Korneuburg: Nichts wie hin

Die Presse (Clemens Fabry)
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Die rege Zuwanderung aus Wien sorgt nicht nur für Freude.

Nichts wie hin. Was den Zuzug angeht, ist Korneuburg einer der Spitzenreiter in Österreich. Von 1991 bis 2007 wuchs die Bevölkerung um mehr als 20 Prozent – vor allem Wiener zog es in die Kleinstadt nördlich von Wien. In den Speckgürtel, wie das Umland auch genannt wird. Doch mit dem Begriff des Specks ist man hier nicht allzu glücklich. Immerhin schaffe der Zuzug einen großen Aufwand an Infrastruktur, klagt Bürgermeister Wolfgang Peterl.

Das Bevölkerungswachstum an sich soll zwar weitergehen, doch solle es „gedämpft“ ausfallen, und kontrolliert. Sonst komme man mit der Infrastruktur nicht nach. Und auch der Kleinstadtcharakter, wegen dem viele herziehen würden, dürfe nicht verloren gehen.

Doch bei allen Klagen: Schlecht geht es Korneuburg nicht. Die Stadt liegt laut Analyse von Regio Data Research bei der Kaufkraft auf Platz 12 von 573 niederösterreichischen Gemeinden. Rund um den Hauptplatz mit dem Rathaus herrscht reges Treiben, davor wurde ein Eislaufplatz errichtet. Eine Kaffeehandlung hier, ein Esoterikladen dort, kleinere Galerien in engen Gässchen – klassische Kleinstadtidylle. Auch der Gourmet-Spar – mit exquisitem Wein und Sushi im Angebot – bezeugt, dass hier zumindest einige Menschen nicht mit Existenzängsten zu kämpfen haben.

Depression ist kaum zu spüren. Selbst als 1993 mit der Schiffswerft der größte Arbeitgeber schließen musste, gab es keine Massenabwanderung. Einige Bewohner begannen zu pendeln, statt großer Betriebe setzte man eben auf kleinere Unternehmen. 6000 Arbeitsplätze bietet die Stadt, in der rund 11.700 Menschen leben – die Zahl von Ein- und Auspendlern hält sich fast die Waage. In der alten Werft, dem früheren Leitbetrieb, ist jetzt ein Wirtschaftspark mit rund 40 Kleinbetrieben untergebracht.

Kann eine Stadt, die den Wandel von der Industrie hin zur Dienstleistung so gut überstanden hat, überhaupt Probleme haben? Sie kann. Zum einen sorgt die steigende Nachfrage nach Wohnraum für ein Ansteigen der Immobilien- und Grundstückspreise, die die Gemeinde selbst mit einem eigenen Immobilienfonds nur schwer stabil halten kann. Zum anderen leiden die Korneuburger unter dem starken Verkehr.

Denn der Standortvorteil durch die Nähe zu Wien und die gute Erreichbarkeit ist auch eines der größten Probleme. Immerhin führt die Donauuferautobahn noch durch Stadtrandgebiet, was für Lärm und schlechte Luft sorgt. Durch den Bau der Schnellstraße S1, die nördlich von Korneuburg verlaufen wird, könnte sich das Problem noch weiter verschärfen.

Neue Firmen, neue Bewohner

Ungeachtet dessen will man aber auch die Vorteile einer guten Anbindung nützen. Mit neuen Betriebsansiedlungen rund um die alte Werft zum Beispiel. Das Gelände, das derzeit hochwassersicher gemacht wird, soll unter anderem für Konzernzentralen internationaler Unternehmen interessant werden. Und auch im Wohnbau sind Projekte geplant. Denn auch, wenn dafür neue Infrastruktur geschaffen werden muss, kann man mit dem Zuzug junger Familien hier durchaus ganz gut leben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2008)

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