Der „Blonde Engel“ schaffte nur das Minimalziel

(c) AP (Bernat Armangue)
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Real Madrid feiert den Gewinn der 31. Meisterschaft, für Bernd Schuster ist es der erste Titel als Trainer.

MADRID. Mit dem Vorgänger hatten sie keine Freude, dabei hatte der Italiener Fabio Capello den Real Madrid Club de Futbol doch noch zum 30. Meistertitel geführt. Dem erfolgreichsten Verein Europas war das allerdings zu wenig, schließlich war man im Pokal ausgeschieden und in der Champions League bereits im Achtelfinale gescheitert. Im Sommer 2007 musste Capello gehen, als kleines und letztes Dankeschön gab's eine Abfindung in der Höhe von 6,2 Millionen Euro. Es gab nichts Naheliegenderes, als den Trainer des Jahres in Spanien zu engagieren, der Deutsche Bernd Schuster. Die „Königlichen“ kauften den 48-jährigen Augsburger einfach aus seinem Vertrag bei Getafe heraus.

Nicht alles herausgeholt

So richtig glücklich waren sie mit dem „blonden Engel“ bei Real zunächst nicht. Der Deutsche, so hieß es, sei auch nicht besser als seine Vorgänger. Auch heuer war in der Champions League im Achtelfinale Endstation, diesmal wurde Madrid vom AS Roma (1:2 und 1:2) gestoppt. Kein Ruhmesblatt für einen Klub, der neun Erfolge im Landesmeisterpokal bzw. in der Champions League errungen hat. Dazu kommen noch zum Drüberstreuen zwei Uefa-Cup-Gewinne. Aber seit der Saison 2001/02 hat sich kein weiterer Pokal mehr in die Madrider Schaukästen verirrt. Sportdirektor Mijatovic: „Wir hatten so hohe Erwartungen – das ist alles sehr enttäuschend. Wir haben so eine großartige Mannschaft, aber wir holen nicht alles aus ihr heraus.“

Am 35. Spieltag der spanischen Meisterschaft hatte Bernd Schuster das Glück des Tüchtigen, seine Mannschaft gewann bei Osasuna mit 2:1, der 31. Meistertitel ist drei Runden vor Schluss eingefahren, weil man von der Konkurrenz (Villarreal) nicht mehr einzuholen ist. Das Minimalziel wurde erreicht, mehr aber auch nicht. Darum steht Schuster auch nicht gerade als Strahlemann da. Verletzungspech lässt Präsident Ramon Calderon auch nicht als Ausreden gelten. „Eine große Mannschaft darf sich nicht über Verletzte, Schiedsrichter oder Pech beschweren.“

Nur selten wurden die Sehnsüchte der Real-Fans befriedigt. Unter Capello haben sie sich gelangweilt, unter Schuster hätte alles anders werden sollen. Mit ihm verbinden die Anhänger schließlich noch die Erinnerung an die wehende blonde Engelsmähne, an einen Artisten des langen Passes, an einen der letzten Vertreter aus dem Genre der Spielmacher mit dem Blick für jeden Quadratzentimeter auf dem grünen Rasen. Fußball voller Romantik. Bei Getafe ist es dem Deutschen halbwegs gelungen, unterm Strich ist immerhin der Einzug ins Cup-Finale herausgekommen.

Als Spieler barbarisch

Schuster war 1980 mit Deutschland Europameister, als Spieler holte er sich in Spanien drei Meistertitel und fünf Pokalsiege – mit drei untereinander heillos verfeindeten Mannschaften (Real, Barcelona, Atletico Madrid). Auch einen Europapokal (Cup der Cupsieger) hat der „Blonde Engel“ gewonnen. Mit dem „Weißen Ballett“ darf der 21malige Internationale (er überwarf sich mit Bundestrainer Derwall, Teamrücktritt mit 24 Jahren) sich nun über seinen ersten Titel als Trainer freuen.

Schuster, dessen Frau wieder im Rheinland lebt, hat zwar sein halbes Leben in Spanien verbracht, aber in ihm steckt immer noch ein Deutscher. „Als Spieler habe ich mich barbarisch aufgeführt, heute bin ich nur dickköpfig, aufbrausend und ein komischer Vogel.“

SPANISCHE LIGA

Real Madrid sicherte sich drei Runden vor Schluss mit einem 2:1 bei Osasuna den 31. Meistertitel. Auf Rang zwei folgt in der Tabelle Villarreal, Dritter ist der FC Barcelona, zuletzt im Semifinale der Champions League an Manchester United gescheitert.
Als Absteiger stehen Murcia und Levante fest.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2008)

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