Immunsystems von Menschen und Affen. Sie gingen davon aus, dass auch Proteine ihre Evolution haben und man deshalb aus den Unterschieden der Proteine von Menschen und Affen darauf schließen kann, wann ihre Träger ihre eigene Entwicklung eingeschlagen haben. Das war bei den Menschen und Schimpansen vor fünf Millionen Jahren soweit.

Diese Zahlen wurden leicht modifiziert, seit man direkt mit Genen bzw. ihren Mutationsraten rechnet: Fünf bis sechs Millionen Jahre nahm man nun für die Trennung von Menschen und Schimpansen an. Aber dann schlugen die Ausgräber zurück, sie fanden Menschen, die schon da waren, als es sie noch gar nicht hätte geben dürfen, Sahelanthropus etwa, er lebte vor sieben Millionen Jahren.
Nun waren bzw. sind die Genetiker in Zugzwang, und ausgerechnet eine Schülerin von Sarich/Wilson – Lindi Vigilant – schiebt die Trennungszeit wieder zurück, mit einem neuen Ansatz. Der geht von heute lebenden Affen und Menschen aus und von deren Mutationsrate, bei Menschen kennt man sie, bei Affen ist sie vermutlich ähnlich.

Dann muss man nur noch die Länge einer „Generation“ kennen – das Durchschnittsalter von Vater und Mutter bei der Geburt des Durchschnittskindes –, die wird mit der Mutationsrate verrechnet, dann kommt man auf die gesuchte Ursprungszeit einer Art in Jahren (Pnas, 13. 8.).
„Bisher ist man von falschen ,Generationen‘ ausgegangen, wir haben uns deshalb an Wildbiologen gewandt, die die Tiere seit Langem exakt beobachten“, erklärt Studienmitarbeiter Bence Viola (früher Uni Wien, heute MPG Evolutionäre Anthropologie, Leipzig): „So kommen wir bei der Trennung von Mensch und Schimpanse auf mindestens sieben bis acht Millionen Jahre. Die endgültige Antwort wird auch das noch nicht sein. Aber errechnete Daten und Fossilien passen besser zusammen als bisher.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2012)

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