Pop

Mando Diao: „Mama zeigte mir, wie man auflegt“

Mando Diao
Mando Diao(c) Universal
  • Drucken

Ihre Platten gehen die Charts hoch. Mando Diao erfinden sich mit ihrem fünften Album "Give Me Fire!" neu. Die "Presse" sprach mit Leadsänger Gustaf Norén über die Soundvielfalt der Schweden.

"Eigentlich ist es nur mit dem White Album der Beatles vergleichbar", meint Leadsänger Gustaf Norén übers neue Album Give Me Fire! seiner Band Mando Diao. Solch markiges Statement erstaunt, ist doch Norén ein Meister des Understatement. Lauscht man den vierzehn neuen Songs tut sich tatsächlich ein Kaleidoskop auf. Die fünf Schweden überrollen mit Spielwitz, Euphorie. Das beseelte „Dance With Somebody“ ist eingekeilt zwischen Discostreichern und Funk-Bass; „Gloria“ schnalzt so ekstatisch wie die Tanzflächenfüller der „Disco-Not-Disco“-Ära, als New-Wave-Größen wie Lizzy Mercier Descloux auf den Dancefloor schielten und mit Gift und Finesse struppige Evergreens kreierten.

Wollten Mando Diao diesmal ein breiteres Publikum ansprechen? „Keineswegs. Da haben sich einfach neue Unterströmungen eingefunden. Diesmal klingt alles sehr nach imaginärem Soundtrack. Die Sounds sind vielfältig, trotzdem bleibt der Vibe gleich. Genau darin ist es dem White Album ähnlich.“

Die skandinavischen Winter sind lang, finster und kalt. Dennoch wird seit ABBA im Norden popmusikalische Euphorie am Laufband erzeugt. International reüssiert die schwedische Popmanufaktur mit Gemütsaufhellern wie Moneybrother, den Cardigans, den Hives. Norén weiß um die Stärken und Schwächen seiner Landsleute: „Schweden war das erste Land, in dem die Beatles Konzerte gaben. Wir waren immer sehr hip und trendy. Was die Subtilität der Texte anlangt, sind wir mit den Briten natürlich nicht konkurrenzfähig. Um das zu kompensieren, legen wir das Augenmerk aufs Musikalische: Wenn du einen ABBA-Song analysierst, siehst du, dass alle Magie in den Melodien und Arrangements liegt.“

Mag sich auch bei Mando Diao zuweilen schlichte Metaphorik einschleichen, ihr Herz pocht blutvoller als das vieler anderer. Mit raffinierter Kombination von Rasanz und Melodieverliebtheit, etwa in „Give Me Fire“ und „Go Out Tonight“, erwärmen sie zügig die Innenwelt der Hörer. „Keiner von uns hat jemals mit anderen Musikern gespielt“, erklärt Norén die spezielle Chemie der Band, „irgendwie ist das mit uns wie mit Paaren, die einander schon seit ihrer Kindheit kennen. Da gibt es so eine Mischung aus Geschwisterlichem und Erotischem. Diese Spannung erzeugt eine eigene Energie. Das meiste davon agieren wir live aus.“

Das Publikum süchtig machen

Mando Diao sind auch abseits der Arenen erfolgreich. Ihre Platten gehen die Charts hoch, verkaufen sich veritabel. Dennoch registriert auch Norén die Krise in der Branche. Schuld an der zerstreuten Rezeption der Popmusik hätten weniger Medien und illegale Downloader als Künstler selbst. „Es gibt Beweise dafür, dass man immer noch viele Alben verkaufen kann, etwa Lil Wayne mit Carter III.“ Das Publikum müsse mit Qualität erobert, süchtig gemacht werden.

Die sieht Norén etwa bei Michael Jacksons Off The Wall und Oasis' Be Here Now. „Ich kann die Leute nicht mehr hören, die meinen, dass 20 Euro für ein Album viel wären. Das ist nichts für etwas, das dein Leben verändern kann!“ In seinem Fall etwa das Beatles-Album A Hard Day's Night. „Das fand ich zu Hause. Schon das Cover gefiel mir sehr gut. Meine Mama zeigte mir, wie man so eine Schallplatte auflegt. Jeder Song war super. Damals kapierte ich, was ein Album ist.“

ZUR BAND: Mando Diao

Gründung: 1995 als „Butler“, Umbenennung 1999; ihr Retro-Sixties-Sound ist melodieverliebt und riffreich.

Besonderes Merkmal: mit Gustaf Norén und Björn Dixgård zwei Leadsänger.

Größter Erfolg: „Ode To Ochrasy“ (2006), aktueller Hit: „Dance With Somebody“.

Konzert: 26. März im Wiener Gasometer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.