Sängerwettbewerb: "E lucevan le stelle"

Michael Schade
Michael Schade(c) APA (NEUMAYR/MMV)
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Erstmals fand ein hochkarätiger Sängerwettbewerb auf hoher See statt: Michael Schade kürte Opernnachwuchs auf der MS Europa.

„Stella Maris“ nennt sich ein Projekt, das Michael Schade unter seine Obhut genommen hat. Der Tenor, daheim in den großen Opernhäusern der Welt, kümmert sich um den Nachwuchs. Und weil Hapag-Lloyd-Vorstand Sebastian Ahrens eine originelle Idee geboren hat, kann Schade das auf dem wohl ungewöhnlichsten Ort tun, an dem jemals eine Kür junger Opernsänger stattgefunden hat: auf einem Hochseeschiff. Und zwar nicht auf irgendeinem, sondern auf jenem Luxusdampfer, für den man den Werbeblogan „schönste Yacht der Welt“ erfand.

Die MS Europa hat diesen Titel gewiss verdient. Es gibt kaum eine Möglichkeit, eleganter zur See zu fahren. Und wenn Poseidon mitspielt, dann haben die Sänger sogar mehrheitlich nicht schwankenden Boden unter den Füßen, wenn sie Mozart, Verdi oder Wagner singen. Der Meeresgott ist offenbar Melomane und sorgte auf der „Stella Maris“-Kreuzfahrt, die von Venedig über Tunis bis nach Barcelona führte, mehrheitlich für glatte Wasseroberfläche.

Der Sängerwettstreit stand von Anbeginn unter einem guten Stern, denn namhafte Opernhäuser beschickten ihn mit Talenten, in die Intendanten und Betriebsbüroleiter große Hoffnungen setzen.

Die Mailänder Scala, Londons Covent Garden Opera, die Dresdner Semper Oper und die Pariser Oper schickten Nachwuchs, auch die Canadian Opera Company, die New Yorker Met und die Hamburgische Staatsoper ließen sich nicht lange bitten. Nur München und Wien waren sich zu schade – dafür war der designierte Staatsoperndirektor, Dominique Meyer, Mitglied der Jury und vergab auch ein Engagement, ebenso wie Helga Machreich von der Wiener Agentur Raab&Böhm, Maestro Christoph Poppen (Deutsche Radio Philharmonie) und Daniel Goodwin, Marketingchef der Deutschen Grammophon.

Agenturen, Intendanten und CD-Produzenten standen nach dem Willen der „Stella Maris“-Erfinder aber gar nicht im Fokus. Den Hauptpreis (15.000Euro, gestiftet von einem deutschen Bankhaus) vergibt gar nicht die Fachjury, sondern das Publikum. Die Kreuzfahrtmanager waren selbst überrascht über den Zuspruch, den der über vier lange abendliche Runden geführte „Sängerkrieg“ auf der MS Europa fand. Begeistert und hoch konzentriert lauschte das Publikum den nach Oper, Lied und Oratorium geteilten Darbietungen, offenkundig fasziniert von den Differenzen in der Wertung solch unterschiedlicher Genres.

Zwischen Verdi-Cabaletta und Schubert-Lied verlor manch einer der stimmgewaltigen jungen Sänger an Glaubwürdigkeit. Doch zeigten sich Konstanten: Der erst 22-jährige koreanische Bass Jong-Min Park behielt die Sympathien bis zuletzt und „räumte ab“: Das Publikum sprach ihm das Preisgeld zu – mit dem er sich nun wohl manch wichtiges Vorsingen finanzieren wird. Zwei kann er sich ersparen, denn Dominique Meyer hat versprochen, in Wien Partien für ihn zu finden, und Agentin Machreich wird sich angelegentlich um sein künstlerisches Fortkommen bemühen.

Wiederauflage im Herbst 2010

Daniel Goodwin kürte den eminent einfühlsam gestaltenden russischen Tenor Dovlet Nurgeldiyev für eine Probeaufnahme. Dessen Fachfollege, der akribisch arbeitende, aber auch mit bombensicheren Höhen auftrumpfende Koreaner Ji-Min Park darf mit Christoph Poppen in Deutschland auf Tour gehen. Merken wird man sich freilich auch die Namen der Soprane Betty Allison (entsandt aus Kanada), Maria Virginia Savastano (Paris), Nadja Mchantaf (Dresden) und Wendy Bryn Harmer (einer machtvollen Heldenstimme, die in New York bereits engagiert ist). Auch der aus Zürich kommende russische Bass Daniel Golossov ersang und erspielte viele Sympathien.

„Stella Maris“ gibt es wieder auf der MS Europa (ab 4.November 2010).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2009)

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