Transrapid landet auf dem Abstellgleis

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Nicht einmal in China ist das Vorzeigeprojekt noch erwünscht. Siemens kämpft mit anderen Problemen.

BERLIN. Zuerst sollte er auf Stelzen zwischen Berlin und Hamburg verkehren, dann in München den Bahnhof an den Flughafen anbinden. Nach dem unvermittelten Aus für den Transrapid in der bayerischen Hauptstadt glaubt eigentlich niemand mehr an eine Realisierung des Transrapid-Projekts in Deutschland – nicht sein glühendster Fan Edmund Stoiber, nicht die technologie- und innovationsfreundliche Kanzlerin Angela Merkel und nicht einmal Siemens-Chef Peter Löscher, zusammen mit dem Stahlkonzern ThyssenKrupp einer der Betreiber des Transrapid-Projekts.

Hahn kräht, Sündenbock gesucht

Nur einer hält unverdrossen an der Technologie fest: Hessens FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn krähte nur kurz nach dem Debakel für den „Industriestandort Deutschland“. Ihm schwebt eine Verbindung der beiden Frankfurter Flughäfen durch die Magnetschwebebahn vor. Das Drehkreuz Frankfurt soll so dem Flughafen Frankfurt-Hahn näher rücken, dem Airport für Billig-Carrier (Ryan-Air) im Hunsrück. Zumindest soll eine Machbarkeitsstudie einen solchen Bau eingehend prüfen, schlug Hahn vor, der sich damit in dem gleichnamigen Ort gewissermaßen ein Denkmal setzen würde.

Die Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung sind nach der Pleite in München indes denkbar gering. Die Politik hat ohnedies jede Illusion verloren. Mittlerweile hat die Suche nach dem Sündenbock für das Scheitern des Prestigeprojekts eingesetzt. Während die bayerische SPD kübelweise Häme über die CSU und deren „Blamage“ ausschüttet, ist die Regierungspartei insgeheim heilfroh, die Landtagswahl im Herbst ohne das „Milliardengrab“ zu bestreiten. Die CSU schiebt indessen den „Schwarzen Peter“ der Industrie zu und macht die Wirtschaft für den explosionsartigen Anstieg der Baukosten verantwortlich.

Aber auch innerhalb der CSU hat das Transrapid-Projekt für böses Blut gesorgt. Peter Ramsauer, CSU-Fraktionschef im Bundestag, bezichtigt Beckstein, das Projekt leichten Herzens begraben zu haben. Das Procedere erinnert Ramsauer an die höchst umstrittene Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf, die nach heftigen Protesten der Atomkraftgegner nie in Betrieb gegangen ist. CSU-Chef Erwin Huber, ein Transrapid-Verfechter von der ersten Stunde an, hüllte sich dagegen in Schweigen.

Selbst die Industrie hat sich von dem Hochtechnologie-Projekt verabschiedet. ThyssenKrupp würde die Technologie lieber heute als morgen an China verkaufen, das sich dafür aber nicht recht erwärmen will. Die Vorzeigestrecke in Schanghai gilt als zu teuer und zu unrentabel. Inzwischen treten Japan und Frankreich als Transrapid-Konkurrenz in China auf.

Konkurrenz aus Japan

Auch im Ausland hatte das Konsortium alle Hebeln in Bewegung gesetzt für das Projekt – mit Schröder, Merkel, Stoiber oder Beckstein als Türöffner etwa in den arabischen Emiraten. Die Bemühungen waren freilich vergebens.

Das dürfte nun auch Siemens-Chef Peter Löscher trotz demonstrativer Beschwörungen eingesehen haben. Heinrich von Pierer, sein Vorvorgänger, hatte sich noch mit Leib und Seele dem Projekt verschrieben. Siemens aber hat momentan ohnedies mit ganz anderen Schwierigkeiten zu kämpfen – mit dem jüngsten Kurseinbruch, mit der Aufarbeitung des Mega-Korruptionsskandals und der Aufregung um eine neue Kündigungswelle. Dass die Deutsche Bahn womöglich demnächst eine französische Lokomotive vor den ICE spannen will, ist das geringste Problem.

AUF EINEN BLICK

Transrapid. In München sind die Hochtechnologie-Träume geplatzt. In Deutschland gilt das Prestigeprojekt als „Milliardengrab“, und auch bei potenziellen Kunden in China, den USA und der arabischen Welt stößt das Konsortium auf tiefe Skepsis.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2008)

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