Militär: Chinas Streitkräfte rüsten weiter kräftig auf

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Bei der Tagung des Nationalen Volkskongresses wird eine Aufstockung der Ausgaben für das Militär um 12,7 Prozent beschlossen. Längst erfüllt die chinesische Armee nicht mehr nur den Zweck der Landesverteidigung.

Peking. Chinas Militärhaushalt wird kräftig aufgestockt: Im kommenden Jahr will die Regierung 601,1 Milliarden Yuan (rund 66 Milliarden Euro) für die Volksbefreiungsarmee ausgeben – das sind 12,7 Prozent mehr als 2010. Das Geld werde für „angemessene Rüstungsausgaben“ ebenso wie für Sold und Ausbildung der Truppe gebraucht, erklärte der Sprecher des Nationalen Volkskongresses, Li Zhaoxing, am Freitag in Peking.

Chinas Generäle und Admiräle dürften zufrieden sein. Nachdem die 2,3-Millionen-Truppe sich zuletzt mit einem Zuwachs von 7,5 Prozent begnügen musste, kehrt die KP jetzt zur alten Großzügigkeit zurück: Denn bis 2009 waren die militärischen Ausgaben auch Jahr für Jahr um zweistellige Raten gestiegen. Nach Ansicht internationaler Experten verbergen sich zudem noch kräftige Zuschüsse für die Armee in anderen Töpfen des Staatshaushaltes, vermutlich sind die wahren Militärausgaben Chinas doppelt- bis dreifach so hoch wie offiziell angegeben.

Ab Samstag tritt der Nationale Volkskongress in Peking zusammen – ein Pseudoparlament, dessen knapp 3000 Delegierte nicht gewählt, sondern von der KP bestimmt werden. Bei der Tagung in der Großen Halle des Volkes auf dem Tian'anmen-Platz werden die Abgeordneten den Haushaltsentwurf von Premierminister Wen Jiabao absegnen.

Wirtschaftliche Interessen im Vordergrund

Die Finanzspritze für die Truppe kommt zu einer Zeit, in der diese sich rasant modernisiert und zugleich die eigene Rolle neu definiert: Sie sieht ihre Aufgabe nicht mehr nur darin, chinesisches Territorium zu verteidigen, die Insel Taiwan an einer formalen Unabhängigkeitserklärung zu hindern und Aufstände im eigenen Land niederzuschlagen. Inzwischen gerät immer stärker auch der Schutz von Fischgründen und von Gas- und Ölvorkommen im Meer, von Schifffahrtsrouten und von anderen wirtschaftlichen Interessen in den Vordergrund – wie am Beispiel Libyen zu erkennen ist: Zum ersten Mal in der Geschichte der Volksrepublik dampfte Ende Februar ein chinesisches Kriegsschiff durch den Suezkanal ins Mittelmeer. Gemeinsam mit vier Iljushin-Transportflugzeugen der Kriegsmarine sollte die „Xuzhou“ die Ausreise von rund 32.000 chinesischen Arbeitern und Ingenieuren aus Libyen begleiten. China bezieht rund drei Prozent seines Öls aus dem Land. 75 chinesische Firmen, darunter große Staatsbetriebe, sind hier aktiv: Sie haben rund zehn Milliarden Euro investiert und bauen Straßen, Pipelines, Kraftwerke, Wohnsiedlungen und andere Infrastrukturprojekte.

Chinas staatliche Fernsehsender und die Zeitungen zeigten die Bilder der Fregatte Xuzhou. Die Botschaft an die Bevölkerung daheim: China muss sich heute militärisch nicht mehr vor anderen Nationen verstecken – und man schützt Landsleute auch in der Fremde. Die Xuzhou gehört übrigens zu jener Gruppe von Kriegsschiffen vieler Länder, die seit Ende 2008 vor den Küsten von Somalia und im Golf von Aden im Einsatz gegen somalische Piraten kreuzen.

Rüstungswettlauf hat längst begonnen

Aber nicht allein die Kriegsmarine, die sich gerade einen Flugzeugträger baut, ist im Hightech-Zeitalter angekommen: Erst vor Kurzem überraschte die Luftwaffe mit dem Testflug ihres ersten Tarnkappenbombers. Und Chinas Raketenbauer stehen jenen aus den USA und anderen Militärgroßmächten nach Ansicht von Experten technisch nicht mehr viel nach. Die asiatischen Nachbarn sind besorgt: Der Rüstungswettlauf in der Region hat längst begonnen.

Die chinesische Volksbefreiungsarmee ist 2,3 Millionen Mann stark. Die Militärausgaben der Regierung werden im kommenden Jahr offiziell rund 66 Milliarden Euro betragen, um 12,7 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Längst erfüllt die Armee in China nicht mehr nur die Rolle der Verteidigung, zunehmend steht der Schutz von Gas- und Ölvorkommen im Meer, von Schifffahrtsrouten und anderen wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2011)

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