Das Spiel der Großmächte um Afrika

Spiel Grossmaechte Afrika
Spiel Grossmaechte Afrika(c) AP (THEMBA HADEBE)
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Im Kampf gegen den Terrorismus bauen die USA ihre Militärkooperation mit Verbündeten wie Äthiopien, Uganda und Ruanda aus. Nach China steigen auch Indien und Brasilien in das Rennen um Afrikas Rohstoffe ein.

Ein „ideales Umfeld für den Transit und die Ausbildung von Terroristen“ sei die Region, heißt es im jüngsten US-Terrorbericht, der vor einigen Tagen veröffentlicht wurde. Die Rede ist nicht etwa vom afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet, sondern von einem Streifen, der sich quer durch Afrika zieht: von den Wüstengebieten im Nordwesten des Kontinents bis zum gescheiterten Staat Somalia im Osten.

Vor allem Somalia bereitet den Strategen in Washington zunehmend Kopfzerbrechen. Im Süden des Landes herrscht Chaos, in der Hauptstadt Mogadischu gewinnen die islamistischen al-Shabaab-Milizen an Terrain. Der Bürgerkrieg in Somalia ist für die USA keineswegs ein lokales Problem. Denn das Horn hat durch die Nähe zur arabischen Halbinsel große strategische Bedeutung. Und die al-Shabaab-Milizen rühmen sich ihrer Verbindungen zu al-Qaida. Mit den Anschlägen in Ugandas Hauptstadt Kampala vor einem Monat zeigten sie, dass sie ihren Radius zu erweitern vermögen.

Rohstoffe, Entwicklungshilfe

Uganda ist ein wichtiger US-Verbündeter, ebenso wie das Nachbarland Ruanda, in dem heute, Montag, Präsidentenwahlen stattfinden. Uganda stellt das Gros der afrikanischen Friedenstruppen in Somalia, Ruanda hat mehr als 3000 Mann in der westsudanesischen Krisenregion Darfur stationiert. Die Streitkräfte beider Länder sind zu solchen Missionen fähig, da sie mit US-Hilfe zu Profi-Armeen aufgebaut wurden.

Afrika – das war noch lange nach dem Ende der kolonialen Herrschaften vor allem eine europäische Angelegenheit, mit zwei Komponenten: Rohstoffe in die eine Richtung, Entwicklungshilfe in die andere. In den letzten zehn Jahren hat es hier zwei enorme Verschiebungen gegeben: Nicht nur die USA und China sind massiv in das Rennen um Afrikas Ressourcen eingestiegen,auch Indien und Brasilien strecken als aufstrebende Mächte ihre Finger aus. Und es kam eine wesentliche Komponente hinzu: Sicherheit. Für die USA vor allem beim Thema Terrorismus, für Europa auch wegen des wachsenden Flüchtlingsansturms.


USA. Mit der erstmaligen Einrichtung eines eigenen Afrika-Kommandos (Africom), das 2008 seinen Dienst aufnahm, hat noch die Regierung Bush unmissverständlich die gestiegene Bedeutung des Kontinents für die US-Interessen klargemacht. Von Beginn an wollte Washington dabei den Eindruck vermeiden, Ziel sei die Stationierung größerer Soldatenkontingente. Stattdessen sollte es Hilfe und Training für „befreundete“ Armeen geben.

Das passiert quer durch den Kontinent: Zu den wichtigsten Verbündeten zählt neben Ruanda und Uganda Äthiopien, wegen der Nähe zu Somalia. Mit Unterstützung der Bush-Regierung waren äthiopische Truppen Ende 2006 in Somalia einmarschiert. Sie vertrieben die Islamisten zwar temporär von der Macht, mussten sich aber wieder zurückziehen. Im Rahmen einer Trans-Sahara-Partnerschaft zur Terrorabwehr will Africom die militärischen Kapazitäten von Ländern wie Mauretanien, Mali, Tschad, Burkina Faso und Niger ausbauen, unter Einbindung der Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien.

Dass es beim wachsenden US-Engagement in Afrika auch um den Zugang zu gewaltigen Rohstoffreserven geht, zeigt der Golf von Guinea: Ein Viertel des Erdölbedarfs wollen die USA 2015 in Afrika decken, den Löwenanteil in Westafrika, teilweise Offshore. Daher gibt es auch hier ein maritimes militärisches Trainingsprogramm.


• Europäische Union. Mit großer Geste wurde im Dezember 2007 eine neue EU-Afrika-Partnerschaft vereinbart. Greifbare Resultate gibt es bisher kaum. Während sich die afrikanischen Staaten zusätzliches Geld erhofften, wollen die Europäer vor allem bestehende Mittel umschichten. Während China in Afrika ein Infrastrukturprojekt nach dem anderen realisiert, tritt Europa als Gemeinschaft auf der Stelle und droht ins Hintertreffen zu geraten. Auf dem Gebiet „Frieden und Sicherheit“ gibt es mit der EU-Marine-Mission Atalanta, die die Piraterie vor Somalia bekämpft, immerhin einen Erfolg.


• Frankreich.
„Afrika ohne Frankreich, das ist wie ein Auto ohne Fahrer. Frankreich ohne Afrika, das ist wie ein Auto ohne Sprit.“ Das sagte Omar Bongo, Gabuns verstorbener Langzeitherrscher, Symbol für Frankreichs Kumpanei mit zweifelhaften Regimen. Nicht nur einmal retteten französische Truppen etwa die Herrschaft des tschadischen Präsidenten Idriss Déby. Militärisch ist Frankreich derzeit im Begriff, seine Präsenz in Afrika abzubauen. Bei der Jagd nach Rohstoffen ist Paris freilich unvermindert aktiv.


China. Die Führung in Peking hat den afrikanischen Kontinent schon vor vielen Jahren als wichtigen Absatzmarkt für Chinas Produkte und als Rohstofflieferanten ausgemacht. Chinesische Firmen buhlen in Ländern wie Nigeria und der Demokratischen Republik Kongo sowie am Golf von Guinea mit Europäern und Amerikanern um den Zugang zu Ressourcen. Gleichsam als Gegengeschäft für Verträge zur Rohstoffausbeutung errichten chinesische Firmen die lokale Infrastruktur, bauen etwa im Kongo mit einem Heer an chinesischen Arbeitskräften Straßen auch in abgelegene Gebiete.

Peking versucht, in Ländern Fuß zu fassen, die im Westen als Paria-Staaten gelten, etwa in Simbabwe und im Sudan. Sudans Regime kann sich auch auf die politische Hilfe Pekings verlassen. So verhinderte China im UN-Sicherheitsrat mehrmals schärfere Maßnahmen gegen Sudans Führung wegen der Verbrechen in Darfur.

Indien. China ist nicht die einzige aufstrebende Wirtschaftsmacht, die der schier unersättliche Hunger nach Rohstoffen nach Afrika getrieben hat. Es hat einen neuen Mitbewerber, nämlich Indien. Es importiert vor allem Erdöl aus Nigeria und exportiert Maschinen und Textilien in zahlreiche afrikanische Länder. Besonders regen Handel treibt es mit Südafrika, wo eine große indische Community lebt. Indische Landwirtschaftsunternehmen haben hunderttausende Hektar Farmland in Ländern wie Äthiopien, Kenia, Madagaskar und Moçambique aufgekauft.

• Brasilien. Vor einigen Jahren ist auf dem afrikanischen Kontinent mit Brasilien ein weiterer Player eingestiegen. Mehr als zehn Mal ist Brasiliens Präsident Luiz Inázio Lula da Silva bisher in verschiedenste afrikanische Länder gereist. Brasilianische Firmen liefern sich bereits mit Konzernen aus China und Indien ein Wettrennen um Rohstoffe.

(c) Die Presse / HR

Brasiliens Interessen gelten vor allem Staaten, die früher ebenfalls portugiesische Kolonien waren, wie etwa Moçambique und Angola. Zudem investieren brasilianische Ölkonzerne und Bergwerksunternehmen in Nigeria, Südafrika und im Kongo.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2010)

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