Moskaus fleißige Pipeline-Diplomaten

(c) AP (Michael Probst)
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Während Moskau eifrig an der Realisierung der Pipeline zimmert, scheint die von EU und USA favorisierte Nabucco-Pipeline vom Kaspischen Meer nach Mitteleuropa auf der Stelle zu treten.

Belgrad(ros). Zufrieden sprach Kroatiens konservative Regierungschefin Jadranka Kosor nach ihrem Antrittsbesuch in Russland von einer „neu aufgeschlagenen Seite“ in den bilateralen Beziehungen: Wichtig sei, dass sich Kroatien die Möglichkeit größerer russischer Erdgaslieferungen gesichert habe. Im Gegenzug konnte sich Gastgeber Vladimir Putin über einen weiteren Vertragspartner für die russisch-italienische Gaspipeline „South-Stream“ freuen.

Neben Kroatien haben in der Region bereits Bulgarien, Serbien, Ungarn, Griechenland und Slowenien Regierungsabkommen zum Bau der Pipeline abgeschlossen, die Süd- und Mitteleuropa durch das Schwarze Meer unter Umgehung der Ukraine mit russischem Erdgas beliefern soll. Selbst das zögerliche Rumänien hat dem russischen Gasriesen Gazprom im Februar die erbetenen Dokumente für eine Machbarkeitsstudie einer Beteiligung Bukarests an dem Projekt zur Verfügung gestellt.

Um die Abhängigkeit von als „schwierig“ betrachteten Transitländern wie der Ukraine, aber auch der Türkei zu verringern, treibt die Gazprom gemeinsam mit dem italienischen Eni-Konzern und der französischen EdF den Bau einer Schwarz-Meer-Pipeline von der russischen Hafenstadt Novorossijsk ins bulgarische Varna voran. Von Bulgarien soll ein Leitungsstrang über Griechenland und die südliche Adria nach Italien führen. Eine weitere Verbindung ist über Serbien und Ungarn nach Österreich geplant – mit Abzweigungen in interessierte Partnerstaaten.

Staaten fahren zweigleisig

Während Moskau eifrig an der Realisierung der Pipeline zimmert, scheint die von EU und USA favorisierte Nabucco-Pipeline vom Kaspischen Meer nach Mitteleuropa auf der Stelle zu treten. Das Pipeline-Projekt, das die Abhängigkeit der EU von russischen Erdgaslieferungen verringern und Europas Wohlstandsbündnis die Vorkommen am Kaspischen Meer und Nahen Osten erschließen soll, hat mit Problemen zu kämpfen.

Als größte Schwachstelle gilt die Unsicherheit, ob durch eine neue Pipeline durch das Kaspische Meer über die Türkei überhaupt eine rentable Menge an Gas strömen könnte. Turkmenistan hat den Großteil seiner Fördermengen bereits Russland und China zugesichert. Auch Aserbaidschan hat den Löwenanteil seiner Gasreserven an Russland abgetreten. Zumindest der lange schwelende Konflikt mit der Türkei scheint vom Tisch, nachdem Ankara vor wenigen Tagen als letztes Transitland das Regierungsabkommen ratifiziert hat. Doch so wie die meisten Unterzeichnerstaaten des Nabucco-Rahmenabkommens will auch die Türkei zur Sicherung der Gaslieferung keineswegs ausschließlich auf das von der OMV initiierte Projekt bauen. Erst vor wenigen Wochen bekräftigte Recep Tayyip Erdogan in Moskau, auch die Arbeit an der South-Stream-Gaspipeline intensivieren zu wollen.

Als Grund für Moskaus problemlose Partnersuche sehen viele die systematische Stärkung russischer Öl- und Gaskonzerne auf den nationalen Energiemärkten der Region im vergangenen Jahrzehnt. „Moskau erntet die Früchte eines langfristigen Plans“, kommentiert die Internetzeitung „Southeast European Times“ Russlands erfolgreiche Balkan-Expansion.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2010)

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