Taschendesignerin Eva Blut und Radverkäufer Paul Rasper teilen sich ein Geschäft. Das gibt es in Wien immer öfter. Das gemeinsame Ziel: verschiedene Disziplinen und Branchen miteinander zu verschränken.
Schräg gegenüber liegt das Artis-Kino, gleich gegenüber ein Antiquariat, wenige Schritte entfernt die Nobelmeile Tuchlauben. Genau hier kann man seit Kurzem sein Fahrrad kaufen. Freilich nicht irgendeines: schöne Räder vielmehr, darauf hat sich Paul Rasper spezialisiert. Und wenn man schon da ist, kann man auch gleich unter den Taschen des international erfolgreichen Labels Eva Blut stöbern. Oder umgekehrt.
Vor wenigen Wochen haben Rasper, Architekt und Erfinder des Blogs „Vienna Cycle Chic“, und Eva Buchleitner, die hinter der Marke Eva Blut steht, in der Jordangasse gemeinsam ihr erstes Geschäft eröffnet. Kennen gelernt haben sich die beiden, als Eva Buchleitner ihre Fahrradtasche „Velocité“ im MAK präsentiert hat – insofern passen die Produkte, Räder und Taschen, also durchaus zusammen.
„Außerdem“, erzählt Buchleitner, „hat schon meine Mutter Räder verkauft, ich habe sie immer vertreten.“ Sie selbst ist zwischen Jordangasse, ihrem Atelier in der Schottenfeldgasse und ihrem Zuhause in Ottakring mit einem alten Dancelli-Rennrad unterwegs. „Aber ich glaub, ich brauch ein neues, auf dem Kopfsteinpflaster hoppel ich mehr, als dass ich rolle.“ Ihr Kompagnon, der in Kopenhagen seine Liebe zum Rad entdeckt hat, könnte wohl Abhilfe schaffen. Als Lizenznehmer des deutschen Händlers „Stilrad“ hat er urbane Bikes bis hin zum E-Lastenrad im Sortiment, dazu Zubehör von Radlerjeans bis zur iPhone-Halterung.
Aus zwei mach eins: In den vergangenen Monaten haben mehrere neue Geschäfte oder Showrooms in Wien eröffnet, die dieses vor ein paar Jahren in Wien angekommene Konzept weiterverfolgen. Das gemeinsame Ziel: verschiedene Disziplinen und Branchen miteinander zu verschränken. Und natürlich von den Kunden und Fans des anderen auch selbst zu profitieren.
So können Interessierte im „Faux Fox“-Showroom in der Kaiserstraße im siebten Bezirk seit September Mode, vorwiegend von heimischen Designern, probieren und gleichzeitig Fotos bewundern. Ab kommender Woche hängen neben Kleidern von Labels wie „Envie Heartwork“ auch die Fotos des österreichischen Fotografen Thomas Unterberger. Im Hinterraum der 80 Quadratmeter großen Fläche haben die beiden Designer (und Showroom-Mitbegründer) „Mark & Julia“ ihre Werkstatt eingerichtet, nebenbei wird im Showroom das „Faux Fox“-Magazin produziert.
„Wir wollen eine Plattform für Designer und Künstler sein“, sagt Benjamin Quirico, Herausgeber des Magazins und selbst mit seinem Modelabel „Schirach + Rosenthal“ vertreten. In Zukunft soll das Angebot um Literatur und Grafik sowie Illustrationen ergänzt werden. Den Vorteil sieht Quirico nicht nur in der besseren Zusammenarbeit von Kreativen. Auch die Kunden profitieren, weil sie mehr an einem Ort sehen.
Ähnliches dachte wohl auch Stefanie Hofer, die gemeinsam mit Toni Tramezzini am 19. Oktober den Showroom „Eigensinnig“ ebenfalls im siebten Bezirk eröffnet hat. Dort verkaufen die beiden auf der linken Seite des Raumes ausschließlich Mode in den Farben Grau, Schwarz und Weiß – ausschließlich von Labels, die in Österreich sonst nicht erhältlich sind. Die andere Seite des Schauraums ist eine Galerie für Straßenfotografie. „Manche Kunden probieren Kleider und gehen dann hinüber, um die Fotos anzusehen“, erzählt Hofer. In absehbarer Zeit sollen im Schauraum auch kleinere Veranstaltungen stattfinden.
Auch Eva Buchleitner und Paul Rasper haben ihr Konzept schon weitergesponnen: Ab November nutzen sie ihr flexibel eingerichtetes Geschäft unter dem Titel „Vehikel“ für eine lose Veranstaltungsreihe „zu allem, was uns interessiert“. Auftakt ist am 13. November mit einer Lampenausstellung von Johannes Heuer, am 22. liest Marc Elsberg aus seinem Buch „Blackout“ – bei abgedrehtem Strom.
Auf einen Blick
Eva Blut/Stilrad: Taschendesignerin Eva Blut und Fahrradblogger Paul Rasper haben ein gemeinsames Geschäft in der Jordangasse 3. www.evablut.com, www.stilrad.com
Faux Fox Showroom: In der Kaiserstaße 34 können Besucher heimische Modelabels neben Fotoausstellungen begutachten. www.fauxfox-showroom.at
Eigensinnig: Schauraum für Mode und Fotografie am Sankt-Ulrichs-Platz 4.www.eigensinnig.at
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2012)