Philosophie: Eine brotlose Kunst?

Philosophie Eine brotlose Kunst
Philosophie Eine brotlose KunstClemens Fabry
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Studieren für Individualisten. Auch abseits des Mainstreams gibt es Fächer zum Abheben. Diese Woche: Philosophie.

Was macht man mit Philosophie? Drei Beispiele: FPÖ Generalsekretär Herbert Kickl nützt die einschlägige Vorbildung zum Schöpfen von Werbesprüchen à la „Pummerin statt Muezzin“. Philosoph, Publizist und Autor Richard David Precht begeisterte jüngst auf den Österreichischen Medientagen mit dem Vortrag „Die Fragmentierung des Ich und die Fragmentierung der Medien“.

Assistenzprofessor Andreas Oberprantacher lehrt Philosophie an der Uni Innsbruck, hält nebenher einen UNESCO Chair for Peace Studies und unterrichtet Friedens- und Konfliktforschung in Indien und Thailand. „Internationalität ist das Um und Auf. Obwohl sich die Universitäten da oft selbst im Weg stehen.“ Seine Studenten hält er daher an, unbedingt ein Auslandsjahr zu machen. Die meisten bleiben in Europa, manche wagen sich bis New Orleans, wohin Innsbruck gute Beziehungen pflegt, oder nach Asien, der Religion wegen.

Was Philosophen auszeichnet

Die elterliche Befürchtung, Philosophie sei eine brotlose Kunst, ist für Oberprantacher ein altes Vorurteil. Zwar erlernt man keinen klar umrissenen Beruf, doch das erwarten ohnehin die wenigsten Arbeitgeber: „Sie suchen grundsätzliche Kompetenzen plus die Bereitschaft, sich flexibel am Arbeitsplatz weiterzubilden. Gerade das zeichnet Philosophen aus.“

Er zieht Parallelen zu einem seiner Forschungsprojekte über die beruflichen Perspektiven von Jungakademikern: „Bis man mit einem Studium fertig ist, hat sich der Arbeitsmarkt schon mehrmals gedreht. Das gilt für alle Disziplinen.“

Sinnfrage beantworten

Der Lehrplan folgt der Bologna-Gliederung. Der Bachelor ist als Hauptfach in drei Jahren zu schaffen. Die meisten wählen jedoch eine Fächerkombination, etwa mit Physik, Wissenschaftstheorie, Medizin, Politikwissenschaft oder Soziologie, die entsprechend mehr Zeit braucht. Wer nur allgemeine Zusammenhänge verstehen oder seine Perspektive finden will, bröckelt ab, sobald seine Sinnfrage beantwortet ist. Die Kompetenz zu systematischem Denken, Analysieren und Argumentieren wird dennoch geschliffen.

Bei den anderen kristallisieren sich spätestens mit der Masterarbeit Interessenschwerpunkte heraus. Das sind dann etwa politische Theorie, interkulturelle Philosophie oder ökologische Ethik. Junge Master und Doktoren landen gern bei NGOs, im Verlags- und Pressewesen oder in der Erwachsenenbildung. „Als Philosophen im engeren Sinn arbeiten die wenigsten.“

Geistige Dünnbrettbohrer?

Keine Freude hätte die Fakultät mit dem Tipp, den ein gewisser Thomas in einem Studentenforum der ratsuchenden Akira gibt. Sie fragt, ob denn das Philosophiestudium schwierig ist. Thomas: „Bist du ein scharfer Denker, aber ein schlechter Redner oder Schreiber, ist es sehr schwer. Bist du aber ein geistiger Dünnbrettbohrer und ein guter Redner oder Schreiber, nicht sonderlich.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2010)

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